Dubioses Wolkenkratzer-Projekt bringt Kaczynski in Erklärungsnot

Wie ein 190 Meter hohes Immobilienprojekt von einer fragwürdigen Stiftung versilbert werden sollte.

In Polen hat die Oppositionspartei „Bürgerplattform“ (PO) am Mittwoch eine Anzeige gegen Jaroslaw Kaczynski, Chef der Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS), bei der Staatsanwaltschaft eingereicht. Dem Rechtskonservativen wird Täuschung des Gerichts und Tätigkeit als Geschäftsmann vorgeworfen, was Politikern verboten ist. Polen hat eine Tradition des heimlichen gegenseitigen Aufnehmens von Gesprächen – dabei ist erstmals Jaroslaw Kaczynski, der als Graue Eminenz des Landes gilt, nun selbst betroffen.

Der österreichische Geschäftsmann Gerald Birgfellner, der früher hierzulande im Immobilienmanagement tätig war, hat im vergangenen Juli ein Gespräch mit Kaczynski in der Parteizentrale auf Tonband aufgezeichnet, als der Politiker ein angeblich gemeinsames Bauprojekt – 190 Meter hohe Zwillingstürme in Warschau – vorerst scheitern ließ.

Die Zeitung Gazeta Wyborcza veröffentlichte das Gespräch auf ihrer Webseite. Doch die Regierung zeigt sich unbeeindruckt. Eine „Seifenblase“ nannte Premierminister Mateusz Morawiecki die Veröffentlichung in der liberalen Zeitung.

Kaczynski wollte das Bauprojekt, auch K-Towers genannt, vom Erfolg der Kommunal- und Parlamentswahlen abhängig machen, da er ansonsten einen politischen Skandal fürchtete. Dabei trat er als Entscheidungsträger der Immobilienfirma „Srebrna“ auf, die er von Getreuen 1995 gründen ließ. Srbrna heißt auf Deutsch Silber. Die Srebrna GmbH gehört der Stiftung „Institut Lech Kaczynski“ und hat umgerechnet drei Millionen Euro Grundkapital. Mit den „K-Towers“ wollte der Politiker sich und seinem im Jahr 2010 bei Smolensk verunglückten Bruder Lech offenbar ein Denkmal setzen. Finanziert werden sollte das Projekt mit einem 300 Millionen Euro schweren Kredit der Bank Pekao, deren Vorsitzender Michal Krupinski ist. Er gilt als „goldener Junge“ der PiS.

Fragwürdiges Angebot

Sowohl die Firma Srebrna wie auch Kaczynski verweigerten dem Österreicher, der bereits Fachleute für den Bau angestellt hatte, die Bezahlung der bereits angelaufenen Vorkosten für das Projekt. Angeblich gibt es keine schriftlichen Belege für diese Zusammenarbeit.

Kaczynski bot jedoch an, dass der Österreicher die Ausgaben einklagen könne. Er, Kaczynski, werde dann in Birgfellners Sinne aussagen – diesem Angebot misstraute jedoch der Geschäftsmann.

Der Deal wurde vor der Veröffentlichung als „Familienangelegenheit“ behandelt. Birgfellner ist der Schwiegersohn eines Cousins von Jaroslaw Kaczynski.

Dennoch geht der Niederösterreicher, der speziell für diesen Deal die Firma namens „Nuneaton“ gegründet haben soll, nun gegen den mächtigsten Mann Polens vor. Er wirft Kaczynski Betrug vor und hat die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.

Das Firmennetz

Laut der Wirtschaftsauskunftei Creditreform scheint Gerald Birgfellner im polnischen Firmenbuch unter „Nuneaton“ weder als Geschäftsführer noch als Gesellschafter auf. Laut anderen polnischen Firmenregistern scheint Birgfellner als Mitglied des Vorstandes auf. Gesellschafter bzw. Aktionäre sind die Firmen Blackstone und Srebrna. Zugleich werden Henryk Zimmermann und Steven Wood als Manager auf.

Indes hat Birgfellner im Juni 2017 die Balios Project Management Holding GmbH in Warschau gegründet. Stammkapital: umgerechnet rund 1250 Euro.

In Österreich hat der Hobby-Marathonläufer Birgfellner die Prokura in einer Immobilienverwaltung und ist Hälfte-Eigentümer und Co-Geschäftsführer der Beteiligungsfirma Gibbon Holding.

Früher war er auch in der Managementfirma eines Einkaufszentrums tätig. In der Wirtschaftskammer ist er in der Fachgruppe „persönliche Dienstleister“ eingetragen – mit Wohnsitz in Niederösterreich.

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