Beigelegt war das Schreiben des New York State Common Retirement Fund, eines der größten staatlichen Pensionsfonds der USA.
„Taktische Anpassungen“
Mail und Schreiben liegen dem KURIER vor.
Garrett bezieht sich (in englischer Sprache) auf den Brief des Fonds als ein Beispiel für das laufende Feedback, „das wir von unseren internationalen Investoren bekommen“. In diesen schwierigen Zeiten müsse die OMV das nationale und internationale Feedback ausbalancieren. Er glaube nach wie vor, dass sich die OMV in ihrer langfristigen Strategie in eine nachhaltige Zukunft bewegen müsse, aber zweifellos müsse man taktische Anpassungen auf dem Weg dorthin machen. „Wir müssen akzeptieren, dass der 24. Februar die Dinge verändert hat und taktische Anpassungen erfordert, aber wir dürfen die Sicht auf die langfristigen Realitäten auch nicht verlieren“, schreibt Garrett.
Die OMV hat, auch durch ihre dürftige Kommunikation, die Geduld der Regierung und das Vertrauen in ihre Problemlösungskompetenz ziemlich strapaziert. Jetzt sollen konkrete und rasch umsetzbare Lösungen vorgelegt werden, was der Konzern beitragen kann, um Österreichs Gasversorgung zu sichern. Dass Russland in absehbarer Zeit wieder ausreichend Gas liefert wie vor dem Ukraine-Krieg, ist wenig realistisch. Die Förderung von Tiefengas in Niederösterreich kann bis 2025 auch noch keinen Beitrag leisten, soferne es überhaupt dazu kommt.
In einer Situation wie dieser könne der Konzern nicht stur den eingeschlagenen grünen Weg weiterfahren und die Interessen des Kapitalmarktes bedienen, heißt es aus Aufsichtsratskreisen. Die OMV selbst hat für den Winter für ihre Kunden bereits vorgesorgt, die Speicher sind zu mehr als 90 Prozent voll, dazu kommen wie berichtet 40 TWh an zusätzlichem Gas und Pipeline-Kapazitäten aus Norwegen.
Die OMV hat allerdings nur rund 45 Prozent Marktanteil in Österreich. Die Speicher der zur EVN gehörenden RAG sind erst zu 50 Prozent gefüllt. Hier könnte die OMV helfen, diese Speicher rascher zu füllen. Darüber hinaus wird eine engere Kooperation im E&P-Bereich (Exploration & Produktion) mit Norwegen ventiliert. Die OMV fördert in einer Partnerschaft bereits in Norwegen. Auch eine Neu-Aufstellung des Gashandels mit staatlicher Beteiligung wird überlegt.
Derzeit sind noch keine Entscheidungen gefallen. Das Unternehmen fährt Milliardengewinne ein, finanziell ist die Unterstützung der Republik jedenfalls kein Problem. Die österreichische Seite wird dazu auch das Gespräch mit dem Syndikatspartner und zweitgrößten Aktionär Mubadala (Abu Dhabi) suchen.
Stern-Abgang derzeit kein Thema
Von einer vorzeitigen Abberufung des OMV-Chefs ist derzeit keine Rede. In Eigentümerkreisen denkt man nicht daran, mitten in der Krise den CEO auszuwechseln. Auch bei Mubadala habe Stern Rückhalt, hört man. Belegschaftsvertreter aus dem E&P-Bereich sowie Kreise um Ex-OMV-Chef Rainer Seele schießen seit Monaten gegen Stern und Garrett. Intern gehört auch der für Öl und Gas zuständige Noch-Vize-Chef Johann Pleininger, dessen Vertrag nicht verlängert wird, zu den schärfsten Kritikern.
Seele-Gutachten
Der Aufsichtsrat der OMV trifft sich wie berichtet am 6. September zu einem Workshop im Loisium in Langenlois. Die Aufsichtsratssitzung findet am Tag darauf statt. Auf der Tagesordnung stehen dann auch die Prüfungsergebnisse der Anwaltskanzlei über die Ära Seele. Das Gutachten dürfte zu keinen Konsequenzen führen, da Seele keine Verfehlungen nachzuweisen sind.
OMV auf Watchlist
Wie sehr sich die börsennotierte OMV im Spannungsfeld der unterschiedlichen Interessen befindet, zeigt sich am Brief des US-Fonds klar, der in die OMV investiert ist. Die OMV erhält, hört man aus dem Unternehmen, regelmäßig solche Schreiben. Vor allem US-Fonds, aber auch europäische Finanzinvestoren haben mittlerweile strikte Vorgaben für grüne Investments.
Absender ist Thomas P. DiNapoli, als State Comptroller des Staates New York für die Prüfung der Fondsgebarung zuständig. Er schreibt mit Datum 15. August, der Fonds kontaktiere Unternehmen, wenn man Geschäftspraktiken identifiziere, die Veranlagungen einem „unangemessenen Risiko“ aussetzen könnte. Die OMV sei auf die Watchlist gesetzt worden, da sie gemäß den Benchmarks von Morgan Stanley Capital Investment als Öl- und Gaskonzern gelte.
Der Fonds wolle jedoch sein Portfolio auf Investments umstellen, die sich bis 2040 zu Null-Emissionen verpflichten. DiNapoli beruft sich auf die Reduktion der Treibhaus-Gase gemäß den Pariser Klimazielen. Sollte die OMV dem nicht entsprechen oder keine praktikablen Übergangsstrategien haben, könne sie den Anlagebeschränkungen unterliegen.
Der Fonds verwaltet derzeit für 675.000 Aktive und 455.000 Pensionisten Assets von rund 278 Milliarden Dollar.
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