Strompreis: Welche Nachteile Netzentgelte für Einspeiser bringen würden

Arbeiter kontrolliert ein Laufrad in einem Wasserkraftwerk.
Zusammenfassung
- Österreichische Kraftwerksbetreiber zahlen bereits höhere Netzentgelte als in den meisten Nachbarländern, was ihre Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt.
- Eine stärkere Beteiligung der Einspeiser an den Netzentgelten könnte Österreich vom Stromexporteur zum Netto-Importeur machen und Investitionen erschweren.
- Netzdienliche Speicher wären besonders belastet, während die Netzentgelte insgesamt weiter steigen dürften.
Die Ankündigung, mit dem neuen Elektrizitätswirtschaftsgesetz Einspeiser künftig stärker bei der Finanzierung des Stromnetzes zu beteiligen, sorgt für wilde Diskussionen. Der Interessensverband Oesterreichs Energie hat nun eine Studie vorgelegt, die zeigen soll, welche Auswirkungen eine solche Maßnahme auf die heimische Energiebranche hätte. Wie sich zeigt, würde sich Österreichs Lage im europäischen Wettbewerb dadurch nicht gerade verbessern.
Europavergleich: Die meisten Einspeiser zahlen nichts
In den meisten europäischen Ländern zahlen ausschließlich jene Personen und Unternehmen Netzentgelte, die Strom verbrauchen. Erzeuger hingegen zahlen nichts. In Österreich hingegen zahlen Betreiber von Kraftwerken mit einer Leistung von mehr als 5 Megawatt bereits Netzverlust- und Systemdienstleistungsentgelt. Nur in Schweden und Irland tragen Einspeiser einen höheren Anteil zu den Netzentgelten bei. Mit Ausnahme der Slowakei ist Österreich hingegen von Ländern ohne Netzentgelte für Einspeiser umgeben.
"Es wäre ein großer Systembruch"
Ein Gaskraftwerk in Österreich hat dadurch beispielsweise im Vergleich zu einem in Deutschland aktuell um 5 Prozent höhere Produktionskosten. In absoluten Zahlen sind das 4 Euro pro Megawattstunde. Müssten heimische Kraftwerke in Zukunft auch Netznutzungsentgelte zahlen (das wäre im ElWG vorgesehen), so würde sich dieser Aufschlag weiter erhöhen.
Im ElWG-Entwurf ist nicht genau beschrieben, wie hoch die Entlastung für Verbraucher dadurch ausfallen sollte. Soll die Entlastung etwa 10 Prozent betragen, würden sich die Netzentgelte für Einspeiser auf 8,30 Euro erhöhen. Würden Einspeiser und Verbraucher sich die Netzentgelte im Verhältnis 50:50 aufteilen, wären es 27,90 Euro für Einspeiser, eine Versiebenfachung des aktuellen Wertes. Österreich würde die Position seiner Energieunternehmen in Europa dadurch massiv verschlechtern, sagt Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie. "Es wäre ein großer Systembruch und einzigartig in Europa, wenn wir das machen."
Schwierige Lage im Herzen Europas
Schweden könnte Netzentgelte für Einspeiser gut verkraften, weil es in einer ganz anderen Lage sei, sagt Studienautor Thaddäus Kreisig von Aurora Energy Research. In Schweden gäbe es viel Wasserkraft, es werde viel Strom exportiert. Bei den unmittelbaren Nachbarn Norwegen, Finnland und Dänemark gebe es ebenfalls Entgelte für Einspeiser, sodass hier der Wettbewerbsnachteil geringer sei. Die Verfügbarkeit der Wasserkraft korreliere dazu gut mit Märkten wie Deutschland, wodurch schwedischer Strom auch dort konkurrenzfähig sei.
Österreich dagegen liegt laut Karl Heinz Gruber, Spartensprecher Erzeugung bei Oesterreichs Energie, "im Herzen Europas". Die Anschlusskapazität zu den Nachbarstaaten sei sehr hoch, wodurch Österreich sehr stark in den internationalen Handel eingebettet sei. Steigen nun die Kosten für heimische Kraftwerke durch höhere Netzentgelte, werde künftig mehr Strom importiert werden. Momentan ist es umgekehrt. Österreich exportiert bilanziell mehr Strom.
Netzdienliche Speicher wären besonders belastet
Die finanzielle Mehrbelastung von Energieunternehmen würde Investitionen erschweren. Strompreise für Verbraucher könnten sich dadurch erhöhen und etwaige Einsparungen durch Verlagerung der Netzentgelte zunichte machen. Besonders schwierig wäre die Lage für Betreiber von Speichern, etwa Pumpspeicher oder Batterien. Sie müssen bereits für den Bezug und das Einspeisen von Strom bezahlen, also quasi doppelt.
Dabei würden sie doch das Netz entlasten und Einsparungen beim Netzausbau ermöglichen, so Gruber. Speicher sollen deshalb massiv ausgebaut werden. Oesterreichs Energie fordert, sie zumindest bezugsseitig von Netzentgelten zu befreien. Netznutzungsentgelte für Einspeiser würde die Organisation komplett aus dem ElWG streichen.
Viel Konfliktpotenzial bei der Netzkostenabdeckung
Bei der Frage, wie der Umbau des Stromnetzes finanziert werden soll und wie gleichzeitig ohnehin schon hohe Energiepreise reduziert werden sollen, gibt es generell viel Konfliktpotenzial. Netzbetreiber wollen etwa die Vielzahl kleiner Stromerzeuger (PV-Anlage am Hausdach) künftig stärker beteiligen. Diese wiederum sehen sich als Treiber der Energiewende und argumentieren, von ihrem günstigen grünen Strom würden schließlich alle im Netz profitieren.
Um Ausbaukosten zu reduzieren, ist im ElWG eine Spitzenkappung für PV- und Windkraftwerke vorgesehen. Für die PV- und Windbranche ist das eine Investitionsbremse in einem Bereich, der zwecks Energiewende eigentlich ausgebaut werden sollte. Und dann wäre da noch die Idee eines Infrastrukturfonds (alias Netz-ASFINAG), mit dem der Ausbau finanziert werden soll. "Wir sagen dazu: Uns würde das helfen", meint Schmidt. "Aber die Erwartung, dass dadurch Netztarife sinken werden, wird sich nicht erfüllen. Investoren wollen genauso ihre Rendite haben."
Netzkosten werden weiter steigen
Die Netzentgelte werden in Österreich wohl weiter steigen. Man könne sich immerhin darauf verlassen, dass es "die bestgeprüften Summen" des Landes seien, so Schmidt. Ihr massives Steigen in diesem Jahr sei auf das Auslaufen der staatlichen Energiekrisenmaßnahmen zurückzuführen. Die inflationstreibende Wirkung sei auch überschaubar. Und überhaupt: Vor der Strommarktliberalisierung waren die Netzentgelte viel höher. Seit 1999 haben sich die realen Netztarife halbiert.
Kommentare