Vorstände als Gagen-Kaiser: Die Kapitalisten-Bank Bawag

Bawag führt Beschwerdeliste der AK bei Banken an
Alles für die Aktionäre - warum die Vorstände Gagen-Kaiser sind und wie die ehemalige Gewerkschaftsbank ihre hohen Renditen erwirtschaftet.

"Ehrlich gesagt, bei diesen Summen haben auch wir alle schön g’schaut", sagt ein heimischer Spitzenbanker. Am "Fat Cat Day" listete die AK, wie jedes Jahr, genüsslich auf, wie lange die Bosse der ATX-Unternehmen 2021 arbeiten mussten, um auf das durchschnittliche österreichische Jahresgehalt zu kommen.

Spitzenreiter ist Bawag-Chef Anas Abuzaakouk mit 12 Stunden und 45 Minuten. Seine Jahresgage summierte sich samt Bonus und Pensionsvorsorge auf 10,5 Millionen. In Europa verdient nur der Chef der Schweizer Großbank UBS, Ralph Hamers, geringfügig mehr.

Vorstandskollege Sat Shah brachte es auf über acht Millionen Euro und Andrew Wise auf knapp 7,4 Millionen. Insgesamt ergoss sich über den sechsköpfigen Vorstand ein Geldregen von 40,7 Millionen Euro. Zusätzlich hält die Truppe aus dem Incentive-Plan 3,2 Prozent der Aktien, aktueller Kurswert fast 140 Millionen Euro.

Vorstände als Gagen-Kaiser: Die Kapitalisten-Bank Bawag

Meiste Zeit nicht in Österreich - CEO Anas Abuzaakouk

Die Finanzwirtschaft entlohnt ihre Manager zwar gut, aber die Bawag ist nicht die größte Bank des Landes, sondern die Nummer vier. Warum zahlt jene Bank solche Gagen, die – Ironie des Schicksals – vor noch gar nicht allzu langer Zeit der Gewerkschaft gehörte.

"Die Bawag agiert wie eine US-Bank und hat ein anderes Geschäftsmodell als die österreichischen Institute. Das sind Finanzingenieure, die richtig viel Geld verdienen", schildert ein Banker. Es gehe nicht um die Größe, sondern nur um Renditen.

"Sehr intelligent, sehr schnell, rein zahlengetriebene Kapitalisten", beschreibt Investor Klaus Umek (Petrus Advisers) das Team um Abuzaakouk. Für österreichische Verhältnisse "tun sie jedoch eine Spur zu wenig für das Umfeld und ihre Kunden. Aber dafür werden ihre Investoren mit einer Rendite belohnt, die fast um ein Drittel über der besten österreichischen Bank liegt". "Das klassische Bankgeschäft ist der Bawag in den letzten Jahren abhanden gekommen. Das ist eine Spezialbank, darum verdienen sie so gut", meint Florian Beckermann, Obmann des Interessensverbandes für Anleger (IVA).

In Sachen Rentabilität hängt die Bawag tatsächlich alle inländischen Großbanken ab. In den ersten drei Quartalen 2022 weist man ein extrem niedriges Cost Income Ratio (CIR, Kosten in Relation zu den Einnahmen) von knapp 36 Prozent aus. Verdankt einem beinharten Sparkurs, die Zahl der Mitarbeiter wurde um die Hälfte auf rund 3700 Beschäftigte reduziert. Die für Banken wichtige Rendite-Kennzahl RoTCE liegt bei 18,4 Prozent. Die Aktionäre können sich über einen Gewinn je Aktie von 4,24 Euro freuen. Dabei trübte die Abschreibung der Forderung gegen die Stadt Linz für einen alten Swap-Vertrag das dritte Quartal.

Was aber macht die Bawag anders als die heimischen Großbanken?

Die Bawag sammelt Spezialbanken ein. Die österreichische Hello bank (umbenannt in easybank), die Schweizer Zahnärztekasse, die Depfa Bank in Irland, eine deutsche Bausparkasse, die US-Lokalbank Idaho First etc.

Außerdem kauft die Bawag verbriefte Kredite mit Abschlägen und verwertet diese weiter. Kann riskant sein, doch im Erfolgsfall sind hohe Verdienstspannen drin. Nach Beginn des Ukraine-Kriegs übernahm die Bawag zu einem Buchwert von 700 Millionen Euro den Großteil der Aktiva der russischen Sberbank Europe.

