Die Reedereien haben in den vergangenen Jahren Riesengewinne gemacht, die sie zum Teil in neue Schiffe investiert haben. Deshalb sollten Lieferkettenprobleme auch so bald kein Thema mehr sein. Dass die Preise in der Luftfahrt noch höher sind, sei ein Zeichen, dass noch viel Luftfracht geflogen werde, meint Kummer. Auch die hohen Kerosinpreise dürften eine Rolle spielen. Bei Bahn und Lkw waren die Ausschläge nicht so hoch wie in der Schiffs- und Luftfracht, daher seien in diesen Bereichen auch keine so großen Preisreduktionen zu bemerken.
Ein weiterer Grund, warum Konsumenten nicht so bald wieder vor leeren Regalen stehen sollten: "Die Lager sind voll", sagt Kummer. Die Unternehmen haben die vergangenen Monate genutzt, um sich Vorräte anzulegen. Darüber hinaus funktioniere der Kreislauf der Schifffahrt wieder, es gebe kaum Wartezeiten und damit so gut wie keine Container-Knappheit mehr, berichtet der Experte.
"Die Lieferketten haben sich stabilisiert, derzeit werden die Lieferzeiten immer kürzer und die Verfügbarkeit der Waren immer größer", sagt auch Alexander Klacska, Obmann der Bundessparte Transport in der Wirtschaftskammer (WKÖ). Die Situation sei sogar ins Gegenteil gekippt. Habe es früher zu wenig Transportraum und eine reißende Nachfrage gegeben, so sei nun mehr Raum als nötig vorhanden und die Nachfrage im Eintrüben begriffen.
"Viele Industrieunternehmen drosseln wegen der hohen Energiepreise ihre Produktion. Das hat eins zu eins Auswirkungen auf den Transportmarkt", sagt Klacska. Die Phase einer übermäßigen Nachfrage sei jedenfalls vorbei, das Transportvolumen sei geringer und geregelter. Ein Grund dafür sei auch der zurückhaltende Konsum, der zumindest in der ersten Jahreshälfte, wenn nicht sogar im ganzen Jahr nicht wesentlich anspringen sollte, so Klacska.
Über Probleme mit den Lieferketten aus Asien, die Europa monatelang in Atem gehalten haben, macht er sich jetzt keine Sorgen mehr. Sogar die Verfügbarkeit von Chips, die lange ein großes Sorgenkind, sei wieder halbwegs normal, noch nicht so, wie vor der Corona-Pandemie, aber vertretbar.
"Im Moment entspannen sich die Lieferketten immer mehr", bestätigt auch Alexander Till, Repräsentant des Hamburger Hafens in Wien. Der Grund dafür liege nach wie vor in den rückläufigen Mengen. Auch wenn es auf Grund der neuen chinesischen Corona-Politik nicht unbedingt danach aussieht, sieht er doch noch ein Risiko: Sollte es trotz allem zu einer neuerlichen Schließung von Häfen oder Gebieten in China etwa auf Grund eines Lockdowns kommen, würde das sehr schnell wieder zu erheblichen Störungen in den Lieferketten kommen. Kummer stößt in das gleiche Horn: Nur geopolitische Probleme könnten derzeit die Lieferketten wieder ins Stottern bringen. Etwa, wenn China Taiwan angreifen würde.
Langsamer Beginn
Die Covid-Pandemie hat die weltweiten Lieferketten stark beeinträchtigt. Im Laufe des Jahres 2020 kam es wegen Lockdowns sowie geschlossener Grenzen und Häfen zu ersten Problemen.
Plötzliche Erholung
Nach einem Nachfrageeinbruch infolge der Lockdowns kam es seit Anfang 2021 zu einer überraschend schnellen Erholung und einem sprunghaften Anstieg der globalen Nachfrage, auf die sich Lieferanten nicht rechtzeitig einstellen konnten. Im Laufe des Jahres 2022 entspannte sich die Lage, derzeit hat sie sich weitgehend normalisiert.
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