Enttäuschung nach Lkw-Gipfel: Keine verpflichtenden Abbiegeassistenten

Derzeit fahren bis zu 1.800 Lkw pro Tag auf der B 320
Verkehrsminister Hofer: "Es funktioniert noch nicht so, wie wir uns das vorstellen." Er will Maßnahmenpaket umsetzen. Dazu unsere Frage des Tages.

Dienstagmorgen ist es schon wieder passiert: In der Wiener Innenstadt kam es erneut zu einem tödlichen Unfall mit einem Lkw. Der 80-jährige ehemalige Direktor des Jüdischen Museums, Georg Haber, wurde von einem zurückschiebenden Klein-Lkw überrollt und starb kurze Zeit später. 2004 erhielt Haber das Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien. Der 21 Jahre alte Lkw-Lenker hatte den Fußgänger übersehen.

70.000 unterstützen Petition - doch Assistent kommt nicht

Nach dem Tod des Neunjährigen, der Ende Jänner in Wien-Landstraße von einem Lkw, der rechts abbiegen wollte, überrollt worden war, wurde der Ruf nach Sicherheitsvorkehrungen laut. Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) tagte deshalb am Dienstag mit einer Expertenrunde zu Gesetzesänderungen in Sachen Lkw-Sicherheit. Eine Petition für verpflichtende Abbiegeassistenten für Lkw sammelte binnen zwei Wochen knapp 70.000 Unterschriften. Doch verpflichtende Abbiegeassistenten kommen nicht – das ist ein Ergebnis des Gipfels.

Kinder sind enttäuscht von Hofer

"Die schlimmsten Befürchtungen übertroffen"

„Die schlimmsten Befürchtungen sind übertroffen worden. Der nächste tote Fußgänger, das nächste tote Schulkind geht auf Minister Hofer.“ Mit diesen harschen Worten kommentiert der Wiener Aktivist Helge Fahrnberger, Initiator der Petition, den Ausgang des Sicherheitsgipfels.

Helge Fahrenberger zur Entscheidung

In der ZiB2 am Dienstagabend auf die Kritik angesprochen, rechtfertigt sich Hofer, dass die technischen Systeme noch nicht so funktionieren würden, "wie wir uns das vorstellen". Dass Abbiegeassistenten irgendwann verpflichtend sein werden, "davon sind wir alle überzeugt, aber es ist noch nicht so weit".

Der KURIER erklärt, warum es keine Verpflichtung geben soll und welche Maßnahmen stattdessen getroffen werden.

Die Technik ist nicht ausgereift

Zwar gibt es auf dem Markt schon Systeme, die den Lkw-Fahrer beim Abbiegen mittels Licht- und Tonsignal und einem Kamerabild warnen, wenn sich ein Fußgänger im toten Winkel befindet, die Systeme sind aber technisch noch nicht ausgereift. „Derzeit gibt es nur zwei Hersteller, die auch eine Gewährleistung auf die Funktion geben“, sagt Verkehrsminister Hofer. Außerdem hätten ihm Lkw-Fahrer und Lenker der MA48 im Rahmen des Sicherheitsgipfels erklärt, dass die Systeme derzeit auch bei Hydranten oder anderen Hindernissen anschlagen, weswegen zu häufig gewarnt werde.

Die StVO wird geändert

Noch vor dem Sommer soll eine Änderung in der Straßenverkehrsordnung (StVO) vorgenommen werden, um gefährliche Kreuzungen zu entschärfen. An Gefahrenstellen werden Spiegel angebracht, welche die Sicherheit sofort erhöhen sollen. Zeigt sich keine Verbesserung, soll an den entsprechenden Kreuzungen ein Abbiegeverbot für Lkw ausgesprochen werden. Gemeinden und Städte können künftig außerdem Abbiege-Verbote für Lkw an gefährlichen Kreuzungen beantragen.

Millionen sollen investiert werden

Der Verkehrsminister will auch finanziell aushelfen. Eine Million Euro soll in eine Kampagne zur Bewusstseinsbildung in Sachen Toter Winkel investiert werden. Weitere fünf Millionen fließen in die Ausbildung von Lkw-Fahrern.

Die Höhe der Fördermittel, die langfristig für die Auf- und Nachrüstung von Lkw zur Verfügung gestellt werden sollen, konnte Hofer noch nicht beziffern. Deutschland investierte vor Kurzem fünf Millionen Euro: „Wenn man das auf die Einwohnerzahl Österreichs umrechnet, wären das 500.000 Euro. Das reicht ganz sicher nicht aus“, sagt Hofer.

Druck auf EU soll erhöht werden

Die EU kündigt die Pflicht zu Abbiegeassistenten erst für das Jahr 2024 an. Österreich will, dass die EU das schon zwei Jahre früher umsetzt. Problematisch sei nämlich, dass man nicht agieren könne, solange die EU-Richtlinie nicht fix sei: „Wenn man hier jetzt zu schnell handelt, dann kann es passieren, dass 2024 wieder alle nachrüsten müssen, weil die EU andere Forderungen hat“, sagt Hofer.

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