EU geht Kampf gegen Müllberge vorsichtig an - und lässt das Zuckersackerl leben

Wie viel zahlt man für einen Cappuccino in Österreich?
Streit um Marmeladepackerl und Osterhasen. Gesetz gegen Pestizide gescheitert

Vor dem Ende des Hamburgers zum Mitnehmen wurde gewarnt, dem Aus für die berühmte Cola-Flasche und für den Schoko-Osterhasen. Mit dramatischen Warnungen hatten Lobbyisten in den EU-Zentralen in Brüssel und Straßburg Stimmung gemacht – gegen das geplante EU-Gesetzespaket für Verpackungen. Das aber fiel am Mittwoch im EU-Parlament in Straßburg deutlich milder aus als erwartet.

Pommes-Frites bleiben im Sackerl

Zahlreiche Änderungen sichern voraussichtlich vielen zuletzt umstrittenen Verpackungen das Überleben: Das Zuckersackerl zum Kaffee soll es weiterhin geben, das rigorose Verbot von Einweck-Verpackungen in Fast-Food-Restaurants wie McDonald’s kommt nicht. 

Ausnahmen für Osterhasen

Für den Schoko-Osterhasen sind Ausnahmen in Sicht – wie auch für viele andere spezielle Verpackungen, etwa den Camembert-Käse in der Holzschachtel. Auch die Ziele bei der Verringerung von Verpackungen sind sehr bescheiden gesetzt: Fünf Prozent bis 2030. Ausnahmslos verboten sollen nur ganz dünne Plastiksackerl, wie sie etwa für Obst und Gemüse in Supermärkten verwendet werden.

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Zumindest nicht nach dem Willen des Parlaments. Dessen Beschluss geht aber jetzt in die Schlussrunde der Verhandlungen mit dem EU-Rat, also den Mitgliedsländern, und sollte bis spätestens Februar beschlossen sein: Also rechtzeitig vor den EU-Wahlen.

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Für Befürworter der Verpackungs-Verordnung, wie etwa den liberalen Abgeordneten Martin Hojsik aus der Slowakei, zumindest ein „Schritt nach vorne, auch wenn es sehr viele Ausnahmen gibt“. Am Prinzip aber, dass zumindest der Großteil der Verpackungen bis 2030 recycelbar und der Anteil an Mehrweg-Flaschen deutlich erhöht wird, will das EU-Parlament festhalten.

„Schwarzer Tag für Natur“

Keinen Kompromiss dagegen gibt es in der EU im Streit um neue Regeln für Pestizide in der Landwirtschaft. Die geplante Pflanzenschutz-Verordnung (SUR), die den Einsatz von vielen schädlichen Chemikalien verboten, oder zumindest reduziert hätte, ist im Parlament durchgefallen. Das Gesetz steckt damit fest – und das auf Dauer, wie erfahrene EU-Beobachter meinen.

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Erschüttert zeigt sich die grüne Abgeordnete Sarah Wiener, die beim Entwurf federführend war: „Ein schwarzer Tag für die Natur und die Artenvielfalt.“ 

"Kniefall vor Chemie-Konzernen"

SPÖ-Abgeordneter Günther Sidl spricht von einem „Kniefall vor den Agrarchemie-Konzernen“, für den jetzt nicht nur die Natur, sondern auch die Menschen mit ihrer Gesundheit bezahlen müssten. Die Konservativen, also auch die ÖVP, hätten jede vernünftige Regelung ohnehin von Anfang an blockieren wollen.

Dort dagegen zeigt man sich erfreut, die „übertriebenen Pläne“ gestoppt zu haben, wie der ÖVP-Chefverhandler Alexander Bernhuber erklärt. Ein Kompromiss sei an den „realitätsfremden Plänen“ gescheitert, die die Versorgung der Bürger gefährdet hätte. Das habe man verhindern können.

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