"Alarmierende" Studie: Wir schwimmen im Plastik - wortwörtlich

"Alarmierende" Studie: Wir schwimmen im Plastik - wortwörtlich
Neue Greenpeace-Analyse weist tausendmal mehr Mikroplastik in heimischen Badeseen nach als bisher bekannt.

Wir atmen es ein, wir essen es, wir trinken es, und wir schwimmen darin: Mikroplastik hat sich längst allerorts verbreitet. Allein im Magen-Darm-Trakt eines Menschen landen wöchentlich fünf Gramm der winzigen Teilchen – das entspricht immerhin in etwa dem Gewicht einer Kreditkarte.

Die gesundheitlichen Folgen sind mangels Langzeitstudien noch nicht klar. Experimentelle Studien weisen jedoch darauf hin, dass Mikroplastik zu Entzündungs- und Immunreaktionen sowie Stoffwechselerkrankungen führen kann. Auch an der Tumorentstehung könnten die Partikel beteiligt sein. Und Forschende der MedUni Wien haben kürzlich sogar nachgewiesen, dass Mikroplastik die Blut-Hirn-Schranke passieren kann, die das Gehirn schützt. Vorsicht ist also jedenfalls geboten.

Mehr lesen: Neue Forschungen: Mikroplastik schafft es bis ins Gehirn

Sieben Proben, sieben Treffer

Wie weit verbreitet die mikroskopisch kleinen Kunststoffpartikel mittlerweile in Österreichs Badeseen sind, zeigt eine aktuelle Greenpeace-Analyse. Die Umweltschutz-Organisation zog in sieben Gewässern (Alte Donau, Attersee, Lunzer See, Neufelder See, Neusiedler See, Wolfgangsee und Wörthersee) Proben und analysierte diese im Labor.

Die Ergebnisse? „Alarmierend“, wie Greenpeace-Expertin Lisa Panhuber sagt.

In allen untersuchten Gewässern wurde Mikroplastik nachgewiesen. Am stärksten belastet war eine Probe aus der Alten Donau in Wien mit 4,8 Partikeln pro Liter, am geringsten Proben aus dem Lunzer See (NÖ) und dem Attersee (OÖ) mit je 1,1 Partikeln pro Liter.

Zwar wurden im Neusiedler See 13,3 Partikel pro Liter nachgewiesen, aufgrund der vielen, natürlichen Trübstoffe im Wasser kann das jedoch nicht direkt verglichen werden. „Die Hauptaussage ist aber auf jeden Fall, dass wir in jeder einzelnen Probe etwas gefunden haben“, sagt Panhuber.

Greenpeace wandte dabei eine besonders feine Methode an: So wurden die Proben durch 5-Mikrometer-Silberfilter filtriert. Frühere Untersuchungen, die mit Schleppnetzen mit einer Maschengröße von 250 Mikrometern durchgeführt wurden, wiesen zwar eine vergleichbare Anzahl an Mikroplastik-Partikeln nach – jedoch in der tausendfachen Wassermenge.

Maßnahmen gefordert

Panhuber fordert daher endlich verbindliche Maßnahmen gegen die Plastikflut: „Wir brauchen dringend Gesetze statt leerer Worte.“ Denn national wie international wird an dem Thema gearbeitet, den Umweltschützern geht es aber nicht schnell genug.

So einigten sich im Juni 170 Staaten in Paris darauf, bis November einen rechtsverbindlichen Entwurf für ein „UN-Plastikabkommen“ auszuarbeiten. Und national befindet sich ein von ÖVP und Grünen vereinbarter „Aktionsplan Mikroplastik“ in Umsetzung.

Man habe „ein umfassendes Paket von rund 25 weiterführenden Maßnahmen ausgearbeitet, die im Zeitraum 2022 bis 2025 umzusetzen sind“, heißt es dazu aus dem Umweltministerium. Darin enthalten sind unter anderem Forschungsmittel, Informationsmaterial zur Mikroplastikvermeidung im Alltag oder ein Verbot der Ausbringung von kontaminiertem Klärschlamm in der Landwirtschaft.

Zudem wird auf die Einführung des Plastikpfands ab 2025, das verbindliche Mehrwegangebot ab 2024 und das Plastiksackerl-Verbot verwiesen. Gearbeitet werde auch an einer Ökomodellierung, die die Verursacher nicht-recyclingfähiger Verpackungen im Sinne der Herstellerverantwortung finanziell in die Pflicht nimmt.

Die Bevölkerung ist jedenfalls sensibilisiert, wie Anfang 2022 eine Online-Umfrage ergab. Acht von zehn Befragten waren der Meinung, dass Mikroplastik eine hohe Belastung darstellt; fast zwei Drittel gaben an, dass ihnen das Thema im täglichen Leben Sorgen bereitet.

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