Zinspolitik: Die EZB steckt in der Sackgasse

FILE PHOTO: President of European Central Bank, Christine Lagarde, attends a news conference following a meeting of the governing council in Frankfurt
Die EZB hat die Inflation lange völlig unterschätzt. Man fragt sich, ob die Verantwortlichen noch bei klarem Verstand sind.
Wolfgang Unterhuber

Wolfgang Unterhuber

Die wichtigste Aufgabe der Europäischen Zentralbank EZB ist die Sicherung der Preisstabilität. Preisstabilität heißt für die EZB, dass die Preise für alltägliche Waren jedes Jahr um rund zwei Prozent ansteigen sollen.

Denn bei sinkenden Preisen würden die Menschen weniger kaufen. Sie hoffen dann nämlich, dass sie ein Produkt noch günstiger bekommen, wenn sie etwas warten.

Das verursacht am Ende eine Deflation wie zwischenzeitig in Japan. Das ist nicht gut. Denn nur, wenn gekauft und investiert wird, wächst die Wirtschaft.

Dumm nur, wenn die internationale Staatengemeinschaft selbst eine Wirtschaftskrise verursacht. Obwohl in der EU 50 Prozent aller weltweiten Sozialausgaben verbucht werden, versagten in der Covid-Pandemie die staatlichen Gesundheitssysteme.

Die darauffolgende Lockdown-Politik führte zum Kollaps der hochsensiblen Warenströme. Dazu kommen jetzt der Ukraine-Krieg und die Sanktionen.

Die Folge davon ist eine Inflation, die sich gewaschen hat. Die EZB hat die Inflation völlig unterschätzt. Erst vor drei Wochen hat EZB-Chefin Christine Lagarde eingeräumt, dass die Inflation wohl länger hoch bleiben könnte. Na bumm.

Sagen wir es offen: Für Laien und ebenso für Profis stellte sich bei Minuszinsen und einer zugleich dahineilenden Inflation, die die Sparer enteignet, schon lange die Frage, ob die Verantwortlichen noch bei klarem Verstand sind.

Deshalb darf man der heutigen Zinsentscheidung umso gespannter entgegenblicken. Denn die EZB hat sich und uns alle in eine Sackgasse manövriert.

Sie muss Kredite wieder teurer machen, um die Inflation einzudämmen. Aber nicht zu sehr. Denn das könnte die Konjunktur abwürgen, die sich durch die Sanktionen ohnedies schon Richtung Rezession bewegt.

Und dann wären da noch die südeuropäischen Euro-Länder. Sie haben eine Zinserhöhung immer wieder verhindert. Weil es dadurch teurer wird, sich über neue Schulden selbst zu finanzieren.

Und weil diese Länder zwischen Finanzkrise (2008/’09) und Covid-Pandemie einfach keine tiefgreifenden strukturellen Reformen durchgeführt haben, um den Schuldenberg abzutragen.

Italien ist dafür ein „Musterbeispiel“. Das Land trägt mit 2,7 Billionen Euro fast ein Viertel der Verschuldung in der Eurozone. Ein Gutteil der Schulden lagert in den italienischen Banken. Bei hohen Zinsen kommen die in Schieflage.

Bis zuletzt wurde deshalb in der EZB gestritten, ob man für Italien nicht einen Rettungsring bastelt, wenn man die Zinsen erhöht (woran uns das wohl erinnert).

Das ist aber gar nicht der Job der EZB. Und es ist auch nicht der Job der Sparer in der EU, für die Fehler unfähiger oder korrupter Politiker in Italien oder sonst wo zu bezahlen.

Zinspolitik: Die EZB steckt in der Sackgasse

Kommentare