Bleiberecht oder Abschiebung: Wie geht's nach Lehre weiter?

Bleiberecht oder Abschiebung: Wie geht's nach Lehre weiter?
Vizekanzler Strache will Negativ-Bescheide nach Lehrabschluss durchziehen. WKÖ-Präsident Mahrer plädiert für Bleiberecht.

1023 Asylwerber machen gerade eine Lehre - und sollen diese auch beenden dürfen, so die Zusage der Regierung am Montag. Nur: Was geschieht dann mit ihnen?

In dieser Frage scheiden sich bei ÖVP und FPÖ offenbar noch die Geister, wie der direkte Vergleich des ORF-Sommergesprächs mit Vizekanzler Heinz-Christian Strache und ein Interview im mit Wirtschaftskammer-Präsident und Ex-ÖVP-Wirtschaftsminister Harald zeigt. 

Für die bereits in erster Instanz abgelehnten Asylwerber in Lehre sollte eine Lösung gefunden werden, damit sie einen Abschluss machen können. Aber: "Wenn das rechtlich nicht möglich ist, dann geht es nicht", sagte  Strache.

Bleiberecht oder Abschiebung: Wie geht's nach Lehre weiter?

Und er betonte, dass die asylrechtliche Entscheidung unter allen Umständen zu vollziehen sei: "Es kann nicht sein, dass jemand seinen Aufenthalt über eine Lehre verfestigt hat und damit ein Hintertürl aufgemacht bekommt."

Damit spricht er die Möglichkeit im Asylrecht an, ein humanitäres Bleiberecht zu gewähren. Und auf Nachfrage von Moderatorin Nadja Bernhard schließt er dieses für die aktuell betroffenen Fälle prompt aus: "Wer rechtskräftig den Bescheid bekommt, kein Asylrecht zu haben, der muss unser Land verlassen."

Mahrer verweist auf Bleiberecht

WKO-Präsident und Kurz-Intimus Harald Mahrer sieht die Sache anders als Strache: Er wies im am Dienstag explizit darauf hin, dass es für gut integrierte Lehrlinge ja schon im bestehenden Gesetz die Option des Bleiberechts gibt.

"Wenn man möchte, und man willig ist, kann man schon in der jetzigen Systematik ein humanitäres Bleiberecht aussprechen", sagte er in Bezug auf Lehrlinge, die aktuell von einem Negativ-Bescheid betroffen sind. Obwohl es freilich auf die Einzelfallbetrachtung ankomme, wie er betont. In vielen Fällen würden aber die Vorteile eines Bleiberechts überwiegen.

Integration als Faktor

Humanitäres Bleiberecht wird gewährt, wenn zwar kein Asylgrund und kein Recht auf subsidiären Schutz besteht, der Betreffende aber schon seit Jahren in Österreich lebt, sich integriert hat, einen Job hat und in seinem Umfeld verwurzelt ist. In der Regel geht man davon aus, dass dies nach fünf Jahren der Fall ist.

Grundlage dafür ist die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK): Demnach muss geprüft werden, ob der Schutz des Familien- und Privatlebens gegenüber dem Interesse des Staates an einer Abschiebung überwiegt.

Dieser Aufenthaltstitel wird vom Innenministerium - und im Beschwerdefall in zweiter Instanz vom Asylgericht - gewährt: Heuer wurden rund 8500 entsprechende Anträge behandelt, in knapp 1000 Fällen gingen diese rechtskräftig positiv aus. Im Vorjahr gab es bei knapp 11.000 Anträgen nur 1600 positive.

Ein humanitäres Bleiberecht ist dauerhaft. Es kann nur verfallen, wenn die Polizei ein Aufenthaltsverbot für das Staatsgebiet verhängt, etwa nach schweren Straftaten.

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Mahrer unterstützt Aufenthaltstitel für Lehrlinge

Auf lange Sicht wünscht sich Mahrer "ein Gesamtwerk an Lösungen" und fordert Tempo. "Ich bin der Meinung, dass man das extrem schnell erarbeiten soll. Wir stehen der Regierung mit Rat und Tat zur Seite"; betont der Wirtschaftskammer-Boss. So befürwortet er den Vorstoß der Regierung, über die Rot-Weiß-Rot-Karte einen Aufenthaltstitel für Lehrlinge aus Drittstaaten zu schaffen, um so den Fachkräftemangel zu bekämpfen.

Nach geeigneten Kräften müsse man aktiv suchen: "Wir werden auf Märkte gehen, wo das Qualifizierungsniveau ähnlich ist wie bei uns, damit Betriebe keinen zu hohen Nachholbedarf haben, die Ausbildungslücke zu schließen." Infrage kämen da auch Länder in Südostasien oder im Nahen Osten.

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