Verbrenner-Streit beigelegt, Deutschland stimmt EU-Kompromiss zu

Symbolbild
Ab 2035 wird es eine neue Fahrzeugklasse geben: Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, die nur klimaneutrale Kraftstoffe tanken, sollen so auch nach 2035 zugelassen werden können.

Deutschland hat sich im Streit um die Zukunft von Autos mit Verbrennungsmotor mit der EU-Kommission geeinigt. Das teilten Deutschlands Verkehrsminister Volker Wissing und EU-Kommissionsvize Frans Timmermans am Samstag mit. Die Einigung sei am späten Freitagabend erfolgt, teilte Wissing mit. Man habe den Weg dafür freigemacht, dass Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, die ausschließlich klimaneutralen Kraftstoffe tanken, auch nach 2035 neu zugelassen werden können.

Erfreut zeigte sich Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) "Das ist es, was wir wollten und wofür wir uns eingesetzt haben", so Nehammer in einer Aussendung. Österreich hatte in den letzten Wochen Seite an Seite mit Deutschland gegen ein Verbot von Verbrennungsmotoren ab 2035 gekämpft.

"Es geht um Fortschritt, nicht um Verbote. Der Verbrennungsmotor hat Zukunft, wenn wir ihn zum grünen Verbrenner machen und Technologien wie E-Fuels oder Wasserstoffantriebe weiterentwickeln", erklärte der Kanzler. "Es ist gut und richtig, dass die EU-Kommission nun eingelenkt hat", sagte Nehammer. "Damit bleibt der Weg offen für fortschrittliche und klimafreundliche Technologien beim grünen Verbrennungsmotor."

Österreichs Klimaministerin Leonore Gewessler ist da skeptischer: "Es ist gut, dass es nun eine Einigung gibt und damit der Weg in Richtung CO2-neutrale Mobilität nicht weiter blockiert wird. Und dass nun auch Deutschland der Verordnung unverändert zustimmen wird. Ab 2035 werden 100 Prozent der Autos emissionsfrei sein müssen. Die Autoindustrie hat sich bereits entschieden: E-Autos sind die effizientere Lösung. E-Fuels werden wir im Flug- und Schiffverkehr brauchen, das ist klar. Dass es aber jetzt ein Schlupfloch braucht, um die Zustimmung der Bremser und Blockierer, die einer alten fossilen Ideologie nachtrauen, zu bekommen, ist schade und wird Europas Autoindustrie schwächen. Dennoch bin ich froh, dass wir die wochenlange Blockade nun ausräumen konnten."

Konkreter Zeitplan

Laut Wissing wurden konkrete Verfahrensschritte und ein konkreter Zeitplan verbindlich fixiert. "Wir wollen, dass der Prozess bis Herbst 2024 abgeschlossen ist." Timmermans twitterte: "Wir haben mit Deutschland eine Einigung über die künftige Verwendung von E-Fuels in Autos erzielt." Man werde jetzt daran arbeiten, dass die Verordnung über CO2-Standards für Autos so schnell wie möglich verabschiedet werde.

Europaparlament und EU-Staaten hatten sich bereits im Oktober darauf geeinigt, dass in der EU ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden dürfen.

Für Deutschland ist es aber wichtig, dass auch danach noch Neuwagen mit Verbrennungsmotoren zugelassen werden können, die E-Fuels tanken - also klimaneutrale künstliche Kraftstoffe, die mit Ökostrom erzeugt werden. Eine für Anfang März vorgesehene Bestätigung der Einigung durch die EU-Staaten wurde daher von Deutschland zunächst verhindert. Seitdem verhandelten Deutschlands Verkehrsministerium und EU-Kommission über einen Kompromiss.

E-Fuels werden bisher kaum produziert und gelten als knapp, teuer und ineffizient. Daher sollen sie nach dem Willen der EU-Kommission vor allem für den Schiffs- oder Flugverkehr reserviert werden, der nicht direkt mit Strom betrieben werden kann. Einer Studie des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) reicht die 2035 erwartete Produktionsmenge nicht aus, um allein den Bedarf in diesen Bereichen zu decken. Für Pkw bliebe dann ohnehin nichts übrig, selbst wenn alle erhofften Produktionskapazitäten ausgeschöpft werden könnten.

"Schwierige Zeichen"

Viele EU-Partner hatten irritiert auf das deutsche Verhalten in dem Streit reagiert. Am Donnerstag sprach etwa der lettische Ministerpräsident Krisjanis Karins am Rande des EU-Gipfels vor laufenden Kameras von einem "sehr, sehr schwierigen Zeichen für die Zukunft". Es sei verwunderlich, dass eine Regierung sich plötzlich anders entscheide, nachdem eine Vereinbarung bereits getroffen worden sei.

Karins warnte: "Die gesamte Architektur der Entscheidungsfindung würde auseinanderfallen, wenn wir das alle tun würden." Hinter vorgehaltener Hand äußerten sich Diplomaten in Brüssel deutlicher. Sie werfen Deutschland einen Vertrauensbruch vor.

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