"Die Fahrzeuge müssen sexy sein"

Marc Boderke, neuer Österreich-Chef von Mercedes-Benz.
Der neue Österreich-Chef Marc Boderke will Image der Marke aufpolieren und Preise reduzieren.

KURIER: Sie sind seit Juni neuer Chef von Mercedes-Benz in Österreich. Sind Sie schon mit dem Markt vertraut?

Marc Boderke: Wir haben hier eine Situation, die ein bisschen speziell ist. Normalerweise sind wir, was den Absatz betrifft, in einzelnen Ländern die Nummer eins oder wir liefern uns ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Nummer eins. In Österreich sind wir aber weit abgeschlagen die Nummer drei (Mercedes 4,5 Prozent Marktanteil, Audi und BMW je 5,8 Prozent, Anm.). Wir haben uns daher ein Maßnahmenpaket vorgenommen, um die Situation zu ändern.

Wie sehen die Maßnahmen aus?

Wir haben unsere Preispositionierung deutlich nachgeschärft. In der Vergangenheit haben wir die Preise an der deutschen Liste orientiert, was natürlich dem Markt in Österreich nicht Rechnung getragen hat. Da waren wir stellenweise nicht attraktiv. Schieflagen haben wir nun korrigiert, wir orientieren uns ausschließlich am heimischen Marktumfeld.

Das heißt konkret: Um wie viel wurden die Autos billiger?

Es gibt nicht höhere Rabatte. Wir sind z. B. deutlich unterrepräsentiert, was das Flottengeschäft betrifft. Da überdenken wir jetzt etwa unseren Mengenrabatt. Und neben der neuen Preisliste sind wir flexibler geworden. Bei den Promotions hatten wir in der Vergangenheit eine sehr spitze Vorgehensweise; das heißt, wir haben ein Sondermodell ins Zentrum unserer Aktivitäten gestellt. Wenn der Kunde aber das Modell mit einem anderen Motor oder Antrieb wollte, ist er leer ausgegangen. Da gehen wir nun z. B. mit dem Mercedes-Bonus deutlich in die Breite. So kann jeder in den Genuss der Verkaufsförderung kommen.

Der Preis alleine ist aber nicht unbedingt entscheidend...

Wesentlich ist die Markenwahrnehmung. Im letzten Jahrzehnt hat Mercedes-Benz eine dramatische Wandlung durchgemacht. Wenn Sie unsere Produkte, die wir vor zehn Jahren auf den Markt brachten, mit jenen von heute vergleichen, sind das zwei verschiedene Welten. Wir legen heute auf Fahrspaß und Emotionalität wert, die Fahrzeuge müssen sexy sein und die allerneueste Technik beinhalten. Vor 10, 15 Jahren war ein Mercedes-Benz noch ein konservatives Fahrzeug in der Wahrnehmung. In Österreich haben wir die Situation, dass dieses Hutfahrer-Image noch ein Stück weit im Raum steht. Das ist in anderen Märkten nicht mehr der Fall.

Ist es in anderen Ländern wirklich besser?

In Japan zum Beispiel haben wir 2011 die S-Klasse eingeführt, die 15 Sekunden lang autonom fahren kann. Das hat einen großen Eindruck gemacht. Sie wurde zum Must-Have-Produkt, das coolste, das man sich nur vorstellen kann. Und in Kanada wurden wir 2011 zur fünftbeliebtesten Marke gewählt, Mercedes-Benz war sogar beliebter als Apple. So weit sind wir in Österreich noch nicht. Generell hinkt Europa in der Veränderung der Markenwahrnehmung hinterher. Wir wollen nun mutiger kommunizieren, was unsere Marke kann und was der Sex-Appeal von Mercedes-Benz ist. Da sind wir in der Vergangenheit zu verhalten unterwegs gewesen.

Japan ist sehr Technik-affin. In Österreich wollen die Menschen doch wohl eher Herr über ihr Fahrzeug bleiben.

Die Freude wird mit dem Angebot kommen. Viele Technologien wird man erst gut finden, wenn man sie ausprobieren kann. Navigationssysteme wurden zu Beginn in den 90er-Jahren auch stark hinterfragt. Ich selbst habe damals gesagt, wie blöd muss man sein, keine Karte lesen zu können, dass man so etwas braucht. Heute möchte ich nicht mehr darauf verzichten. Und dasselbe ist bei unseren Autos im Stop and Go-Verkehr, wenn man sich nicht mehr aufs Fahren konzentrieren muss. Da kommt man signifikant entspannter an, wenn man das Auto den Job machen lässt. Am Ende des Tages will das keiner mehr missen. Wir wollen aber niemandem die Technologie aufzwingen, jeder soll immer selbst entscheiden können, wann er fahren möchte und wann das Auto übernehmen soll.

Wie wollen Sie die Österreicher davon genau überzeugen?

Mercedes-Benz ist in Österreich nicht das Auto von einem coolen Technologieunternehmer, sondern das klassische Geschäftsführerfahrzeug. Wir wollen deutlich mutiger über Technologien sprechen und ein Stück weit ungewohnter auftreten – nicht nur unser Logo präsentieren, sondern raus aus dem Schauraum. Wir wollen nicht mehr als exklusiv oder abgehoben wahrgenommen werden. Unsere Fahrzeugpalette ist mittlerweile so breit, da ist wirklich für jeden das passende Auto dabei.

Bis wann wollen Sie ihre Ziele erreichen?

Wir müssen 50 Prozent wachsen, um in die Nähe der Nummer eins-Position zu kommen. Dafür wollen wir keinesfalls länger brauchen als bis 2020. Wir brauchen dazu neue Kunden, sonst gibt es kein Wachstum. Das bedeutet auch, gemeinsam mit den Händlern die Kapazitäten zu erweitern. Moderne Showrooms sind aus unserer Sicht ein wichtiger Bestandteil. Es darf hier keinen Bruch in der Markenwahrnehmung geben.

Wie reagieren die Händler drauf, wenn Sie viel Geld in die Hand nehmen müssen?

Wir haben einen sehr intensiven und engen Dialog. Wir haben relativ große Händlergruppen, die sind im Moment alle extrem amused. Weil sie sehen das Wachstumspotenzial.

Wie sehr profitieren sie vom VW-Skandal?

Man kann hier keine direkte Verbindung zum Abgasskandal ziehen. Für uns ist wichtig, dass wir überproportional wachsen, seit Jahresbeginn um 15 Prozent.

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