Direktbanken locken mit vermeintlich hohen Sparzinsen

Banken buhlen um Sparer - Zinsen steigen nach Flaute wieder
Angebote gelten laut Arbeiterkammer oft nur für Neukunden und für ein paar Monate. Danach sinken die Zinsen wieder deutlich.

Sparzinsen von bis zu 2,60 Prozent für täglich fällige Einlagen klingen auf den ersten Blick ziemlich verlockend. Doch bei näherer Betrachtung sind sie es dann doch nicht. Denn abseits der Tatsache, dass bei einer Inflation von aktuell acht Prozent unterm Strich noch immer ein Minus bleibt, sind diese relativ hohen Zinssätze nicht für ein ganzes Jahr und auch nicht für alle Kunden eines Instituts vorgesehen. Das zeigt eine Auswertung der Arbeiterkammer. Demnach werben vor allem Direktbanken mit diesen Zinssätzen.

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"Direktbanken bieten deutlich höhere Sparzinsen für Neukunden", sagte AK- Konsumentenschützer Christian Prantner. Die Bandbreite reiche von 0,5 bis 2,6 Prozent Zinsen für täglich fälliges Geld. "Viele Tagesgeld-Angebote haben Grund-, Basis- bzw. Mindestzinssätze, die meist nur mickrige 0,01 Prozent betragen. Das Kraut wird nur fett durch zugeschlagene Bonus-, Sonder- oder Premiumzinsen", so Prantner. "Diese als freiwillig bezeichneten Bonuszinsen & Co. gelten teils nur in festgelegten Aktionszeiträumen oder sind von der Bank einseitig abänderbar."

Der Bankenexperte verweist gegenüber dem KURIER auf einige besondere Highlights. Etwa von der Bawag. Diese bietet das Sparkonto Flex mit bis zu 3 Prozent Zinsen. "Diese Zinsen gibt’s nur für die große Brieftasche, nämlich für Einlagen über 150.000 Euro im Aktionszeitraum bis 31.1.2024“, so Prantner. Danach seien es nur noch 0,01 Prozent.

Er warnt aber auch vor Fixzinsen bei täglich fälligen Veranlagungen. "Täglich fälliges Sparen wird nicht selten auf Fixzinssätze einbetoniert, wie etwa das S Komfort Sparen (0,02 Prozent) oder das Sparkonto 24h mit 0,01 Prozent. Deshalb tut sich bei vielen bestehenden Sparkonten auch nix – weil eben fix laut Vertrag."

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Werbung, die daneben geht

Auch beinahe amüsant seien Sätze auf Banken-Websites wie: „Genießen Sie einen Zinssatz von 0,01 %!“ oder „… lukrative Zinsen von 0,05 % erhalten wollen“, wie das WSK Sparbuch der WSK Bank. Prantner: "Bei Banken mit diesen werblichen Ankündigungen scheint das gestiegene Zinsniveau bei Spar-, Anleihe- und Kreditprodukten noch nicht angekommen zu sein."

Oder doch, aber eventuell einseitig? "Gerade die Zinsen beim Konsumkredit im Neugeschäft haben beträchtlich angezogen." Schmankerl aus einer kürzlichen Kredittest einer Bank, die sich rühmt, einen „fairen Kredit“ zu vergeben: die Bankberaterin meinte, dass die Zinsen „zwischen 10 und 12 Prozent“ liegen.

Nicht mit Minizinsen abspeisen

Die AK spricht sich für generell höhere Sparzinsen für täglich fälliges Geld aus. "Filialbanken sollen Sparer - auch angesichts eines EZB-Einlagenzinses von 3,5 Prozent - nicht mit Minizinsen nahe null Prozent abspeisen", so die Kammer. Direktbanken sollen zudem "statt freiwilliger Bonus- oder Sonderzinsen klar vertraglich eingeräumte Zinssätze für täglich fälliges Geld" anbieten, fordert die AK.

Auch die Habenzinsen bei Girokonten müssten für die AK ansteigen - insbesondere wenn man mit den Überziehungszinsen vergleiche, die im Schnitt bei mehr als zehn Prozent lägen.

Auf höher verzinste Produkte umschichten

Generell liegt laut Prantner viel Geld auf täglich fälligen Einlagen. Sein erster Tipp für Sparer lautet: Sparbücher und -konten, die täglich fällig sind, checken. "Was nicht für tägliche Fälligkeit benötigt wird, umschichten auf höher verzinste Einlagen." Wertpapiere seien zwar ein schwieriges Terrain für Unerfahrene und die Spesen der Veranlagung bei der klassischen Universalbank seien nicht zu unterschätzen. Prantners Fazit: Sich mit Wertpapieren beschäftigen, gute Beratung, gute Info- und Vergleichstools sind gefragt, um eine fundierte WP-Entscheidung treffen zu können.

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