Als die Post von der Bawag höhere Provisionen wollte, wurde Georg Pölzl seinen langjährigen Bankpartner ganz schnell los.

Hausbank der Republik

Die Bawag ist nach wie vor die Hausbank des Bundes. Dieses Geschäft hatte die Österreichische Postsparkasse, die Bawag ist Rechtsnachfolgerin der PSK. Diese hatte vor etlichen Jahren ohne Ausschreibung den Auftrag für die Abwicklung des Zahlungsverkehrs des Bundes erhalten. Das Volumen beläuft sich auf mehr als 200 Milliarden Euro. Jede Einnahme und Ausgabe des Bundes, von Strafmandaten bis zu Beamtengehältern, läuft über die Bawag.

Das Massengeschäft ist einfach und standardisiert.

In der Beschwerdestatistik der Arbeiterkammer ist ausgerechnet die Ex-Gewerkschaftsbank seit Jahren "bei Bankthemen die Nummer eins", berichtet AK-Experte Christian Prantner. Vor allem wegen der Nicht-Erreichbarkeit der Bank, weitere Beschwerden beträfen hohe Spesen. In letzter Zeit gebe es "vehemente Beschwerden" von Kunden, denen alte, kostengünstige Girokonten knallhart gekündigt werden. So auch passiert einer 82-jährigen Dame.

Im Jahresvergleich sei die Zahl an Beschwerden um 40 Prozentgesunken, man habe die Erreichbarkeit verbesser und arbeite laufend daran, das Kundenservice weiter zu verbessern, beteuert Banksprecher Manfred Rapolter.

Vorstände als Gagen-Kaiser: Die Kapitalisten-Bank Bawag

350.000 Euro für Aufsichtsratsvorsitzenden Egbert Fleischer

Die Vorstände meiden die Öffentlichkeit lieber und geben weder Pressekonferenzen noch Interviews. Einziger mit österreichischem Pass ist Enver Sirucic. Abuzaakouk, Shah, David O’Leary und Wise sind US-Amerikaner. Man kennt einander von gemeinsamen Dienstzeiten beim Bawag-Vorbesitzer Cerberus und bei General Electric. Die Anwesenheitsquote in Österreich ist gering. Abuzaakouk, seit 2014 in der Bank, spricht nach wie vor nicht Deutsch und sei nur eine Woche im Monat in Wien, wird kolportiert, den Rest der Zeit lebe er in London.

"Saftige Watsch’n"

Trotz der saftigen Renditen sind allerdings nicht alle Aktionäre mit den Vorstandsvergütungen einverstanden. Bei der letzten Hauptversammlung Ende März stimmten zwei Drittel dagegen, was in Österreich Seltenheitswert hat. Beckermann spricht von einer "saftigen Watsch’n". Die Gagen seien „unangemessen, das sprengt den österreichischen Bezügerahmen völlig“.

Auch die Aufsichtsräte sind die wahrscheinlich best verdienenden in Österreich. Vorsitzender Egbert Fleischer kann sich über eine Remuneration von 350.000 Euro freuen. Nicht verboten, aber unüblich: Fleischer stieg vom Prokuristen der Bank in den Aufsichtsrat auf. Detto seine Kollegin Tamara Kapeller, ihre Cooling-Off-Periode betrug ganze zwei Tage.

Das Abstimmungsergebnis hat rechtlich allerdings nur empfehlenden Charakter. Die Bank hält sich dazu bedeckt. Man befinde sich im Austausch mit den Investoren, deren Feed back werde dem Nominierungs- und Vergütungsausschuss (im Aufsichtsrat) zur Diskussion vorgelegt, erklärt Rapolter. Die Nachdenkphase dauert offenbar lange, im Frühjahr erhielt der trend exakt dieselbe nichtssagende Antwort.

2016 drehte die Bankenaufsicht in der EZB übrigens das Aktienoptionsprogramm "Sars" über 189 Millionen Euro ab. Ex-Investmentbanker und Aufsichtsratschef Franklin Hobbs hätte 40,5 Millionen bekommen, CEO Byron Haynes waren knapp 27 Millionen versprochen. Wurde nichts daraus.

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