Die Steuerparadiese der OMV

ein karibischer strand mit palmen
Die Grünen vermuten Steuerhinterziehung, für den Öl-Multi ist alles rechtens.

Cayman Island, Isle of Man, British Virgin Islands, Jersey, Gibraltar: In der Bilanz des heimischen Mineralölkonzerns OMV findet sich die „Crème de la Crème“ internationaler Steuerparadiese. Gleich zwölf vollkonsolidierte Tochterunternehmen („Limited-Gesellschaften“) weist der Geschäftsbericht aus. Für einen multinationalen Konzern übliche Marktpraxis, finden Aufsichtsräte und Wirtschaftsprüfer. Aufklärungswürdig finden das die Grünen.

Der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz will im Zuge der aktuellen Debatte um die Trockenlegung von Steueroasen genau wissen, was es mit diesen diskreten Briefkastenfirmen auf sich hat: „Da sind lauter Töchter in Steueroasen, und kein Einziger fragt, was tun die eigentlich?“ Für Pilz gibt es nur zwei Gründe, Steueroasen zu nutzen: „Geld verstecken oder Steuern hinterziehen“. Pilz vermutet Steuerhinterziehung im großen Stil. Die Töchter seien nur gegründet worden, um Scheingeschäfte abzuwickeln, das sei illegal. Beweise dafür kann er nicht vorlegen, dies sei Aufgabe der Steuerfahnder.

Anfrage an Fekter

Die Grünen bereiten diesbezüglich eine parlamentarische Anfrage an Finanzministerin Maria Fekter vor. „Das Finanzministerium verzichtet auf Hunderte Millionen an Steuergeld, wir fragen, was dagegen getan wird.“

Die OMV weist den Vorwurf der Steuerhinterziehung entschieden zurück. „Sämtliche österreichische und internationale Gesetze werden von uns eingehalten“, betont OMV-Sprecher Johannes Vetter. Aber was tun diese Firmen? „Sechs davon sind reine Holdinggesellschaften, die im Zuge von Akquisitionen erworben wurden“, klärt Vetter auf. Bei denen würden auch dann keine Steuern anfallen, wenn sie ihren Sitz in Österreich hätten. Bei allen anderen handle es sich um „innerbetriebliche Servicegesellschaften, die nicht gewinnorientiert arbeiten“. Service wofür? „Ein Beispiel: Wir versichern unsere Risiken und Anlagen teilweise selbst und nicht bei externen Versicherungsgesellschaften.“ Die Nutzung sogenannter Captives werde von vielen Multis zur Risikostreuung genutzt.

Die OMV-Tochterfirmen in Steueroasen

Firma Standort
OMV Finance Ltd. Isle of Man
OMV Exploration & Production Limited Isle of Man
OMV of Libya Limited Isle of Man
OMV Dorra Limited British Virgin Islands
OMV Anaguid Ltd. Grand Cayman
OMV South Tunisia Ltd. Grand Cayman
PETROM Exploration & Production Limited Isle of Man
Pearl Petroleum Company Limited British Virgin Islands
Tabulat Oil Corporation BVI Jersey/Channel Islands
Diramic Insurance Limited Gibraltar
Amical Insurance Limited Isle of Man
Adria LNG Study Company Limited Malta

Bereits 2009 warf Pilz der AUA Steuerhinterziehung vor, weil sie durch ein Leasing-Geschäft mit einer Tochter auf der Steueroase Guernsey rund 53 Mio. Euro an Steuern sparte. Die AUA wies die Vorwürfe damals zurück und verwies auf eine in der Airline-Branche „übliche Konstruktion“, die von den Steuerbehörden abgesegnet wurde. „Wenn eh alles korrekt versteuert wird, warum macht man dann so Fake-Konstruktionen in Steueroasen?“ fragt Pilz.

Fall VW

Auch in Deutschland gibt es zunehmend Kritik an den Steuerumgehungsstrategien großer Konzerne. Eine ZDF-Doku zeigte erst kürzlich, wie Volkswagen seine Gewinne über die Niederlande in Steueroasen verschiebt. Weil auf diese Art und Weise dem Staat Milliarden an Steuern entgehen, wird der Ruf nach einer Beweislastumkehr bei der Steuerfahndung laut. Also nicht die Finanz muss beweisen, dass auf Steueroasen Steuern hinterzogen werden, sondern die Firma muss beweisen, dass alles korrekt versteuert wurde.

Das Bankgeheimnis werde im Kampf gegen Steuerbetrug völlig überschätzt, meint der Wiener Steuerrechtsexperte Carl Staringer von der internationalen Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer: „Es ist eine Illusion zu glauben, dass man mit einem Bankgeheimnis Steuerflucht vermeiden kann“, sagt Staringer zum KURIER. Für Unternehmen sei das Bankgeheimnis völlig unbedeutend.

Konzernen gehe es viel mehr um die Verdunkelung und Verschleierung von Vermögenstransfers durch Firmenkonstruktionen wie Trusts oder Limited-Gesellschaften. „Die größten internationalen Steueroasen haben gar kein Bankgeheimnis, sie sind vielmehr Verdunkelungsoasen“, erläutert Staringer.

Österreich als Steueroase zu bezeichnen hält er „für einen völligen Unfug“. Österreich sei ein Hochsteuerland und das Bankgeheimnis für Ausländer seit dem Abkommen mit der OECD 2009 längst weichgeklopft. „Kein Anleger kann in Österreich darauf bauen, unerkannt zu bleiben.“ Der Grund, warum Österreich noch immer auf irgendwelchen Steueroasen-Listen zu finden ist, sei lediglich der fehlende automatische Informationsaustausch.

Transparenz allein, so der Experte, sei im Kampf gegen Steuerflucht aber nur wenig hilfreich, wirksamer wäre eine Harmonisierung der Steuersätze innerhalb der EU. „Aber dazu ist derzeit offenbar niemand bereit“.

Ein wirksamer Schutz vor Steuerflucht ist für Staringer die Aufklärung und Transparenz. „Der Staat muss für Akzeptanz sorgen und seinen Bürgern mehr erklären, wofür die Steuern überhaupt verwendet werden“. Eine solche Aufklärung müsse schon in den Schulen beginnen. In Österreich gibt es ja erste Ansätze dazu. Wichtig für die Steuerehrlichkeit sei aber auch die Abgabenquote. „Je höher die Steuersätze, desto mehr Steuerflüchtlinge gibt es. Niemand zahlt schließlich gerne Abgaben.“

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