Joseph Stiglitz: "Verstehe die Wut der jungen Männer"

Joseph Stiglitz: "Die USA sind die Spitze der Ungleichheit"
Ungleichheit nicht Schuld des Systems, sondern der Politiker, die "Reich und Arm auseinander bringen".

Er ist ein Star. Und das als Wirtschaftswissenschaftler. Wenn der US-Ökonom und Wirtschaftsnobelpreisträger des Jahres 2001, Joseph Stiglitz, auftritt, kommen die Massen. Mehr als 700 – großteils Studenten – zog er am vergangenen Sonntag an, als er über sein Buch "Reich und Arm. Die wachsende Ungleichheit unserer Gesellschaft" an der Wiener Wirtschaftsuniversität referierte.

"Die US-Regierung besteht aus dem reichsten Prozent der Amerikaner und macht Politik für dieses eine Prozent"

Mit Charme und durchaus unterhaltsam präsentierte er seine Thesen, die er 2012 bis 2014 in 55 Artikeln in den USA veröffentlichte und dann in Buchform goss, das jetzt auch auf Deutsch erhältlich ist. "80 US-Amerikanern gehört so viel Vermögen wie den untersten 44 Prozent der Bevölkerung", sagt er. Oder: "Die US-Regierung besteht aus dem reichsten Prozent der Amerikaner und macht Politik für dieses eine Prozent" und "Nirgendwo anders auf der Welt ist die Ungleichheit zwischen Arm und Reich größer als in den USA".

"Es ist nicht die Logik der Ökonomie, sondern es sind die Politiker, die Arm und Reich immer weiter auseinanderbringen"

Diese Einstiegssätze wirken und sind überzeugend. Stiglitz hat den Großteil der Zuhörer auf seiner Seite. Seit der Regierung unter Präsident Ronald Reagan in den 1980er–Jahre habe diese Ungleichheit in den USA enorm zugenommen. "Es ist nicht die Logik der Ökonomie, sondern es sind die Politiker, die Arm und Reich immer weiter auseinanderbringen", lautet seine Schlussfolgerung. In den USA sei das Median-Einkommen der männlichen Arbeiter unter Abzug der Preissteigerungen heute niedriger als vor 40 Jahren. "Ich verstehe die Wut der jungen Männer", erklärt Stiglitz. So wie in den USA sei die Lage in den meisten OECD-Ländern. Der Spitzen-Ökonom, der an der Columbia University lehrt, warnt vor der wachsenden Gefahr sozialer Unruhen.

Was tun?

Weniger eloquent gab sich Stiglitz bei Rezepten gegen diese kritische Entwicklung. "Die Politik muss die Regeln für die Wirtschaft neu schreiben", sagt er und verweist auf sein Buch "Rewriting the Rules for the American Economy". Erbschaftsteuern sind jedenfalls ein zentrales Element jener Politik, für die er eintritt. Das Handelsabkommen TTIP hält er für ein Beispiel dafür, "wie Regeln falsch erneuert werden" und den Euro hält er für "ein Desaster".

Kommentare