EU-Afrika: Wenn Handel trennt statt verbindet

Die EU sieht sich selbst als „großzügigster“ Handelspartner. Von afrikanischer Seite wird diese Einschätzung nicht geteilt.

Handel verbindet: Gilt das auch für die EU und die Staaten Afrikas? Entweder der Güteraustausch zwischen den Kontinenten war bisher ein einziges großes Missverständnis. Oder die Interessen sind tatsächlich so unterschiedlich, wie sie jüngst bei einer Debatte im Haus der EU in Wien aufeinanderprallten.

Europa verfolgt die großzügigste Handelspolitik weltweit“, betonte Antonio Teixeira von der EU-Kommission. Als Beweis nannte er die „Alles außer Waffen“-Vereinbarung mit den ärmsten Ländern. Die sieht vor, dass 49 Staaten (34 in Afrika) ihre Güter zollfrei und ohne Quotenlimits in die EU liefern dürfen. Außer eben Kriegsmaterial.

Schön und gut. Aber was bringt es, wenn die EU Standards oder Normen voraussetzt, die Afrikas Produzenten nie erfüllen könnten, lautete ein Einwand aus dem Publikum. „So ist das System: Die Produkte müssen unsere Qualitätsvorgaben erfüllen “, lautete Teixeiras Antwort.

Adot Killmeyer-Oleche von der UNIDO nimmt bei aller Kritik an der ineffizienten EU auch Afrikas Länder in der Pflicht. „Nur weil Europa die Standards festlegt, heißt das ja nicht, dass wir keine benötigen.“ Die Kenianerin sieht aber sehr wohl auch eine Schieflage: „Wenn du auf dem internationalen Markt ein elektronisches Verkehrsleitsystem benötigst und dafür nur Baumwolle anbieten kannst, dann kann das kein fairer Handel sein.“

Eigenversorgung gefährdet

„Unsere Landwirte produzieren für die Eigenversorgung. Wenn sie stattdessen Ernten einfahren, die rein für den Export bestimmt sind und Geld bringen sollen, gefährdet das unsere Lebensmittelsicherheit“, kritisierte Uni-Dozentin Angela Akorsu aus Ghana. In vielen Fällen hätten EU-Importe mit ihren Dumpingpreisen lokale Märkte zerstört.

„Unsere Geflügelproduktion ist wegen der Importe aus der hoch subventionierten EU-Agrarwirtschaft kollabiert“, so Akorsu. Die Kommission hält solche Vorwürfe für haltlos. Schließlich würden die „Wirtschaftspartnerschaften“ (unten) Sicherheitsmechanismen vorsehen. Betroffene Länder könnten Einfuhren zeitweise beschränken, wenn diese ihre Märkte bedrohen.

Wenn es um Fairness gehe: Warum verhandelt die EU statt mit der Afrikanischen Union (AU) mit Einzelstaaten? Um die unter Druck zu setzen, lautete Akosos Vorwurf. Die Skepsis ist groß; auch was jene neue Art von Zusammenarbeit betrifft, die der EU-Afrika-Gipfel (18. Dezember) in Wien verspricht.

Viele hoffen eher, dass die Afrikanische Union selbst einen Binnenmarkt nach EU-Muster zustande bringt. „Für meine Generation spielt Kolonialismus keine Rolle mehr“, hatte EU-Vertreter Teixeira betont. Viele Afrikaner empfinden das anders.

„Es ist für mich viel einfacher, nach Europa zu fliegen als in jeden anderen Teil Afrikas zu reisen“, sagte der Südafrikaner Neeshan Balton. Auch das sei ein Erbe des Kolonialismus.

Handel in Zahlen

Afrikas wichtigster Partner ist China, wohin laut UNCTAD-Statistiken 14 Prozent der Exporte  (im Jahr 2017) gingen; 19 Prozent der Importe kamen von dort. Auf die EU-28 entfielen 11 Prozent der Ausfuhren und  9 Prozent der Einfuhren (zu den Daten auf der Eurostat-Seite).

60 Prozent der nach Afrika verkauften EU-Waren waren Maschinen und andere Industriegüter. Mit 27 Mrd. Euro liegen Frankreichs Exporte knapp vor den deutschen (26 Mrd. Euro).

Afrikas Ausfuhren bestanden zu 70 Prozent aus Primärgütern (Rohstoffe, Nahrung, Energie). Afrikas Länder wickeln nur  15 Prozent des Handels untereinander ab (Europa: 68 Prozent). Das soll ein Freihandelsabkommen ändern, das 49 Staaten der Afrikanischen Union im März in Kigali unterzeichneten. Mindestens 22 Länder müssen es ratifizieren – bisher waren es erst 12.

 

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