Energiekosten: Österreich "wummst" zurück
Ende Oktober kündigte Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine Strom- und Gaspreisbremse für Haushalte und Betriebe an. Das 200 Milliarden Euro schwere Paket feierte er als „Doppelwumms“ – der wiederum bei Österreichs Wirtschaftsvertretern die Alarmglocken schrillen ließ.
Die zentrale Befürchtung: Wenn Österreich keine gleichwertigen Maßnahmen beschließe, drohe den heimischen Betrieben ein massiver Wettbewerbsnachteil. Bald schlossen sich auch die Länder – allen voran nö. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) im Wahlkampfeifer – an und forderten ein „deutsches Modell“ für Österreich.
Bis Ende 2023
Die türkis-grüne Bundesregierung diskutierte mehrere Lösungen – auch eine Energiepreisbremse für Unternehmen. Wirtschaft und den Ländern wäre dieser Weg auch lieber gewesen. ÖVP und Grüne fanden einen anderen Weg aber treffsicherer.
Diesen „Austro-Wumms“ präsentierten Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) dann am Donnerstag: einen Energiekostenzuschuss.
Diesen gibt es prinzipiell schon. Auf Basis einer EU-Richtlinie hat Österreich einen Energiekostenzuschuss umgesetzt, der rückwirkend von Februar bis September 2022 gilt. Dabei fördert der Bund energieintensiven Unternehmen rund 30 Prozent ihrer Mehrkosten auf Energie – wenn ihre jährlichen Energiekosten drei Prozent des Umsatzes betragen. Dieser „Energiekostenzuschuss 1“ wird nun mit einer eigenen Antragsphase bis Ende Dezember 2022 verlängert. Er gilt für sämtliche Energieträger.
Deutschland hat für 2022 keine vergleichbaren Unternehmenshilfen beschlossen. Ab Jänner kommt in Österreich dann ein „Energiekostenzuschuss 2“ – für das gesamte Jahr 2023. 3.000 bis 150 Millionen Euro kann der Bund im Rahmen des zweiten Zuschusses im kommenden Jahr auszahlen. Er teilt sich in fünf Förderstufen auf (siehe Fakten). Der größte Unterschied zum ersten Zuschuss: Förderungen in Stufe 1 und 2 können auch Betriebe beantragen, deren Energiekosten nicht drei Prozent des Umsatzes ausmachen.
Kocher geht von Kosten im „mittleren bis hohen einstelligen Milliardenbereich“ aus. „Das entspricht ungefähr dem, was Deutschland ausgibt.“ Man werde genau beobachten, ob Betriebe die Hilfe ausnutzen und ihre Preise dennoch anheben.
Geld fließt langsamer
Die Wirtschaftskammer (WKO) reagierte zufrieden. Österreich habe sich mit dem Antragsmodell für einen sicheren Weg mit klaren Bedingungen entschieden, sagte WKO-Generalsekretär Karlheinz Kopf (ÖVP) zum KURIER. „Uns war ein Modell wichtig, das mit der deutschen Energiepreisbremse in der materiellen Wirkung vergleichbar ist. Ab Stufe 2 ist die Wirkung etwa gleich, in der ersten Stufe kompensiert Österreich Unternehmen sogar stärker als Deutschland.“
Klar ist auch: Deutsche Betriebe werden 2023 von der Energiepreisbremse schneller profitieren, da dieser sofort in die Preisbildung eingreift, wogegen der Zuschuss erst etwas später fließt. „Begleitend sind deshalb noch Liquiditätsmaßnahmen nötig“, sagt Kopf. Man könnte den Zuschuss akontieren – zum Beispiel auf zwei Abrechnungszeiträume aufteilen. So würden auch heimische Betriebe schneller Geld erhalten.
Für die Abwicklung der Hilfe ist die heimische Förderbank aws zuständig. Staatliche, energieproduzierende und mineralölverarbeitende Betriebe sind ausgenommen, der Finanzsektor auch. Ein Vorteil des Energiekostenzuschusses, den auch die Verhandler immer wieder hervorhoben: Da nur Mehrkosten ausgeglichen werden, sinkt das Risiko einer Überförderung – im Gegensatz zu einer Preisbremse, wo in die Preisbildung eingegriffen wird.
Dagegen argumentiert etwa Oliver Picek, Ökonom beim gewerkschaftsnahen Momentum Institut: „Die inflationsdämpfende Wirkung von Preisbremsen wird unterschätzt“, so Picek. Frankreich und Spanien hätten stärker auf preissenkende Maßnahmen gesetzt und deshalb auch eine niedrigere Inflationsrate.
Energiekostenzuschuss 2
3.000 bis 150 Millionen Euro können Betriebe im Rahmen des Zuschusses, der sich in fünf Stufen gliedert, erhalten:
- Stufe 1
Der Staat fördert Betrieben 60 Prozent ihrer Mehrkosten auf Energie – und zwar ab den höheren Kosten im Vergleich zu 2021. Die Stufe gilt ab einer Förderhöhe von dreitausend bis zwei Millionen Euro – unabhängig vom Energieverbrauch.
- Stufe 2
Die Förderung reicht von zwei bis vier Millionen Euro, ohne Vorgaben beim Energieverbrauch. Wie auch bei den folgenden Stufen, werden anteilig aber nur 70 Prozent des Verbrauchs von 2021 gefördert. Und zwar ab jenen Mehrkosten auf Energie, die um 50 Prozent höher sind als der damalige Preis. Ab dann fördert der Staat 50 Prozent der Mehrkosten.
- Stufe 3
Die Förderhöhe in dieser Stufe reicht von 4 bis 50 Millionen Euro. Es gelten zwei Unterschiede zu Stufe 2: Der Staat fördert 65 Prozent der Mehrkosten, Grundvoraussetzung dafür ist zudem, dass die Energiekosten 2021 mindestens drei Prozent des Umsatzes ausgemacht haben oder im ersten Halbjahr 2022 sechs Prozent.
- Stufe 4
Sie gilt von 50 bis 150 Millionen Euro und unterscheidet sich insofern von Stufe 3, dass 80 Prozent der Mehrkosten gefördert werden.
- Stufe 5
Diese Stufe erstreckt sich von vier bis 100 Millionen Euro Förderung und gilt für Unternehmen, die nicht energieintensiv sind und deshalb von der dritten und vierten Stufe nicht profitieren. Gefördert werden aber nur 40 Prozent der Mehrkosten.
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