Erdbeeren und Spargel aus Österreich könnten zur Mangelware werden

Erdbeeren und Spargel aus Österreich könnten zur Mangelware werden
Anbau und Ernte sind mit körperlich anstrengender Arbeit verbunden. Der Großteil der dazu notwendigen Mitarbeiter kommt aus dem Ausland. Doch wie lange noch?

Ob aktuell Erdbeeren, Spargel oder auch Essiggurkerl: Der Anbau und vor allem die Ernte ist mit körperlich anstrengender Arbeit verbunden. Vieles davon wird von Saisonkräften aus dem Ausland geleistet. "Durch Corona und den Krieg in der Ukraine hat es massive Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Erntehelfern gegeben", sagt Georg Wiesinger von der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft und Bergbauernfragen. 

Während migrantische Saisonarbeitskräfte aus EU- bzw. EWR-Staaten einen freien Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt haben, gibt es für alle anderen Länder eine Quotenregelung, die jährlich neu festgelegt wird. Diese Arbeitskräfte können dann sechs bzw. neun Monate landwirtschaftliche Tätigkeiten verrichten. Eine Sonderreglung gibt es für ukrainische Staatsbürger.

Diese stellen auch die größte Nationalität unter den Drittstaatsangehörigen dar. "Sie sind vor allem in den Sommermonaten in Österreich beschäftigt", sagt Julia Bock-Schappelwein, Arbeitsmarktexpertin am Wirtschaftsforschungsinstitut. Gemeinsam mit Georg Wiesinger hat sie für "Diskurs. Das Wissenschaftsnetz" die aktuelle Situation der Erntehelfer in Österreich erhoben.

Männliche ukrainische Arbeitskräfte können demnach kriegsbedingt seit 2022 nicht aus der Ukraine nach Österreich reisen. Ihre Zahl ging daher seit 2021 von 476 auf 289 zurück. Zugleich stieg die Zahl der Ukrainerinnen von 303 auf 494. "Sie konnten den Rückgang der Männer fast kompensieren", sagt Bock-Schappelwein.

Insgesamt sind knapp 18.800 unselbstständig Beschäftigte in der Landwirtschaft, 2008 waren es erst an die 13.000. Vor allem bei der Feldarbeit kommen sie laut Wifo-Daten zu rund zwei Dritteln aus dem Ausland. "Ausländische Arbeitskräfte sind inzwischen fester Bestandteil der Beschäftigung in der Landwirtschaft",  sagt Bock-Schappelwein.

"Betriebe sind vor allem dort auf Saisoniers angewiesen, wo sich Arbeiten nicht entsprechend mechanisieren und rationalisieren lassen, nicht gleichmäßig über das Jahr anfallen und die Produktion Witterungseinflüssen ausgesetzt ist", sagt Wiesinger. Die Arbeiten würden häufig ein hohes Maß an Ausdauer, Konzentration, aber auch gewisse feinmotorische Fähigkeiten erfordern. Wiesinger: "Bei einigen Erntearbeiten, vor allem dem Spargelstechen, ist auch Routine und Erfahrung nötig, ohne die ein wirtschaftlicher Einsatz der Arbeitskräfte nicht möglich ist." Bei Spargel sei dies erst nach einer Saison möglich, bei Erdbeeren früher. 

Schlechte Arbeitsbedingungen

Die Arbeitsbedingungen seien oft schlecht, da die Arbeitskräfte sind Witterungs- und Umwelteinflüssen ausgesetzt seien und ein großes Risiko tragen würden, einen Arbeitsunfall oder Berufskrankheit zu erleiden. "Ständige, einseitige Belastungen und ergonomisch ungünstige Haltungen führen nicht selten zu Rückenschmerzen und diversen anderen Abnützungserscheinungen. Häufig erfolgen die Arbeiten in einer gebückten, mitunter auch aus einer am Bauch liegenden Position." Zudem seien die sanitären Bedingungen oft übel, beklagt Wiesinger. Teils sei es für die Arbeitskräfte schwierig, an Informationen für ihre Tätigkeit zu gelangen, auch was ihre gesetzlichen Ansprüche betrifft. Es seien aber nicht alle Betriebe Ausbeuter.

Laut Kollektivvertrag steht den Landarbeitern ein Verdienst von 1.500 bis 1.650 Euro brutto im Monat zu. "Das ist für die Verhältnisse in der Ukraine mit einem Lohn von durchschnittlich 250 Euro sehr viel", so Wiesinger. Dennoch werde es zunehmend schwierig, aus einigen Staaten Arbeiter zu bekommen. "In Polen ist das Lohnniveau schon fast wie bei uns. Die kommen nicht mehr nach Österreich." 

Das werde gewisse Anbauarten in Frage stellen. Das gelte nicht nur Spargel oder Erdbeeren. Schon jetzt würden sehr viele Essiggurkerl in Österreich abgefüllt, die gar nicht in Österreich wachsen, weil hier der Anbau teurer sei. Und auch bei Wein aus der Südsteiermark könnte es zu Problemen kommen, da jetzt noch viele Slowenen mit einer geringen Pension tätig seien. "Es ist die Frage, ob die steilen Weinberge künftig noch bewirtschaftet werden können", so Wiesinger. Und nicht zuletzt konkurriere die Landwirtschaft auch mit anderen Sparten.

Andere Länder würden sich mit Personal aus Asien helfen, etwa Portugal, wo schon 30.000 Menschen aus Vietnam oder Nepal tätig seien. Doch das funktioniere nicht zwingend überall, schließlich sei eine Motivation, Arbeit in relativer Nähe zur Heimat zu finden. Wiesinger rät Betrieben, für faire Verhältnisse zu sorgen. "Diese werden auch Mitarbeiter finden, die anderen sind selbst schuld, sie sind nicht attraktiv genug."

 

 

 

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