Erneuerbare Energieerzeuger: "Günstiger-Strom-Gesetz" ist eine "Mogelpackung"
Die Windkraft-Branche fürchtet, durch neue Netzentgelte geschwächt zu werden.
Zusammenfassung
- Branchenvertreter kritisieren das "Günstiger-Strom-Gesetz" als Mogelpackung, da höhere Netzentgelte Strom teurer machen und Importe fördern.
- Das Gesetz benachteilige heimische Erzeuger und verschlechtere Investitionsbedingungen, was schließlich dem gesamten Wirtschaftsstandort schade.
- Positive Aspekte wie Flexibilisierung und Netzplanung werden durch die Kostenbelastung überschattet, sodass Stromkunden letztlich nicht profitieren.
Die Energiebranche hat lange auf das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) gewartet. Es soll dringend benötigte Rahmenbedingungen für die Transformation des Energiesystems liefern. Nun hat die Bundesregierung es unter neuem Namen dem Parlament zur Abstimmung vorgelegt. Das „Günstiger-Strom-Gesetz“, wie es nun heißt, sorgt in seiner letztgültigen Version allerdings für großes Entsetzen. Die Verbände IG Windkraft und Erneuerbare Energien Österreich, der Windkraftanlagenbetreiber W.E.B. und Burgenland Energie haben am Mittwoch gemeinsam die Gründe dafür erörtert.
Gesetz würde heimische Stromerzeugung teurer machen
Das Gesetz sei eine „Mogelpackung“, sagt Florian Maringer, Geschäftsführer der IG Windkraft. Die Bezeichnung „Günstiger Strom“ sei ein schlechter Scherz. Strom werde dadurch teurer werden. Das liege vor allem daran, dass Stromerzeugern künftig höhere einmalige Anschlussgebühren und höhere laufende Netzentgelte verrechnet werden. „Wir sind schon lange Vizeeuropameister bei Netzgebühren für Einspeiser, jetzt sollen sie noch höher werden.“ Die Regierung mache dadurch einheimische Stromerzeugung teurer und fördere Importe.
Mit Spitzenkappungen für Photovoltaik (bis zu 40 Prozent) und Windkraftanlagen (bis zu 15 Prozent, maximal 2 Prozent der Jahresproduktion) diskriminiere man genau jene Erzeugungsformen, die aufgrund der Dekarbonisierung des Energiesystems künftig den größten Teil des Stroms liefern sollen.
Aus der rechten Hosentasche in die linke zahlen
„Besser kein Gesetz, als dieses hier“, meint Martina Prechtl-Grundnig, Geschäftgsführerin des Dachverbands Erneuerbare Energie Österreich. Höhere Netzentgelte für Erzeuger würden auf Konsumenten übertragen werden, auch wenn deren Netzentgeltanteil schrumpfen sollte. „Das ist, wie wenn man aus der rechten Hosentasche in die linke bezahlt.“ Netzentgelten für Einspeiser gebe es in den Nachbarländern rund um Österreich nicht, das bedeute einen großen Nachteil für heimische Stromerzeuger.
Verständnis versichert, aber Sorgen ignoriert
Prechtl-Grundnig ist besonders enttäuscht, dass man in der Begutachtungsphase für das Gesetz seit dem Sommer stets auf diesen Marktmechanismus hingewiesen habe. „Das Ministerium hat uns versichert, unsere Sorgen zu hören. Momentan sehen wir aber nur ein Ignorieren.“ Die Erneuerbaren-Branche versuche nun mit dem Wirtschaftsministerium fachlich fundierte Gespräche zu führen und vielleicht doch noch eine Änderung am Gesetz zu erwirken.
Einige wichtige Eckpunkte des ElWG/ Günstiger-Strom-Gesetzes.
Stephan Sharma, Vorstandsvorsitzender von Burgenland Energie, zeigt ebenfalls Unverständnis über das neue Gesetz: „Die Stromrechnung besteht aus den drei Komponenten Energiekosten, Netzkosten und Steuern und Abgaben. Alle drei werden mit diesem Gesetz teurer. Wie sich mathematisch daraus eine Senkung der Preise ausgeht, erschließt sich mir nicht ganz.“ Bereits jetzt gebe es einen „Österreich-Aufschlag“ auf die heimische Stromproduktion. Er müsse unbedingt abgeschafft werden, um kommenden Generationen eine sichere, leistbare Stromversorgung zu ermöglichen.
Bedingungen für Investitionen würden sich verschlechtern
Sharma betont auch, wie fatal das neue Gesetz für Investitionen in die Energiewende wäre. Wenn man einer Bank neue Projekte vorlege, die von einer Spitzenkappung betroffen sein könnten, höhere Anschlussentgelte sowie laufend höhere Netzentgelte bezahlen müssten, dann würden sich Kreditbedingungen und Zinssätze massiv verschlechtern, denn: „Banken rechnen immer mit dem schlimmsten Szenario“.
Stefanie Markut, Vorständin von W.E.B. Windkraft sagt über das Gesetz: „Es würde Projekte für uns unwirtschaftlicher machen. Wir würden gerne in heimische Projekte investieren, aber das zwingt uns dazu, uns anderen Ländern zuzuwenden, wo die Rahmenbedingungen günstiger sind.“ Von der Politik sei man enttäuscht. „Wir verstehen nicht, wie so eine Zukunftsbranche ausgebremst wird.“
Positive Aspekte des Gesetzes werden überschattet
Das ElWG, auf das man lange gewartet habe, bringe einige eigentlich sehr positive Neuerungen für die Energiebranche, sagt Prechtl-Grundnig. Die Stärkung von Flexibilität im Netz (etwa durch den günstigeren Betrieb von Batteriespeichern), Digitalisierung, Netzplanung, die Direktvermarktung von Strom zwischen Privatpersonen, die Verlängerung von Abschreibedauern – all das brauche man für ein nachhaltiges Energiesystem. Sie alle werden durch die Einspeisenetzentgelte in den Schatten gestellt. „Wenn es uns dieser Punkt verunmöglicht, alle die guten Dinge im Gesetz umzusetzen, dann nützen die halt nichts“, sagt Markut.
Für Sharma sind es Stromkunden, die am Ende unter dem neuen Gesetz leiden würden. Das Gesetz wecke die Erwartung, dass Strom billiger werde. Das werde nicht eintreten. „Deshalb ist es besser, sich noch einmal zusammenzusetzen.“
Kommentare