Erste-Group-Vorstand: "Staat wird sich an Firmen beteiligen müssen"

Peter Bosek beim ERSTE Group Jahresergebnis 2019
Erste-Group-Vorstand Peter Bosek sieht in Kredithilfen nur den ersten Schritt. Der nächste Schritt müsste in Beteiligungen liegen.

Bankgeschäfte haben in der Corona-Krise einen neuen Fokus: Es geht um die Sicherstellung des finanziellen Überlebens vieler Kunden. Erste-Group-Vorstand Peter Bosek über Notkredite, Stundungen und Mangel an Eigenkapital bei kleinen und mittleren Unternehmen.

KURIER: Herr Bosek, kommen noch Kunden in die Bankfilialen?

Peter Bosek: Es kommen sehr viel weniger als vor der Krise. Wir haben die Öffnungszeiten daher etwas reduziert. Die Kunden machen viel mehr online. Wir hatten zuletzt die Rekordzahl von 1,7 Millionen Online-Zugriffe an einem Tag. Und das bei insgesamt 1,9 Millionen Kunden.

Wird die Erste Bank ihr Filialnetz daher nochmals reduzieren?

Nein. Wir wollen bei unseren derzeit rund 100 Bankstellen bleiben.

Wie groß ist der Andrang auf Kreditstundungen?

Im gesamten Sparkassensektor wurden bisher 10.000 Kredit-Moratorien gewährt. Wir schätzen, dass rund 20 Prozent der Kunden diese Möglichkeit in der Corona-Krise in Anspruch nehmen werden.

Kunden brauchen aber auch neue Kredite. Wie groß ist da die Nachfrage?

Die Überbrückungskredite mit Staatsgarantien sind derzeit wichtig, um Firmen am Markt zu halten. Sie können aber nur ein erster Schritt in der Krisenbewältigung sein.

Und was soll der nächste Schritt sein?

In Phase zwei wird es um Eigenkapital gehen. Viele Unternehmen, die jetzt geschlossen halten mussten oder weiterhin nicht öffnen dürfen, können den Umsatzeinbruch nicht in zwölf Monaten wettmachen. Sie werden die Notkredite also nicht innerhalb eines Jahres zurückzahlen können.

Wie könnte eine Lösung aussehen? Der Staat wird sich an Unternehmen beteiligen müssen. Kleine und mittlere Betriebe – vor allem im Tourismus – leiden massiv unter einem Mangel an Eigenkapital. Sie werden Partner brauchen.

Und dieser Partner soll der Staat sein?

Nicht nur. Die öffentliche Hand könnte gemeinsam mit institutionellen Investoren einen Fonds gründen, der sich an Betrieben beteiligt. Die Stadt Wien hat ja schon einen Vorstoß in diese Richtung gemacht.

Wie könnte so ein Beteiligungsfonds aussehen?

Die Erste Bank hat zum Beispiel seit Jahren einen Anteil am Gründerfonds der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft aws. Da hat die Erste Bank fünf Millionen Euro eingezahlt, der Staat 60 Millionen Euro. Die Mittel stehen für Beteiligungen an Start-ups zur Verfügung.

Soll so etwas auch für große Unternehmen möglich sein?

Große Unternehmen muss man einzeln und jeweils gesondert betrachten. Ein Beteiligungsfonds soll für die kleinen und mittleren Betriebe Eigenkapital anbieten. Die KMU werden dies in einigen Monaten brauchen. Wir müssen sie unterstützen. Sie sind das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft und der Arbeitsplatzmotor. Wir müssen sie wieder in Schwung bringen.

Kommentare