Die fünf dringlichsten Maßnahmen zur Reform der Lehre

Die fünf dringlichsten Maßnahmen zur Reform der Lehre
Analyse: Im Kampf gegen den Fachkräftemangel werden neue Lehrberufe und eine Digitalisierung der Inhalte nicht ausreichen.

International ein Vorzeigemodell, im Inland in der Krise: Das österreichische Lehrlingssystem muss schleunigst reformiert werden. Die politisch heikle Bleibedebatte um jugendliche Asylwerber ist da nur ein Nebenschauplatz, wenn auch ein heiß diskutierter. Die Zahl der Lehrlinge sinkt seit Jahren, jene der Lehrbetriebe ebenfalls (siehe Grafik unten). Zwar gibt es heuer konjunkturbedingt wieder mehr Lehranfänger, für eine Trendwende muss aber kräftig nachgeholfen werden. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck lädt im Herbst die Sozialpartner zu einem Fachkräftegipfel, um die Probleme anzupacken. Der KURIER fasst die wichtigsten Maßnahmen zusammen:

1. Bessere Vermittlung

Der Lehrlingsmangel ist im Westen und Oberösterreich besonders ausgeprägt, während es in Wien einen Lehrlingsüberhang gibt. Die Vermittlung aus Wien hinaus ist bei Minderjährigen zwar schwierig, aber auch bei den Älteren funktioniert sie aus vielen Gründen nicht. Hier müssen neue Lösungen her, etwa zusätzliche finanzielle Anreize. Das Wirtschaftsministerium will zudem 3000 der derzeit 8600 Asylberechtigten unter 25 Jahren für die Lehre gewinnen. Das kostet Geld, denn ohne entsprechende Qualifizierung wird es nicht gehen.

8000 Jugendliche befinden sich in der überbetrieblichen Lehre (ÜBA), weil sie für die betriebliche meist nicht entsprechend qualifiziert sind. Die Regierung nimmt die Lehrwerkstätten jetzt in die Pflicht, schneller in Betriebe zu vermitteln. Um Wechselanreize zu schaffen, wurde die Lehrlingsentschädigung für über 18-Jährige in der ÜBA gekürzt. „Hier müssen alle stärker als bisher aktiv werden“, sagt Schramböck. Ein Weg wären mehr Lehrlingscastings.

2. Moderne Inhalte

Lehrberufe überarbeiten und „ins digitale Zeitalter“ holen, steht im Regierungsprogramm. Ein Dutzend neuer bzw. adaptierter Lehrberufe wurde bereits geschaffen. So startet die Post 2019 den Lehrberuf Nah- und Distributionslogistiker und bietet rund 100 Stellen. Die Wirtschaftskammer setzt auf die „triale Ausbildung“. Zur praktischen und theoretische Ausbildung soll ein dritter Bildungspartner digitale Inhalte vermitteln. Die Arbeiterkammer will generell die Ausbildungsqualität verbessern, wozu auch die Arbeitsbedingungen gehören. „Besonders die Gastronomie hat hier ein Imageproblem“, meint AK-Arbeitsmarktexpertin Silvia Hofbauer.

3. Lehre nach der Matura

Experten predigen es schon seit Jahren: Die Lehre darf keine Einbahnstraße sein, die Verschränkung mit anderen Bildungswegen muss einfacher werden. Während das Modell „Lehre mit Matura“ (ausbildungsbegleitender Erwerb der Berufsreifeprüfung, Anm.) schon länger existiert und von ca. 10.000 Jugendlichen absolviert wurde, soll die „Lehre nach Matura“ neue Zielgruppen ansprechen. Ein Quereinstieg sollte rasch leichter möglich sein.

Mehr Geld

Auch wenn die betriebliche Ausbildung immer noch eine Ausbildung und kein Beruf ist: Der Wettbewerb mit den Schulen und zwischen den Betrieben wird angesichts des Geburtenrückgangs noch härter. Die Lehrlingsentschädigungen insbesondere in Dienstleistungsberufen sind, speziell für ältere Quereinsteiger, wenig attraktiv. Volljährige kommen mit dem Geld nicht aus und wählen lieber Hilfsjobs, um über die Runden zu kommen. Um als Arbeitgeber attraktiv zu sein, braucht es mehr Lehrlingsinitiativen wie etwa den „Tag der offenen Hoteltür“ in der Hotellerie.

Mehr Lehrplätze

Letztlich braucht es für neue Lehrberufe auch Ausbildungsplätze. Nahmen 2010 noch 37.600 Unternehmen Lehrlinge auf, so waren es im Vorjahr nur noch 28.800. Der Strukturwandel macht sich hier ebenso bemerkbar wie der Boom bei Ein-Personen-Unternehmen besonders in Wien. Damit kleine Betriebe nicht die gesamte Ausbildungslast tragen müssen, sollte die gemeinsame Ausbildung im Rahmen von Ausbildungsverbünden gefördert werden.

 

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