Die Hausbank der Firma Österreich

Hinter der Marmor-Fassade dürfte schon der Weiterverkauf der Bank vorbereitet werden. Das Jugenstil-Gebäude wurde an den Immobilien-Zampano Benko verkauft.
Bawag PSK wickelt ohne Ausschreibung jährlich Transaktionen über rund 200 Milliarden Euro für den Bund ab

Selbst Großkonzerne wie die OMV oder die ÖBB kommen nicht annähernd in die Dimensionen der Firma Österreich. Die wie jedes Unternehmen ihren Zahlungsverkehr abwickeln muss. Die Geldströme, die sich bei den Zigtausenden täglichen Buchungen summieren, sind für Laien gar nicht mehr vorstellbar. Die Hausbank der Republik ist die Bawag PSK. Jede Einnahme und jede Ausgabe des Bundes, vom Strafmandat bis zu den Gehältern und Pensionen der Beamten, läuft über das Institut, das für seinen größten Kunden ein Hauptkonto samt 991 Sub- und 824 Nebenkonten führt.

Um die 200 Milliarden Euro fließen jährlich über die IT-Systeme der Bank. 2011 wurden 99,88 Milliarden an Einnahmen und 105,12 Milliarden an Ausgaben verbucht. Bis Ende Oktober 2012 addierten sich 79,2 Milliarden an Einnahmen und 83,8 Milliarden an Auszahlungen.

„Die Bawag verdient sich vermutlich keine goldene Nase damit, aber natürlich ist’s ein Geschäft“, regt sich bei den Mitbewerbern immer wieder leiser Neid. „Klar, jede Großbank hätte Interesse daran. Da geht’s um die Stückkosten pro Transaktion, die economies of scale“, sagt ein Banker. Nicht zu vergessen die Umwegrentabilität, „ein Kunde, der die Bank für den Zahlungsverkehr nutzt, macht meist anderes Geschäft auch noch mit diesem Institut“.

Bei einer Ausschreibung des riesigen Kuchens würde man sich selbstverständlich bewerben, erklären heimische Banker gegenüber dem KURIER. Dazu wird es in nächster Zeit freilich nicht kommen. Denn im Finanzministerium denkt man nicht daran, den Status quo zu ändern. Im Vorjahr wurde mit der Bank eine Rahmenkooperations-Vereinbarung abgeschlossen, die Bawag PSK ist als Hausbank der Finanzverwaltung des Bundes im Bundeshaushaltsgesetz einzementiert. „Die Bawag ist eine systemrelevante Bank, es spricht mehr dafür, zu bleiben als zu wechseln“, heißt es im Finanzministerium.

Die Hausbank der Firma Österreich
A customer enters the headquarters of Austrian bank BAWAG PSK in Vienna August 27, 2013. BAWAG PSK will sell a rump 1.3 percent stake in Hungary's MKB as it winds down its exposure to central and eastern Europe (CEE) to focus on core markets further west, it said on Tuesday. REUTERS/Heinz-Peter Bader (AUSTRIA - Tags: BUSINESS)
Die ehemalige Gewerkschaftsbank, deren Hauptaktionäre die beiden US-Finanzinvestoren Cerberus und Golden Tree sind, kam 2000 mit dem 1,3 Milliarden Euro teuren Kauf der PSK ans Republik-Geschäft. Die PSK gehörte bis dahin dem Bund und wickelte traditionell dessen Zahlungsverkehr ab.

Die FPÖ nahm im März einen Anlauf für eine Ausschreibung. Erfolglos, Rot und Schwarz administrierten den Antrag im Finanzausschuss nieder und vertagten. Jetzt startete FP-Abgeordneter Roman Haider einen neuerlichen Versuch mit einer parlamentarischen Anfrage über die Konditionen und deren Evaluierung: „Jedes Unternehmen prüft von Zeit zu Zeit, ob die Bedingungen bei der Hausbank noch stimmen oder ob es günstigere Angebote gibt“.

Im Vorjahr erhielt der Bund durchschnittliche Habenzinsen für seine Einlagen von 0,13 Prozent. Sollzinsen mussten nicht gezahlt werden, der Kontostand der Republik war an keinem Tag negativ. Seit 2008 lässt die Republik mit durchschnittlich etwas mehr als 40 Millionen Euro längst nicht mehr so hohe Guthaben auf ihren Bawag-Konten liegen wie in den Jahren zuvor. „0,13 Prozent Habenzinsen für 2012 ist schon recht bescheiden, bei diesen Größenordnungen müsste wesentlich mehr drin sein“, wundert sich der Manager einer Großbank. Bawag-General Byron Haynes

