Erste-Bank-Chefin: "Es geht primär um Schadensminimierung"
Die Europäische Zentralbank wird heute erstmals seit elf Jahren die Leitzinsen wieder anheben. Offen ist noch, wie berichtet, ob der Zinssatz dann bei 0,25 oder 0,5 Prozent liegen wird. Für Sparer sei dies angesichts der hohen Inflationsrate ziemlich unerheblich, meint Erste Bank-Chefin Gerda Holzinger-Burgstaller im A1 Business Talk in der KURIER-Lounge im Palais Freiluft in Wien.
KURIER: Was bedeutet die Zinsanhebung für Sie? Was heißt das für die Sparer?
Gerda Holzinger-Burgstaller:Für mich ist es eine ganz neue Erfahrung. Ich bin jetzt Vorstand seit 2019. Und für mich ist es das erste Mal in dieser Zeit, dass ich Zinsen erleben darf. Das heißt natürlich eine große Veränderung für uns als Bank, aber auch für unsere Kundinnen und Kunden wird es sowohl auf der Spar- als auch auf der Kreditseite eine ganz neue Erfahrung seit vielen, vielen Jahren.
Und die Kunden dürfen bereits in den nächsten Tagen mit ein wenig mehr auf Ihren Sparbüchern rechnen?
Die Entscheidung der EZB warten wir natürlich ab. Wir wissen ja noch nicht, was genau sie entscheidet. Manche sprechen von 0,25, manche von 0,50 Prozentpunkten. Viel relevanter ist aber, dass wir negative Realzinsen haben. Und das wird sich nicht ändern. Das ist eine Situation, die wir seit vielen, vielen Jahren kennen und damit leben gelernt haben. Es ist natürlich jetzt, wo die Inflation zu hoch ist, die Schere deutlich auseinandergegangen und der Handlungsdruck natürlich noch ein größerer geworden.
Welche Inflationserwartungen haben Sie?
Die Experten meinen, dass nach der hohen Inflation diese Entwicklung auch wieder zurückkommen wird. Bei 6 bis 6,5 Prozent waren die letzten Prognosen fürs Gesamtjahr. Aber natürlich haben wir alle keine Glaskugel. Wie weit es nach unten geht, da traue ich mir keine Prognose zu.
Aber es ist für die Sparer relativ egal angesichts der hohen Inflation, ob es 0,25 oder 0,5 Prozent mit den Zinsen raufgeht. Das Sparbuch bleibt ein Verlustgeschäft. Was sagen Sie den Kunden, zumal die Situation an den Börsen ja auch keine gute ist.
Es ist wirklich ein herausforderndes Umfeld. Ich glaube, hier so viel Risiko einzugehen, um die Inflation zu schlagen, das würde ich niemandem empfehlen. Es gibt Menschen, die sich das leisten können, dieses Risiko einzugehen. Die breite Masse sicherlich nicht. Das heißt, es geht primär um Schadensminimierung und dann fortlaufende Absicherung, Risiko rauszunehmen, Vermögen auch wieder zu stabilisieren und aufzubauen.
KURIER Talk mit Gerda Holzinger-Burgstaller
Was schlagen Sie vor?
Einerseits in Tranchen zu investieren. Nie alles zu einem Zeitpunkt. Weil wir alle werden nie den richtigen Zeitpunkt zum Einstieg erwischen. Mit dem muss man leben. Andererseits festzulegen, in welche Vermögensgegenstände man investiert. Hier breit zu streuen, ist auch ganz klar unsere Empfehlung. Wenn man beide Dinge berücksichtigt, dann glaube ich, ist man auf der sicheren Seite.
Wie soll man konkret streuen?
Zum einen diversifizieren nach Assetklassen, also Aktien, Anleihen, Immobilien, Gold. Und bei Aktien ein bisschen hinsichtlich Geografie. Wir tendieren dazu, sehr stark in Österreich zu investieren. Da sind die Unternehmen, die man kennt, die einem vielleicht am nächsten sind. Das heißt aber auch hier gilt es zu streuen, vielleicht die USA und Asien ein bisschen im Blick zu haben. Und dafür gibt es dann Beratung.
Auch die Kreditnehmer sind von der Zinserhöhung betroffen. Was sollen die tun?
Wenn man jetzt einen Kredit aufnehmen will, würde ich dazu raten, das eher schnell zu tun. Und ganz klar ist sicherlich ein Fixzinskredit etwas, wo man Stabilität und Planbarkeit hat und nicht davon abhängig ist, was eine EZB macht oder wie ein Markt sich entwickelt. Und der Grundsatz, nur dann einen Kredit aufzunehmen, wenn man sich die Rückzahlung leisten kann, wird immer gelten.
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