EU-Herbstprognose: "Basis für Erholung steht"

Olli Rehn sieht Wendepunkt erreicht
Die Europäische Union ist an einem Wendepunkt – ab 2015 geht es aufwärts.

Olli Rehn ist kein großer Redner, niemand, der überschwängliche Ankündigungen macht. Damit ist der Wirtschafts- und Währungskommissar genau der Richtige, um nach Jahren der Krise verhalten positive Aussichten zu verkünden, ohne dabei grundlos euphorisch zu werden.

Es gebe „wachsende Anzeichen, dass die Wirtschaft in Europa einen Wendepunkt erreicht hat“, sagte Rehn bei der Präsentation der EU-Herbstprognose am Dienstag. „Die fiskale Konsolidierung und die Strukturreformen haben die Basis für eine Erholung geschaffen. Aber es ist zu früh, um einen Sieg auszurufen.“

Noch kein Wachstum

Laut Berechnung der Kommission wird es heuer in der EU kein Wirtschaftswachstum geben, in der Eurozone gar ein Minus von 0,4 Prozent (2012: –0,7). Für 2014 und 2015 wird der Eurozone ein Plus von 1,1 bzw. 1,7 Prozent prognostiziert, in der Gesamt-EU sollen es 1,4 bzw. 1,9 Prozent sein.

Österreich steht heuer vergleichsweise gut da (siehe unten): 0,4 Prozent Wachstum ist zwar der niedrigste Wert der vergangenen Jahre – aber ein Plus. Im laufenden wie im kommenden Jahr dürfte Österreich das Land mit der niedrigsten Arbeitslosigkeit bleiben: Für 2013 wird zwar mit 5,1 Prozent (EU-Berechnung) ein Anstieg zum Vorjahr (4,3) erwartet. 2014 soll die Rate aber wieder auf 5,0 und 2015 dann auf 4,7 Prozent sinken.

EU-weit dürfte heuer mit 11,1 Prozent (2012: 10,5) ein Rekordwert erreicht werden. „Inakzeptabel hoch“, wie Rehn sagt, ist die Arbeitslosigkeit nach wie vor in Spanien und Griechenland mit jeweils rund 27 Prozent.

Hypo bremst Sparen

Der heimischen Wirtschaft schreibt die Kommission „Zeichen der Erholung inmitten von Unsicherheit“ zu. So habe das Wachstum im ersten Halbjahr 2013 stagniert und die private Nachfrage „ihren Schwung verloren“: „Insgesamt gibt es Anzeichen für Verbesserungen im Vergleich zum Vorjahr, auch wenn es nicht zu einem klaren Aufschwung reicht.“

Der Haushaltssaldo habe sich „zwei Jahre besser als erwartet entwickelt, für 2013 wird erwartet, dass das Jahres-Defizit im Vergleich zu 2012 unverändert bleibt“.

Warum das Defizit nicht kleiner als 2,5 Prozent ausfällt? Das liege „hauptsächlich an den höheren Unterstützungen für die Hypo Alpe-Adria“, die sich auch auf künftige Haushaltspläne auswirken dürften.

EU-Herbstprognose: "Basis für Erholung steht"

Auch wennin Österreich immer mehr ohne Job sind, bleibt die Alpenrepublik sowohl im laufenden Jahr als auch 2014 das Land mit der niedrigsten Arbeitslosigkeit.

Für 2013 wird mit 5,1 Prozent allerdings ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr (4,3 Prozent) vorausgesagt. 2014 soll Österreichs Arbeitslosenrate auf 5,0 wieder leicht absinken und 2015 weiter auf 4,7 Prozent abnehmen.

Nach der Prognose erreicht die Eurozone mit 12,2 Prozent den höchsten bisherigen Wert (2012 waren es 11,4 Prozent), 2014 wird keine Änderung prophezeit, erst 2015 soll es einen Rückgang auf 11,8 Prozent geben. In der EU-28 rechnet die Herbstprognose ebenfalls mit einem Rekord-Arbeitslosenwert von 11,1 Prozent (2012 waren es 10,5). 2014 soll es einen leichten Rückgang auf 11,0 und 2015 eine Reduktion auf 10,7 Prozent geben.

