Die neue Gas-Strategie der OMV
"Keine Denkverbote", hat ÖVP-Finanzminister Magnus Brunner als Devise ausgegeben, um die Gasversorgung Österreichs unabhängig von Russland zu sichern. Für den bevorstehenden Winter schaut’s nicht so schlecht aus, seit die OMV zusätzliche 40 TWh an Pipeline-Kapazitäten gesichert hat und die Speicher beinahe gefüllt sind. Die teilstaatliche OMV, an der die Republik Österreich über die Staatsholding ÖBAG 31,5 Prozent hält, hat zwar alle ihre Kunden abgesichert, deckt aber nur 45 Prozent des Inlandsmarktes ab.
Genau das ist das Problem. Wie kann die Versorgung des gesamten Landes gesichert werden und was passiert im nächsten Winter? Dafür müssen die Weichen demnächst gestellt werden.
Im Auftrag von Brunner prüft die ÖBAG unter enger Mithilfe des Beraters McKinsey alle Optionen für Österreich. Entscheiden muss dann die Regierung.
Was die Situation so verkompliziert: Es gibt in Österreich keine Steuerungsstelle oder Institution, die für die Versorgungssicherheit des ganzen Landes zuständig ist. Bei der Liberalisierung des Strom- und Gasmarktes hätte die EU diese Aufgabe eigentlich den Regulatoren zugedacht, doch das hat nie funktioniert, siehe E-Control.
Die Strategie der OMV
Die OMV wiederum ist zwar der größte Player am Inlandsmarkt, hat aber eben keinen gesetzlichen Versorgungsauftrag und kann als Unternehmen mit privaten Aktionären nicht für das gesamte Land in die Haftung genommen werden.
Es brauchte den Druck von Regierung und ÖBAG, dass die OMV nun wie berichtet ihre langfristige grüne Chemie- und Kunststoff-Strategie im Sinne der Versorgungssicherheit anpasst und mehr in Gas investiert. Dazu bedarf es aber auch der Zustimmung des Miteigentümers Mubadala (24,9 Prozent).
Reise in die Emirate
Bundeskanzler Karl Nehammer, Finanzminister Brunner und Klima-Ministerin Leonore Gewessler reisen am Nationalfeiertag mit einer Wirtschaftsdelegation wieder in die Emirate (VAE). Wie bei einer ähnlichen Reise im vergangenen März geht es um die Lieferung von LNG (Flüssigerdgas) an Österreich. Sowie um Gespräche mit Mubadala. Ziel sei, erklärte Nehammer, die Versorgungssicherheit Österreichs für 2023/24 zu erhöhen. Die VAE seien "ein wichtiger strategischer Partner, wenn es um Flüssiggas geht".
Mubadala verärgert
Wie man hört, sollen die Aktionäre in Abu Dhabi ziemlich verärgert sein über die OMV-Debatten in Österreich. Kommende Woche wird der OMV-Aufsichtsrat darüber diskutieren, aber noch nichts beschließen.
Der Konzern will sich, hört man aus Aufsichtsratskreisen, auf das Öl- und Gasgeschäft (E&P) in Europa fokussieren und es ausbauen. In Norwegen, Rumänien und Österreich soll die Förderung gesteigert werden. Bis 2030 will die OMV pro Jahr rund 3,5 Milliarden Euro investieren, die Hälfte davon in E&P.
Großer Ausbau
In Österreich, wo die Förderkosten sehr hoch sind, wurde gerade im Weinviertel mit einer konventionellen Probebohrung begonnen, die heimische Produktion von derzeit 5 bis 6 TWh soll erhöht werden. Außerdem wird doch auch Schiefergas geprüft.
In Norwegen wurde lange nichts mehr investiert, dort soll jetzt aber groß ausgebaut werden. Derzeit hat die OMV Zugriff auf 23 bis 24 TWh aus der eigenen Produktion plus Lieferverträge über nochmals 20 TWh. Die Erschließung des riesigen Gasfeldes der OMV-Tochter Petrom im Schwarzen Meer hat mit Investitionen von zwei Milliarden Euro ebenfalls Priorität. Dieses Gas kommt aber nicht direkt nach Österreich.
In Summe verfügt die OMV derzeit um die 80 TWh, das entspricht beinahe dem Bedarf von Österreich. Woran es freilich dringend fehlt, sind die Pipeline-Kapazitäten.
Im Gegenzug könnte die OMV E&P-Projekte außerhalb Europas verkaufen, etwa in Malaysien und Neuseeland. Ein Konsortium, das die Mehrheit am gesamten Öl- und Gasgeschäft übernehmen wollte und angab, die Gas-Versorgung Österreichs garantieren zu können, hat sich wie berichtet vergangene Woche aufgelöst.
Verstaatlichung?
Eine Option, die von der ÖBAG geprüft wird, ist die Verstaatlichung der OGMT, der Gashandels-Tochter der OMV. Der Handel mit Gas ist anders als E&P nicht das große Geschäft, im ersten Halbjahr 2022 fuhr die OMV damit 20 Millionen Verlust ein.
Die OGMT könnte aus der OMV herausgelöst werden und unter das Dach der Staatsholding kommen. Das Unternehmen wäre dann für den Gashandel für ganz Österreich zuständig. An der OGMT hängen allerdings auch die Langfrist-Verträge mit Russlands Gazprom. Fraglich, ob der Staat diese auch übernehmen würde.
Geprüft wird auch eine Einbeziehung der Netzgesellschaft AGGM (Austrian Gas Grid Management), die mehrheitlich dem Verbund gehört. Sie herauszukaufen wäre allerdings sehr teuer, außerdem ist der Verbund ohnehin mehrheitlich staatlich. Die OMV verscherbelte ihr Gasnetz unter Rainer Seele an Verbund und Allianz Versicherung. Bis Ende des Jahres sollen ÖBAG und McKinsey konkrete Vorschläge vorlegen.
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