Verlockende Fallen: Einfach reich werden mit Geld-zurück-Garantie?

Reiche Menschen schädigen das Klima weitaus stärker als arme.
"Es ist immer das Gleiche: Teure Autos, schöne Häuser, Luxusreisen und Parties." So beschreibt Reinhold Schranz, der Leiter des Europäischen Verbraucherzentrums Österreich (EVZ) des Vereins für Konsumenteninformation (VKI), die Fassade, mit der Menschen von vermeintlichen "Coaches" im Internet reingelegt werden.
Irreführend ist dabei schon der Begriff, denn verkauft wird keine seriöse Unterstützung bei der Bewältigung etwa von sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen, sondern der Traum vom schnellen Geld. "Es wird ein Millionärsluxusleben dargestellt", sagt Schranz, frei von Zwängen und ökonomisch unabhängig. Typischerweise handle es sich dabei um eine Version der Geschichte vom Tellerwäscher zum Millionär. Reich werden dabei aber, wenn überhaupt, nur die Verkäufer. Wer ihnen auf den Leim geht, verliert oft Zigtausend Euro.
➤ Mehr zum Thema: Die perfiden Maschen der Internet-Betrüger
Waren Konsumentenbeschwerden darüber früher die Ausnahme, ist das Phänomen in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen. Im EVZ-Netzwerk sind in den letzten zwei Jahren mehr als 1.000 Beschwerden dazu eingegangen, sagt Schranz zum KURIER. Er geht aber davon aus, dass es sich dabei nur um die Spitze des Eisbergs handelt, die Dunkelziffer dürfte viel höher sein.
Denn nicht alle, die gelinkt werden, melden das beim Konsumentenschutz. Alleine in einem prominenten Fall gäbe es mehrere Hundert Geschädigte nur in Österreich. Auch die österreichische Internet-Ombudsstelle berichtet von etwa 200 Beschwerden.
Der Großteil der betrügerischen "Coachings" betrifft den Finanzbereich. Angeboten werden typischerweise Konzepte zum Handel mit Aktien und Kryptowährungen oder auch der Aufbau eines Online-Shops oder physischer Direktvertrieb.
Teure Kalendersprüche
Die primäre Werbefläche, und oft auch der Ort der direkten Kontaktaufnahme, sind soziale Medien wie Instagram, Youtube oder Tiktok. Für die Fotos mit Jachten und Sportwagen, mit denen die Betrugsopfer beeindruckt werden sollen, gibt es spezialisierte Agenturen.
➤ Mehr zum Thema: Die Trickkiste der Finanz-Gurus
Die Kurse, die so verkauft werden, kosten oft mehrere Tausend Euro, es gebe sogar welche um 25.000 oder 50.000 Euro, sagt Schranz, teilweise auch mit der Möglichkeit zur Ratenzahlung. Versprochen wird beispielsweise, dass man mit dem vermittelten Wissen monatlich ein "fünfstelliges Einkommen" erwirtschaften kann. "Aber wenn ich das Paket aufmache ist nichts drinnen", sagt Schranz. Oft handle es sich überhaupt nur um eine Ansammlung vermeintlich motivierender Binsenweisheiten via Videotelefonat.

Reinhold Schranz, VKI
Der Fokus liegt auf jüngeren Leuten
VKI-Jurist
Die selbst ernannten Mentoren spezialisieren sich oft auf eine Zielgruppe. Das können etwa junge Männer sein, oder auch Frauen mit Kindern und niedrigem Einkommen. Die Annahme, dass nur besonders leichtgläubige oder bildungsferne Menschen in die Falle tappen, ist übrigens falsch. Das Phänomen ziehe sich "quer durch alle Schichten", sagt Schranz, Akademiker eingeschlossen.
Oftmals würden die Opfer in einem schlechten Moment überrumpelt, ähnlich wie bei Phishing-Attacken, beschreibt Jakob Kalina von der Arbeiterkammer (AK). Der Nährboden dafür ist nach Einschätzung von Schranz vor allem, wenn Menschen mit ihrer Situation unzufrieden sind. Der Vertragsabschluss erfolgt oft durch professionelle Verkäufer ("closer") per Videotelefonat, durchaus unter künstlichem Zeitdruck.
