Deutsche "Aktienpension" ein Vorbild für Österreich?
Der höchst unangenehme Mix aus einer historisch hohen Inflation, den kräftig gestiegenen Zinsen samt einem mehr als schwachen Wirtschaftswachstum hat das Thema Pensionsvorsorge zurück aufs Tapet gebracht.
Ein KURIER-Artikel über die neue deutsche „Aktienpension“, bei der Berlin über einen Staatsfonds Milliarden auf dem Kapitalmarkt investiert, um aus den Erträgen künftig das Rentensystem zu stabilisieren, ist unter heimischen Experten auf reges Interesse gestoßen.
Auch hierzulande sind nicht wenige Fachleute der Ansicht, dass der Staat mehr auf dem internationalen Kapitalmarkt wagen könnte. Sei es im eigenen Bereich nach deutschem oder skandinavischem Vorbild zur Absicherung des Umlagesystems oder im privaten Bereich durch neue Förderungen für die Altersvorsorge. Nicht zuletzt ÖVP-Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm, aber auch Politiker der Neos, unterstützen diesen Weg.
Aus der Wirtschaft sieht Herbert Houf, Präsident der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (KSW), im KURIER-Gespräch entsprechenden Handlungs- und Anpassungsbedarf im österreichischen Pensionssystem gegeben. Das belege für ihn die hohe Zahl an Pensionsantritten aus der Baby-Boomer-Generation sowie die fortschreitende Alterung der Gesellschaft insgesamt.
Houf erinnert an die Reform zur Regierungszeit von ÖVP-Kanzler Wolfgang Schüssel: „Die letzte Pensionsreform ist 20 Jahre her. Damals war sie hoch umstritten. Heute weiß man, ohne diese Reform wäre das System schon lange am Ende.“
Nach Ansicht des Steuerexperten „müsste man bei allen drei Pensionssäulen etwas tun. Einen staatlichen Kapitalstock aufzubauen, der das System stützt, wie das die Deutschen derzeit machen, ist sicher ein Weg“.
Und im privaten Bereich hält Houf „den Ansatz eines steuerlich geförderten Vorsorgedepots für grundsätzlich gut und richtig. Wenn man dabei Investitionen in ökologisch sinnvolle Projekte besonders begünstigt, hätten wir eine echte Win-Win-Situation“.
Letztlich sei aber „jedes Modell, das einen Beitrag leistet, um das Pensionssystem in Zukunft zu stabilisieren, zu unterstützen. Wie beim Klimawandel kann man sagen: Derzeit geht es noch irgendwie, aber mit jedem Tag, der verstreicht, steigt die Dringlichkeit des Handlungsbedarfs und werden notwendige Maßnahmen umso schärfer ausfallen müssen“, prophezeit Houf.
Dabei müsste über den „ideologischen Schatten“ gesprungen werden. Es gelte das Thema Kapital und Eigenkapital „endlich zu entideologisieren und enttabuisieren.“
Ganz ähnlich argumentiert und wirbt der Chefanalyst der Erste Group, Friedrich Mostböck, für die langfristige Pensionsvorsorge über den Kapitalmarkt, wie es Deutschland mit seinem Staatsfonds jetzt beginnt und etwa Norwegen schon seit Jahrzehnten macht. Umgelegt auf Österreich hätten laut Mostböck schon seit den ersten Privatisierungen – OMV 1987 oder Verbund 1988 und viele folgend – alle Privatisierungserlöse und Dividenden aus den staatsnahen Betrieben international veranlagt werden müssen. „Dann wären wir Österreicher faktisch pro Kopf über die letzten Jahrzehnte schon deutlich reicher geworden und Erlöse wie Dividenden nicht in einem ’schwarzen Loch’ des Staatshaushalts verschwunden.“
Es sei aber nie zu spät, meint der Experte und lobt diesbezüglich das deutsche Vorgehen ab diesem Jahr. Mostböck: „Das Problem ist nur: So wie ich Österreich kenne, würde man sich zunächst einmal mit den Vorstandsbesetzungen eines solchen staatlichen Pensionsfonds beschäftigen.“ Nach bisherigen Erfahrungen würden hierfür aber wieder nur die parteinahen „Finanzprofis“ in Frage kommen – was den möglichen Erfolg des Unterfangens in Frage stellt.
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