ARBEITSLOSIGKEIT niedrigste Quote Schlusslichter
Österreich (5,1 %) Griechenland (27,0%)
Deutschland (5,4 %) Spanien (26,6 %)
Luxemburg (5,7 %) Portugal (17,4 %)

Griechenland wird heuer eine Staatsschuld von 176,2 Prozent des BIP kassieren und damit den höchsten Stand innerhalb der 28 Mitgliedsländer der Europäischen Union aufweisen. Dies ist allerdings weniger als noch vor einem Jahr vorhergesagt, damals wurde für 2013 die Staatsverschuldung auf 188,4 Prozent geschätzt.

2013 dürfte damit offenbar der Höhepunkt der langsam abflauenden Wirtschaftskrise erreicht sein. Hinter Griechenland folgt Italien, das mit 133,0 Prozent ebenfalls einen Höchstwert erreicht, gefolgt von Portugal (127,8), Irland (124,4), Zypern (116,0) und Belgien (100,4) als sechstem Land im unrühmlichen "100-er-Klub". Österreich liegt 47,8 Prozent.

STAATSSCHULDEN ... am höchsten in ... am niedrigsten in
Griechenland (176,2 % des BIP) Estland (10 %)
Italien (133 %) Bulgarien (19,4 %)
Portugal (127, 8 %)

Luxemburg (24,5 %)

In der Eurozone ist die Staatsschuld gegenüber 2012 von 92,6 auf 95,5 Prozent gestiegen, für 2014 wird der Höchststand von 95,9 Prozent prognostiziert, 2015 soll es dann einen Rückgang auf 95,4 Prozent geben. In der EU-28 beträgt die Steigerung von 2012 auf das laufende Jahr 86,6 auf 89,7 Prozent, wobei auch für 2014 der Rekord von 90,2 Prozent vorausgesagt wird und 2015 ein leichtes Absinken auf 90,0 Prozent.

EU-Herbstprognose: "Basis für Erholung steht"

In einer weiteren Statistik führt Griechenland das Feld an: 2013 wird das hochverschuldete Land mit -13,5 Prozent das höchste Budgetdefizit aller 28 EU-Staaten haben. Die EU-Herbstprognose weist für Österreich ein Minus von 2,5 Prozent aus, gleich wie für 2012, wobei für 2014 ein Absinken des Defizits auf -1,9 Prozent und ein weiterer Rückgang 2015 auf -1,5 Prozent vorausgesagt wird.

Kein einziges Land hat 2013 einen Überschuss, lediglich Deutschland weist mit 0,0 Prozent einen ausgeglichenen Haushalt für 2013 auf.

Budgetdefizit ... am höchsten in ... am niedrigsten in
Griechenland (-13,5 %) Deutschland (0,0 %)
Zypern (-8,3 %) Estland (-0,4 %)
Irland (-7,4 %) Lux. und Schweden (je -0,9 %)
EU-Herbstprognose: "Basis für Erholung steht"
Überschuss gibt's auch in Berlin keinen, aber zumindest steht eine Null.

Die deutsche Exportstärke führt zu Streit zwischen Brüssel und Berlin. Deutschland überschreite seit 2007 den Referenzwert für den Leistungsbilanzüberschuss, sagte EU-Kommissar Rehn. Der Finne will sich nächste Woche dazu äußern, ob seine Behörde einschreitet und Deutschland dazu genauer untersucht. In letzter Konsequenz könnte ein EU-Verfahren wegen wirtschaftlicher Ungleichgewichte drohen.

Der deutsche Außenhandelsverband wies die Kritik zurück. „Niemand profitiert davon, wenn man Deutschlands Export schwächt“, sagte Anton Börner, Präsident des deutschen Handelsverbandes. „Unsere Kunden kaufen bei uns, weil wir im Qualitäts- und Leistungsvergleich vorne liegen.“

Kritiker werfen Deutschland vor, mit seinen Handelsüberschüssen und einer schwache Binnenkonjunktur die Ungleichgewichte in Europa zu verstärken. Rehn bekräftigte Empfehlungen des EU-Ministerrates vom Sommer, wonach Deutschland die Binnennachfrage stärken und Investitionen in die Infrastruktur ankurbeln solle. Erst am Wochenende übte der IWF Kritik an der Exportstärke.

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