Offshore-Leaks: Netzwerke in Steueroasen aufgedeckt

A pair of high heel shoes is placed on shore in front of a yacht during the summer contingent of the Millionaire Fair of luxury goods in Moscow, July 4, 2010. REUTERS/Sergei Karpukhin (RUSSIA - Tags: BUSINESS SOCIETY)
In 2,5 Millionen Dokumenten über weltweite Steueroasen wurden die Namen tausender Menschen veröffentlicht, die dort ihr Vermögen versteckt haben.

Ein Schlagwort beherrscht Medien und Soziale Netzwerke am Donnerstag: Offshore-Leaks. Es soll das größte Datenleck der Geschichte sein. Bislang vertrauliche Dateien belegen die verdeckten Wege von Steuerhinterziehern, um große Vermögen zu verstecken. Eine anonyme Quelle hat die Daten an verschiedene Medien weitergeleitet. Ein Insider spricht von dem "bislang größten Schlag gegen das große schwarze Loch der Weltwirtschaft".

Wie die Süddeutsche berichtet, bringt das Datenleck etliche Steueroasen in Turbulenzen. 130.000 Personen aus 170 Ländern werden in den Unterlagen aufgelistet. Darunter sollen Oligarchen, Waffenhändler und auch Prominente wie der verstorbene Dandy Gunter Sachs sein. Die Datenmenge aus insgesamt zehn Steueroasen umfasst über 2,5 Millionen Dokumente. Damit ist der Umfang 160-mal größer als der der Botschaftsdepeschen, die von WikiLeaks 2010 veröffentlicht wurden.

Zeitraum von 30 Jahren

Die Dokumente umspannen einen Zeitraum von fast 30 Jahren. Sie enthüllen Zahlen, Bilder, Geldtransfers und Verbindungen zwischen Konzernen und Einzelpersonen.

Enthüllt wurden unter anderem die Praktiken von griechischen Steuerflüchtlingen, die etwa 107 Offshore-Firmen auf den britischen Jungferninseln betreiben sollen. Nur vier seien gemeldet, berichtet Spiegel Online. Die griechische Regierung hat bereits Ermittlungen angekündigt. Das Finanzministerium bestätigte am Donnerstag einen entsprechenden Bericht der Zeitung Ta Nea.

Die philippinische Regierung will Vorwürfen gegen die Tochter von Ex-Diktator Ferdinand Marcos nachgehen. Die 57-jährige Imee Marcos soll eine Offshore-Firma auf den Britischen Jungferninseln den Steuerbehörden verschwiegen haben.

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung besitzt auch der Wahlkampfmanager von Frankreichs Präsident François Hollande zwei Briefkastenfirmen auf den Cayman Islands.

Auch Österreicherin auf Liste

Auch das österreichische Finanzministerium will der "Sache nachgehen", so ein Sprecher. Eine Neo-Österreicherin ist laut Huffington Post im Visier der Recherchen: Grammy-Gewinnerin Denise Rich habe Millionen auf den Cook Inseln gebunkert. Die in den USA geborene Rich verdiente viel Geld durch Pop-Hits, die sie u.a. für Celine Dion komponierte. 2011 wurde sie Österreicherin. Dass sie ihre US-Staatsbürgerschaft allein aus Liebe zum Geburtsland ihres Vaters aufgegeben hat, wurde bereits damals heftig angezweifelt. Mit dem Schritt hätte sich Rich etliche Millionen Dollar Steuern gespart, so Kritiker.

In welchen weiteren Umfang Österreicher in der Liste verzeichnet sind, ist noch unklar. Allerdings sollen sich allein in der Schweiz laut Ex-SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter 16 bis 20 Mrd. Euro Schwarzgeld aus Österreich befinden.

Anonymer Hinweis

Ein anonymer Hinweisgeber hatte 2011 die Daten dem Internationalen Konsortium für investigative Journalisten (ICIJ) in Washington übergeben. Die Süddeutsche Zeitung hat die Informationen laut eigenen Angaben unabhängig verifiziert und monatelang ausgewertet. Ebenfalls am Netzwerk beteiligt sind u.a. der Norddeutsche Rundfunk, die Schweizer Sonntagszeitung, die griechische Zeitung Ta Nea, der Guardian und die Washington Post. Von diesem Donnerstag an präsentieren die Medien erste Ergebnisse der Daten-Analysen.

Offshore-Geldbewegungen beschäftigen Ermittler und Regierungen seit Jahren. Wie eine im vergangenen Jahr veröffentlichten Studie belegte, verstecken Superreiche weltweit mindestens 21 Bill. US-Dollar (16,4 Bill. Euro) in Steueroasen, um dem Fiskus zu entgehen. Den Staaten entgingen dadurch pro Jahr Steuereinnahmen von wenigstens 190 Milliarden Dollar (148 Mrd. Euro), heißt es in den Berechnungen von "Tax Justice Network", einer internationalen Vereinigung für Steuergerechtigkeit.

In Deutschland und Österreich wurde der Ankauf von CDs mit den Daten von Steuersündern intensiv diskutiert. Vor allem Länder wie die Schweiz und Liechtenstein stehen dafür oftmals am Pranger. Auch bei der Rettung des Euro-Landes Zypern wurde über Schwarzgeld und Steuerflucht debattiert. Die Europäische Kommission hat als erste Konsequenz die EU-Länder am Donnerstag aufgefordert, das gemeinsame Vorgehen gegen Steuerhinterziehung zu verbessern.

Der 2011 verstorbene Schweizer Playboy Gunter Sachs hat sich gleich mehrerer Steuerparadiese bedient, darunter Panama, Jersey, Britische Jungferninseln, Luxemburg und auch Rarotonga. Die Insel liegt zwischen Neuseeland und Hawaii. Die lange Reise dorthin hat laut Süddeutscher Zeitung sein Berater angetreten. Dieser hat dort sechs Briefkastenfirmen um je 2700 Dollar gegründet, die in eine Scheinkonstruktion eingebettet wurden. Somit blieb der wahre Eigentümer verborgen.

Sachs Nachlassverwalter betonen, dass die Vermögenswerte offengelegt wurden. Die Steuerbehörden meinen, das reiche ohne Nennung der Firmen nicht. Die Erben, seine drei Söhne, durften sich jedenfalls über 470 Mio. Schweizer Franken freuen. Sachs, gebürtiger Deutscher, kam bereits 1976 mit der Finanz in Konflikt. Die deutschen Behörden durchsuchten seine Wohnsitze nach Beweisen, dass sein Hauptwohnsitz nicht in der Schweiz, sondern in Deutschland ist – erfolglos.

Auf der Liste steht auch die älteste Tochter des früheren Diktators der Philippinen, Maria Imelda Marcos. Sie könnte auf den Britischen Jungferninseln einen Teil des außer Landes geschafften Familienvermögens in Milliardenhöhe horten.

Auf den Cook Inseln findet sich eine Gesellschaft der spanischen Kunsthändlerin Carmen Thyssen-Bornemisza, auf den Cayman Inseln wiederum eine Briefkastenfirma von Jean-Jacques Augier, Wahlkampfleiter von Frankreichs Präsident Hollande.

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