Arbeitslosigkeit vor Rekordhoch

Die Arbeitslosigkeit steigt, schuld sind die anderen?
361.056 Österreicher ohne Job – und der Ausblick bleibt negativ.

Die gute Nachricht vorweg: Österreich weist weiterhin die geringste Arbeitslosigkeit in der gesamten EU auf. Doch dem europaweiten Trend hin zu stark steigenden Arbeitslosenzahlen kann sich niemand entziehen. So gab es auch hier zu Lande im Oktober einen deutlichen Zuwachs an erwerbsfähigen Menschen ohne Job. Inklusive Schulungsteilnehmer suchten 361.056 Personen Arbeit, ein Plus von 11,8 Prozent zum Oktober des Vorjahres (siehe Grafik unten). Und eine Besserung der Lage ist nicht in Sicht, im Gegenteil.

„Es ist zu fürchten, dass der Rekord vom Jänner 2013 mit 410.000 Arbeitslosen im Jänner oder Februar nächsten Jahres eingestellt wird“, sagt Helmut Hofer, Ökonom am Institut für Höhere Studien (IHS) zum KURIER.

Helmut Mahringer vom Wirtschaftsforschungsinsitut (WIFO) schlägt in dieselbe Kerbe: „Ich rechne mit einem Zuwachs über dem Wert vom Jänner des heurigen Jahres.“ Für das Gesamtjahr erwartet das Forschungsinstitut Synthesis einen Anstieg der Arbeitslosenquote um 0,4 Prozentpunkte auf 7,9 Prozent und 380.000 Arbeitslose. Das wäre die zweithöchste Arbeitslosenquote seit 1945. Nur im Jahr 1953 lag die Quote mit 8,7 Prozent höher.

Arbeitslosigkeit vor Rekordhoch
Sozialminister Rudolf Hundstorfer will nichts beschönigen. „Ohne ein internationales Anziehen der Konjunktur ist leider nicht zu erwarten, dass die Arbeitslosenzahlen in den kommenden Monaten zurückgehen werden.“ Im Gegenteil: „Die Arbeitslosigkeit wird – natürlich auch saisonbedingt – im Winter weiter zunehmen.“

Und das trotz anhaltender Beschäftigungszuwächse (um 26.000 Personen). Diese relativiert Mahringer jedoch. „Hier könnten grenzüberschreitende Pendler eine Rolle spielen.“ Denn in einer Konjunktursituation wie der aktuellen sei ein Zuwachs der Beschäftigung untypisch. Generell verschärfe die starke Zunahme des Arbeitskräfteangebots durch Migration die Situation.

Arbeitslosigkeit vor Rekordhoch

Problembranchen

Waren zunächst exportorientierte Branchen stärker von Mitarbeiterabbau betroffen, so geht es laut Mahringer jetzt in die Breite. Bei Leiharbeitern betrage der Zuwachs nur noch 7,5 Prozent, vor rund eineinhalb Jahren lagen sie noch ganz vorne. Jetzt gibt es den stärksten Anstieg am Bau (plus 18 Prozent), im Gesundheits- und Sozialwesen (plus 16,4 Prozent) und im Handel (plus 13,8 Prozent).

Dass der Handel unter den Top-3-Branchen liegt, hat für Hofer zwei Gründe: „Der private Konsum ist relativ schwach und Pleiten wie dayli oder Niedermeyer bleiben nicht ohne Folgen.“ 3468 dayli-Beschäftigte verloren im August ihren Job. Davon sind noch 1100 – fast ausschließlich Frauen – beim Arbeitsmarktservice vorgemerkt, 153 weitere befinden sich in Schulungen.

Die ehemaligen Mitarbeiter der pleitegegangenen Alpine Bau hingegen haben zwar fast alle wieder einen Job. Doch in der Baubranche gibt es laut den Experten zu wenig Baustellen für zu viele Arbeitsuchende. Mahringer zufolge sollte die neue Regierung ein Baupaket beschließen, das vor allem die Schaffung von ohnehin dringend benötigten Wohnraum in Städten beinhaltet.

Alpine, dayli und Niedermeyer – die Großpleiten haben die Insolvenzstatistik heuer ordentlich durchgebeutelt. 24.500 Dienstnehmer waren in den ersten neun Monaten 2013 von Insolvenzen betroffen. Doch selbst die Alpine Bau, mit 4,22 Milliarden Euro Schulden die größte Insolvenz der zweiten Republik, konnte den positiven Trend nicht umkehren: Die Firmeninsolvenzen sind heuer um 6,8 Prozent auf 4398 Fälle zurückgegangen. Laut Creditreform haben die heimischen Firmen die Wirtschaftskrise gemeistert und die Hausaufgaben gemacht. „Ich gehe davon aus, dass die Zahl der Insolvenzen auch 2014 zurückgehen wird, ob auch in diesem Ausmaß kann man jetzt noch nicht sagen“, so Creditreform-Experte Weinhofer.

Der größten Rückgang verzeichnen Vorarlberg mit fast 28 Prozent und Burgenland mit 23,6 Prozent. Indes sind die Pleiten in Kärnten um 18,4 Prozent gestiegen. Weinhofer: „Man kann daraus durchaus Rückschlüsse auf die wirtschaftliche Lage im Land Kärnten ziehen.“

Am Montag musste die steirische Zimmerei Pichler GmbH, u. a. Hersteller von Fertigteilhäusern, Insolvenz anmelden. Die Schulden betragen 6,37 Millionen Euro, 62 Jobs wackeln. Der Betrieb soll verkleinert fortgeführt werden, die Sparten „Säge“ und „Fertigteil“ werden liquidiert.

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