Erste Group profitiert von höherer Kreditnachfrage und steigert Gewinn
Zinserhöhungen und eine steigende Nachfrage nach Krediten brachten der Erste Group im ersten Halbjahr 2022 höhere Zins- und Provisionsüberschüsse sowie mehr Gewinn ein. Unterm Strich erlöste die Bank 1,14 Mrd. Euro, das ist knapp ein Viertel (23,9 Prozent) mehr als in der Vorjahresperiode (918 Mio. Euro). Für das Gesamtjahr wird ein weiteres Wachstum der Kredite in Aussicht gestellt. Die Dividende für 2022 soll auf 1,9 Euro je Aktie steigen.
"Die geopolitische Großwetterlage und die hohe Inflation trüben die Aussichten in Europa. Nichtsdestotrotz zeigen sich die Volkswirtschaften in der östlichen EU bis dato resilient", sagte Erste-Group-CEO Willibald Cernko am Montag laut Aussendung. So seien die Staatskassen dort solide, der Arbeitsmarkt entwickle sich positiv und die Unternehmen seien nach wie vor investitionswillig.
Das Kreditvolumen stieg vor diesem Hintergrund im Halbjahr um 6,3 Prozent auf 191,5 Mrd. Euro an. Vor allem Immobilien- und Unternehmenskredite seien gefragt gewesen. Gemeinsam mit Zinserhöhungen in Tschechien, Ungarn und Rumänien sorgte dies für eine Steigerung beim Zinsüberschuss von 15,9 Prozent auf 2,84 Mrd. Euro. Der Provisionsüberschuss legte um 10,5 Prozent auf 1,21 Mrd. Euro zu.
Die Zuwächse beim Zins- und Provisionsüberschuss konnten die Verluste beim Handelsergebnis von minus 532,5 Mio. Euro etwas abmildern. Das Betriebsergebnis stieg um 10,3 Prozent auf 1,86 Mrd. Euro. Die Kosten-Ertrags-Relation (Cost-Income-Ratio/CIR) verbesserte sich von 55,5 Prozent auf 55,1 Prozent.
Dank Nettoauflösungen verbesserten sich auch die Risikovorsorgen deutlich, sie beliefen sich auf plus 26,0 Mio. Euro bzw. auf minus 3 Basispunkten des durchschnittlichen Bruttokundenkreditbestandes, nachdem die Bank im Halbjahr 2021 noch 82,9 Mio. Euro (bzw. 10 Basispunkte) für Kreditausfälle auf der hohen Kante liegen hatte. Belastet hätten Wertberichtigungen für Kredite und Darlehen sowie für Kreditzusagen in Rumänien, der Slowakei und Serbien, während Auflösungen in Kroatien, Tschechien, Ungarn und Österreich positiv gewirkt hätten.
Die Quote der notleidenden Kredite (non-performing loans/NPL) fiel von 2,5 im Vorjahreszeitraum auf 2,2 Prozent. Das sei ein historischer Bestwert seit dem Börsengang, schreibt die Bank. Zum Jahresende 2021 betrug die NPL-Quote 2,4 Prozent.
Ausblick auf Wachstum
Für das Gesamtjahr rechnet die Bank mit einem Nettokreditwachstum im hohen einstelligen Prozentbereich und dementsprechend weiter steigenden Einnahmen. "Wir rechnen nun mit einem Anstieg des Zinsüberschusses im niedrigen zweistelligen Bereich und mit einem Anstieg des Provisionsüberschusses im mittleren einstelligen Bereich," so der Bank-Chef laut Halbjahresbericht.
Weiters sollen die Risikokosten auf niedrigem Niveau (unter 20 Basispunkten) bleiben und die Eigenkapitalverzinsung (ROTE) im zweistelligen Bereich zu liegen kommen. Die harte Kernkapitalquote (CET1) soll über 14 Prozent blieben. Im Halbjahr ging sie auf 14,2 Prozent im Vergleich zum Jahresende 2021 (14,5 Prozent) zurück.
Die Aktionäre könnten von den Ergebnissen zudem in Form einer höheren Ausschüttung profitieren. Als Dividende für 2022 hat das Management der Bank 1,90 Euro pro Papier geplant. Für 2021 wurden 1,6 Euro je Aktie ausgeschüttet.
Der gesamte Ausblick unterliege allerdings der Annahme, dass "zumindest im Jahr 2022 ausreichende russische Gasimporte in die Kernmärkte der Erste Group erfolgen", hält die Bank fest. Allerdings zeigt man sich da durchaus optimistisch. Immerhin hätten beide Seiten Interesse daran, dass das Gas fließe, so Cernko im Rahmen der Bilanz-Halbjahrespressekonferenz am Vormittag - auch, wenn man mit immer wieder reduzierten Gasflüssen rechnen müsse. Ein No-Gas-Szenario sei nicht das Basisszenario, das die Erste Group errechnet habe, sondern ein Stressszenario, ergänzte Erste Group-Risikochefin Alexandra Habeler-Drabek. Selbst ein solches wäre für die Bank bewältigbar.
Neue Richtlinien
Die neuen Vergaberichtlinien für Kredite, die heute in Kraft getreten sind (unter anderem sind ab jetzt 20 Prozent Eigenkapital für die Bewilligung eines Kredits erforderlich), ließen sich schwer abschätzen, betonte Alexandra Habeler-Drabek. Es werde der Bank jedenfalls "weh tun", so die Risikochefin. Gerade bei der Kreditvergabe an junge Familien sei man bisher großzügiger gewesen, was die erforderlichen Eigenmittel angehe. Dies müsse man zukünftig unter die Ausnahmen von den Richtlinien buchen.
Die Erste Group will jedenfalls bis 2030 in Zentral- und Osteuropa (CEE) rund 15.000 leistbare Wohnungen finanzieren, hieß es. In Österreich werde bereits jährlich rund eine Milliarde Euro in Finanzierungen für neugebaute Mietwohnungen investiert. 2022 sollen etwa in der Slowakei noch 200 "leistbare Mietwohnungen" gemeinsam mit der slowakischen Regierung als Teilinvestor entstehen. Projekte in Rumänien, Ungarn und Kroatien seien in Vorbereitung.
Ziele bei Frauenquote
Apropos Ausblick: Auch die ESG-Ziele (ESG steht für Environment, Social, Governance, also Nachhaltigkeitsziele) sollen vorangetrieben werden. Etwa will man bis 2025 37 Prozent Frauen in Führungspositionen haben. Aktuell seien es laut Cernko 28,5 Prozent.
Wie weit man bei der Suche nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin für Retailvorstand in der Erste Group und der Erste Bank Oesterreich, Thomas Schaufler, der zur deutschen Commerbank gegangen ist, sei, wollte Cernko nicht genau beantworten. Nur so viel: Er habe "Grund zum Optimismus", dass man die Entscheidung "bald positiv kommunizieren" könne.
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