Erste-Group-Chef Spalt: „Wirtschaftliche Erholung geht von Europa aus“

Bernhard Spalt.
Kaum im Amt, muss sich der neue Bankchef den massiven Folgen der Pandemie stellen.

Die Erwartungen für die nächsten Jahre hat Bernhard Spalt naturgemäß reduziert. Dennoch will er  expandieren und Dividenden zahlen.

KURIER: Sie sind seit vielen Jahren Banker. Was war aus Ihrer Sicht wirtschaftlich schlimmer – die Finanzkrise oder die Corona-Pandemie?

Bernhard Spalt: Die beiden Ereignisse lassen sich eigentlich nur über die Nicht-Vorhersehbarkeit vergleichen. Die ökonomischen Auswirkungen der Corona-Krise sind mindestens so schlimm wie jene der Finanzkrise, aber wahrscheinlich deutlich schlechter. Wie jede Krise wird auch diese zu Transformationsprozessen und Lektionen, die man daraus lernt, führen. Bei der Finanzkrise war eine große Lernkurve bei Banken, Kapital und Liquiditätspuffer aufzubauen. Das hilft uns jetzt in der neuen Krise – auch wenn diese keine Bankenkrise ist.

Was wird man aus dieser Krise lernen können?

Etwa wie viel Puffer ich in einer Krise benötige. Im Gesundheitsbereich, wo etwa zuvor die Auslastung von Intensivstationen zu 95 Prozent als super toll gesehen wurde. Das wird man heute möglicherweise anders beurteilen.

Und umgelegt auf die Wirtschaft?

Puffer etwa in Zusammenhang mit Abhängigkeit von internationalen Lieferketten oder wie sehr vertraut man noch auf Just-in-time-Produktion. Das wird zu einem branchenübergreifenden Thema werden in dem Sinn, ob man bereit ist, Geld zu investieren, um sicherer zu sein.

Ist eine neue Finanzkrise eine mögliche Corona-Folge?

Das sehe ich nicht, aber Banken werden in Mitleidenschaft gezogen. Wir werden geringere ökonomische Aktivitäten und eine höhere Ausfallrate bei Krediten sehen. Wir sind ein Spiegel der Wirtschaft. Unsere Profitabilität leidet, aber wir sind wegen der größeren Kapitalpuffer gut aufgestellt.

Wurde die Krise bis dato gut gemeistert oder gab es auch hierzulande Fehler?

Viele Staaten haben eine wesentliche Entscheidung getroffen: Die Gesundheit der Bevölkerung ist wichtiger als der wirtschaftliche Output. Dafür gebührt den Regierungen hoher Respekt. Es hat jedenfalls gewirkt. Die Kosten werden riesig sein und wir werden spätestens nächstes Jahr eine intensive Diskussion darüber haben, was war effektiv und effizient. Das zu beurteilen, ist noch ein bisschen zu früh.

Viele Unternehmen kritisieren eine zu langsame Hilfe. Wo hakt es da?

Der Staat und die abwickelnden Stellen wie die Banken mussten sich erst auf Programme in dieser Größenordnung vorbereiten. Man muss natürlich auch die Betroffenheit der Unternehmer extrem gut verstehen, die sehr verunsichert sind und in manchen Branchen beim Umsatz von 100 auf null fallen. Dort muss die Hilfe schnell gehen, weil sonst wirkt es nicht. Das führt zu enttäuschten Erwartungen und das muss besser werden. Alle Erwartungen werden aber nicht erfüllt werden können.

Ist eine Teilschuld auch bei Unternehmen zu suchen, die nicht genug Kapital zur Seite gelegt haben?

Unbedingt ist es das, aber ich will nicht von Schuld, sondern von Gewohnheiten sprechen, die in den letzten Jahrzehnten entstanden sind. Eigenkapitalpuffer sind traditionell zu klein. Für Krisen braucht man einen größeren Puffer. Ein Ansatz wäre, die Besteuerung von nicht entnommenen Gewinnen zu reduzieren. Die Ökonomie fällt wie ein Stein. Wenn man jetzt Kredite hineinwirft, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Eigenkapitalbasis aufgebraucht ist, weil sie können nur ein Liquiditätsproblem lösen, aber kein Solvenzproblem, wenn Umsätze und Gewinne fallen.

Bei der AUA ist die Erste führend im Kreditkonsortium. Wie bewerten Sie das Verhandlungsergebnis?

Ich möchte zu Kundenbeziehungen nichts sagen. Grundsätzlich bin ich überzeugt, dass dieser Teil nicht zulasten des Steuerzahlers erfolgt. Das Paket als solches ist vernünftig.

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