Die Hausbank der Firma Österreich
Bawag-Chef Byron Haynes plant "Zukäufe im In- und Ausland"
will weder Konditionen noch Gewinnspannen kommentieren: „Für uns ist der Kunde am wichtigsten. Die Republik Österreich hat uns angezeigt, dass sie mit unserem Service sehr zufrieden ist. Wir haben viel in das System investiert, um einen schnellen und perfekten Service auf der Basis täglicher Zahlungen zu bieten“. In Sachen Staatshilfe will sich die viertgrößte Bank des Landes früher als geplant von der Republik freikaufen. Von den 550 Millionen Euro an staatlichem Partizipationskapital wurden heuer 200 Millionen retourniert. Über der Bawag hängt allerdings ein Damokles-Schwert in Form des verlustreichen Swap 4175. Sollte die Stadt Linz gerichtlich gewinnen,wäre mehr als eine halbe Milliarde Euro fällig. Dass in diesem Fall erneut die Steuerzahler einspringen müssten, befindet das Management als „hypothetisch“. Man wird sehen. Vielleicht einigen sich die Stadt und die Bank doch noch. Der kühle Analyst Haynes, den Cerberus 2008 als Sanierer nach Wien holte, putzt die Braut offenbar bereits für einen Weiterverkauf heraus, beobachtet man in der Bankenszene. Die Mitbewerber wundern sich ohnehin, dass Cerberus die Bawag-Beteiligung seit sechs Jahren hält. Für einen Finanzinvestor eine unüblich lange Halbwertszeit.Cerberus sei bisher ein „besonders hilfreicher“ Aktionär gewesen und werde das auch fortsetzen, erklärt Haynes. Wie lange noch? Darüber will er nichts sagen, er kenne die Pläne nicht. Cerberus sei freilich ein Finanzinvestor und werde daher „irgendwann in der Zukunft“ über einen Verkauf nachdenken. Bis zum Frühjahr 2014 will der Brite das Sanierungsprogramm „Bolero“ abgeschlossen haben. Er dementiert, dass noch weitere 700 der insgesamt rund 3800 Mitarbeiter gehen müssten, genaue Zahlen will er aber noch nicht nennen. „Es muss Schluss sein mit dem permanenten Personalabbau. Jetzt gilt es, die Zukunft abzusichern und in die Qualität zu investieren“, fordert Betriebsrats-ChefinIngrid Streibel-Zarfl. Fragt sich nur, ob Cerberus mit der ehemaligen Gewerkschaftsbank ein gutes Geschäft machen wird. Der ÖGB hatte zwar vorher unheimliches Pech mit seiner Bank, mit dem Verkaufszeitpunkt aber viel Glück. 3,2 Milliarden Euro blätterten die Amerikaner im Mai 2007 hin, ein Jahr später ließ die Finanzkrise die Preise für Banken in den Keller fallen. Damals konnte niemand ahnen, dass sich später die Eigenkapitalvorschriften derart verschärfen würden. Cerberus pumpte in die Bawag 405 Millionen Euro an frischem Kapital. Und nahm bisher „keinen einzigen Euro aus der Bank“, beteuert Haynes. Dafür wurde bei den Assets Kasse gemacht. Alles, was nicht zum Kerngeschäft gehörte, wurde verscherbelt: Bösendorfer, Stiefelkönig/Delka,ATVund die Drittelbeteiligung an den Lotterien.Vom beträchtlichen Immobilien-Imperium ist nicht mehr viel übrig. Um sich weiteres Eigenkapital zu holen,verklopfte die Bank jetzt auch noch das PSK-Gebäude am Stubenring um geschätzte 150 Millionen Euro an den Immobilien-Krösus René Benko.
Die Hausbank der Firma Österreich
Das nach den Plänen von Otto Wagner erbaute weltbekannte Jugenstil-Juwel steht unter Denkmalschutz. Die mit Marmortafeln verkleidete Fassade soll einen Geldspeicher darstellen. Eine Symbolwirkung, die heute noch Gültigkeit hat. Die Zentrale der Bawag PSK bleibt weiterhin in dem Stahlbetonbau, mit der Signa Prime Selection von Benko wurde ein langfristiger Mietvertrag abgeschlossen. Sale-and-Lease-Back nennt man diese Art der Kapitalbeschaffung.

Benko kann das Gebäude kaum anders nutzen. „Dieses international herausragende Objekt wurde für die PSK errichtet und für keinen anderen Zweck. Alles, was die äußere Erscheinung verändern würde, muss mit uns abgestimmt werden“, erklärt Denkmalschützer Oliver Schreiber. Auch der Kassensaal, die Stiegenhäuser und die Bürofluchten dürfen nicht umgebaut werden. Benko zog mit der Bawag bereits einmal einen Deal durch. Ende 2007 verkaufte der damalige Bank-Chef Ewald Nowotny, heute oberster Notenbanker des Landes, ein großes Immobilienpaket an die Signa.

Seit Auffliegen des NSA-Spionageskandals sehen Datenschützer übrigens die Eigentumsverhältnisse bei der Bawag noch viel kritischer. Der „Patriot Act“ erlaube beim leisesten Verdacht auf feindliche oder terroristische Aktivitäten den Zugriff auf Beteiligungen von US-Firmen, wettert Hans Zeger, Obmann der Arge Daten. Über die Zahlungsströme des Bundes könnten sich die USA tiefe Einblicke in die Republik Österreich verschaffen. „Nicht möglich“, kontert Haynes. Die Bawag sei doch „die österreichischste aller österreichischen Banken“.

Von der „Arbeiterbank“ zur Tochter des US-Fonds Cerberus
1922 Gründung der „Arbeiterbank“

1963 Änderung in Bawag, „Bank für Arbeit und Wirtschaft“

1996 Einstieg der BayernLB

1998 Joint Venture mit US-Broker Refco, ein Jahr später Beteiligung an Refco

2004 ÖGB kauft Anteil von Bayern LB zurück und wird Alleineigentümer

2005 Refco bricht zusammen, Bawag-Chef Zwettler tritt zurück, Bund und andere Banken fangen die Bawag auf, ÖGB beschließt den Verkauf

2007 Cerberus erhält für 3,2 Mrd. Euro den Zuschlag

2012 US-Asset-Manager Golden Tree steigt ein

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