Falsche Freunde
Die meisten Angebote richten sich vorrangig an junge Menschen, stimmen die Erfahrungen von Schranz und Kalina überein. Diese hätten normalerweise noch nicht viel Erfahrung in Finanzangelegenheiten, aber große Träume und eine höhere Risikobereitschaft.
➤ Mehr Wirtschaft: GoStudent: Was das Start-up mit 590 Millionen Euro gemacht hat
Um den Einstieg zu erleichtern, gibt es verschiedene Kniffe, berichtet der AK-Experte: Etwa eine "Geld-zurück-Garantie", die in der Praxis natürlich nicht eingelöst werde. Oder ein schrittweiser Anstieg der Zahlungen, wobei für die Zukunft hohe Erträge in Aussicht gestellt werden. Diese werden zwar ausbleiben, die Einziehung wird aber trotzdem gemacht, teilweise gehen die Zahlungen auch ins Ausland.
Die Kommunikation werde üblicherweise schnell auf private Kanäle wie Messenger-Apps verlegt, beschreibt Kalina. Einerseits, weil diese dann nicht öffentlich nachvollziehbar sind, andererseits weil dadurch ein Vertrauensverhältnis entstehe.
Insbesondere junge Menschen wären oft anfällig für das kumpelhafte Gebaren der Betrüger, die dabei auch mit psychischem Druck arbeiten: "Denk’ daran, was ich dir im Call gesagt habe. Du hast Potenzial, du musst es aber endlich mal nutzen und die Komfortzone verlassen. Mach es für deine Eltern" zitiert er beispielhaft aus der Nachricht an ein minderjähriges Betrugsopfer. Diesem wurde mit reißerischen Formulierungen ein Geschäftsmodell versprochen, das er nur nachmachen müsse. Geblieben ist dem Burschen ein Schaden von etwa zweitausend Euro.
Betrügerische Angebote sind an einigen Alarmzeichen zu erkennen. Betroffene sollten sich professionellen Beistand holen.
Seriöse Anbieter
Anders als in Deutschland ist Coaching in Österreich reglementiert. Wer entsprechende Leistungen anbieten will, braucht einen Gewerbeschein, im Finanzbereich etwa für Unternehmensberatung, im Bereich Lebensoptimierung für Lebens- und Sozialberatung. Manche der Betrüger arbeiten deswegen schlicht kriminell: Sie haben kein Impressum und wechseln immer wieder das Pseudonym. Andere bewegen sich in rechtlichen Grauzonen.
Gefälschte Referenzen
Zufriedene Kundenmeinungen sind im Internet sehr einfach zu fälschen. Kritik wird hingegen nach Möglichkeit mundtot gemacht, in den Sozialen Medien etwa einfach gelöscht. Bei kritischen Medienberichten wird oft auch anwaltlich interveniert.
Wer ist Vertragspartner?
In vielen Fällen ist der Vertragspartner nicht der Erfolgsdarsteller oder die Erfolgsdarstellerin, sondern eine Wiederverkaufsplattform wie Copecart oder Digistore24. Die beschriebene Leistung ist oft nicht klar definiert oder man bekommt keine schriftliche Bestätigung, wie das in seriösen Webshops üblich ist.
Stets widersprechen
Wenn jemand auf einen Betrug reingefallen ist, sollten Zahlungsaufforderungen nicht auf die leichte Schulter genommen werden, denn es könnte durchaus ein durchsetzbarer Exekutionsbescheid herauskommen. Der AK sind etwa Fälle bekannt, in denen es zu Gehaltspfändungen kam. Das kann sich auch auf eine spätere Bonitätsprüfung auswirken.
Irreführende Angaben
Um die Konsumentenschutzbestimmungen zu umschiffen, definieren sich manche Anbieter als "B2B-Dienstleister", ihre Geschäftspartner seien also nicht Kunden, sondern Unternehmer. Das ist im Regelfall unzulässig, denn wenn etwas zur geplanten Aufnahme eines Gewerbes gekauft wird, greift der Konsumentenschutz noch. Auch Strafbestände wie Wucher oder arglistige Täuschung könnten festgestellt werden.
Kommentare