Das war ein wirklich schreckliches Gefühl. Wir waren 2019 auf vollem Rekordkurs und mit einem Schlag drohte alles, wofür wir gearbeitet hatten, wegzubrechen, ohne, dass wir etwas dafür konnten.
Hat sich Ihr Business verändert?
Dieses Geschäft ist ein bisschen wie ein Zirkus, auf hohem Niveau. Wir haben kein Produkt, das man abfüllt, sondern müssen täglich neu beginnen. Kein Mensch geht in ein Restaurant, nur weil er Hunger hat. Wir leben in einer Instagram-Welt, die Menschen wollen Entertainment und sich wohlfühlen. Sie wollen einen emotionalen Mehrwert.
Sie haben 1981 als Selfmade-Unternehmer begonnen, wo steht das Unternehmen heute?
Wir sind mit unseren Events, der Formel 1, Tennis, Champions League, Fußball-Europameisterschaft und jetzt der WM in Katar Weltmarktführer im Premium-Bereich. Egal, wo auf der Welt eine große Veranstaltung stattfindet, die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass bei uns angefragt wird. Weil es bekannt ist, dass wir über Jahrzehnte unsere Qualität halten und man sich auf uns verlassen kann.
Wie bei der Fußball-WM in Katar?
Wir wurden drei Monate zuvor angerufen. 64 Spiele in drei Wochen, normal braucht man für eine WM zwei bis drei Jahre Vorbereitung. Wir hatten dann aber doch zugesagt, nach dem Motto: Wo es eng wird, ist DO&CO immer gut. Katar hat eine der weltweit besten Veranstaltungen hingelegt. Dort war wirklich alles top und beste Arbeitsverhältnisse für uns.
Die Kritik an Katar schert Sie nicht?
Viele Leute reden über das Land, ohne je dort gearbeitet zu haben. Ich war jetzt zwei Monate dort. Der Mittlere Osten ist ein wahnsinnig stark wachsender Markt. Gemeinsam mit den USA sind das die zwei Kernmärkte der Zukunft, wo viel investiert und bewegt wird. DO&CO ist ein internationales Unternehmen, 85 Prozent unserer Umsätze machen wir im Ausland.
Was macht für Sie als Unternehmer den Unterschied zwischen den USA und Europa aus?
Das Unternehmertum wird in den USA anders gesehen. Es ist doch kein Zufall, dass Apple, Google, Amazon, Tesla etc. in den USA entstanden sind. In Europa sind die Innovationen überschaubar.
Was vermissen Sie in Österreich? Bei uns herrscht eine Grundhaltung des Verwaltens, statt des Zulassens von Innovationen und des Eingehens von Risiken. Und Gewinne sind mit Fragezeichen versehen.
Immer noch?
Ja, das beginnt bei der Ausbildung. Es muss einen Grund geben, warum die österreichischen Unis in internationalen Rankings so weit hinten liegen. Wie kann es sein, dass eines der reichsten Länder der Welt bei Bildung derart abgehängt wird und nicht viel mehr investiert?
Und die Haltung zum Unternehmertum?
Niemand hat nur Siege gepachtet. Wenn in den USA ein Unternehmer auf die Nase fällt, sagt jeder, steh’ wieder auf. Bei uns hat man gleich das Stigma, der kann das nicht, wir haben’s eh gewusst. Die Schadenfreude ist bei uns eindeutig größer. Bei uns ist der Staat der Anker für alles. Aber wenn der Staat für alles gerade steht, hat der Einzelne möglicherweise weniger Lust auf Leistung.
Sind wir in Österreich zu wenig leistungsorientiert?
Leistung hat bei uns sehr oft den negativen Touch, dass zu viel verlangt wird. Ich mag den Begriff Work-Life-Balance gar nicht. Heißt das, Life ist gut und Work ist schlecht? Ein Unternehmen muss darauf Rücksicht nehmen, was für die Mitarbeiter individuell passt. Aber trotzdem muss ein Unternehmen Visionen haben und versuchen, besser sein als andere. Wie beim Sport, dann muss ich halt mehr trainieren.
Wenn Sie sich auf Abenteuer einlassen wie Katar, haben Sie immer noch Angst, dass etwas schief geht?
Diese Angst ist nach wie vor unendlich groß, ich habe in Katar täglich schlecht geschlafen. Die Erwartungshaltung unserer Kunden ist so groß, aber es braucht nur ein Lkw umzufallen, und es gibt im Stadion kein Essen. Das würde unsere Reputation enorm beschädigen, aber noch viel mehr unsere Seele, weil wir unser Wort nicht gehalten haben. Denn trotz aller Vorsichtsmaßnahmen machen Menschen Fehler.
Was passiert, wenn ein Lkw umfällt?
Wir haben immer ein Backup-Szenario, soweit es möglich ist.
Wenn das Backup auch ausfällt?
Das ist noch nie passiert, aber das sind die Träume, aus denen man schweißgebadet aufwacht. Für unser Geschäft braucht es viel Demut. Wer überheblich ist und glaubt, er kann eh alles perfekt, ist stark gefährdet, Fehler zu machen.
Haben Sie auch ein Mitarbeiter-Problem?
Wir suchen immer gute Leute und könnten locker 2000 weitere einstellen. Nicht nur Köche und Kellner, auch IT-Spezialisten, Controller, Grafiker, Restaurantmanager etc. Der Markt ist ein Arbeitnehmer-Markt geworden. Wir bieten so viel Flexibilität wie möglich. Selbst wer nur zwei Tage arbeiten will, kann das, aber in diesen zwei Tagen muss die Leistung stimmen.
Und die Bezahlung?
Wir zahlen am Markt am besten, immer leistungsorientiert und teilweise 50 bis 100 Prozent über KV. Mit den besten Karrierechancen, die es gibt. Andere Unternehmen wollen oder können das nicht.
Müssen Sie kapazitätsbedingt Aufträge ablehnen?
Leider sehr viele, schätze allein in Österreich täglich zehn Veranstaltungen in allen Größen.
Vom Grand Prix in Abu Dhabi zur WM in Katar
Knapper geht’s nicht. Formel-1-Rennen und Eröffnung der Fußballweltmeisterschaft am selben Tag. Bei beiden Großveranstaltungen hatte DO&CO das Catering für Tausende von VIP-Gästen. Das funktioniert nur mit mehreren Mannschaften. Die Organisation hinter den glamourösen Events ist riesig und komplex. Die Veranstalter stellen nur Zelte oder Gebäude zur Verfügung, alles andere organisiert DO&CO. Mittlerweile gibt es für die Regionen Amerika, Europa, Mittlerer Osten/Asien eine eigenständige Logistik, die rund 2.000 Event-Mitarbeiter fliegen rund um die Welt. Die Crews kommen aus zwölf Nationen.
Las Vegas
Im November startet der erste und weltgrößte Grand Prix in Las Vegas mit 25.000 VIP-Gästen. Die Rennstrecke führt durch die Stadt. 3.000 Hotelbetten für die DO&CO-Mannschaft sind von der eigenen Reiseabteilung schon reserviert.
Attila Dogudan, 63, begann 1981 mit einem Delikatessen-Geschäft in Wien und Partyservice. Mit Niki Lauda begann der Einstieg ins Airline-Catering. Der börsenotierte Konzern betreibt die Divisionen Gastronomie, Hotels, und Lounges, Events und Airlines. Im ersten Halbjahr 2022/23 stieg der Umsatz auf einen Rekordwert von knapp 670 Millionen, der Gewinn auf 14 Millionen Euro.
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