"Starkes Selbstvertrauen, aber kein G’schichtl-Drucker, ein knallharter Sanierer, geht an Grenzen, die anderen zu riskant wären und kennt auch Grauzonen", so schildert ein Spitzenbanker den Mann, der Europas größten Motorradhersteller KTM sanieren will.
Er traut Stephan Zöchling (demnächst 53), zu, es zu schaffen, "der Mann kann was, das hat er bewiesen".
Der KURIER erreicht den Florett-Fechter am Sprung nach Indien, zum KTM-Miteigentümer Bajaj. Die Inder, Marktkapitalisierung 42 Milliarden Dollar, sollen mithelfen, die dringende Kapitalerhöhung von bis zu 900 Millionen Euro für KTM zu stemmen. "Ich gehe davon aus, dass Bajaj seinen Beitrag leistet", hofft Zöchling.
Wie kam Zöchling überhaupt in die Rolle des KTM–Sanierers? "Ich habe Pierer angerufen und gefragt, ob er Hilfe braucht. Er hat gesagt, reden wir." Das habe er in seiner Zeit als Investmentbanker auch so gehandhabt, „es war ganz normal, jemanden anzurufen, ob er Unterstützung braucht“. Natürlich seien bei KTM Managementfehler passiert, "aber man muss auch sehen, was Pierer seit 1989 aus der Firma gemacht hat".
Pierer war kein Unbekannter, Zöchlings Auspuffschmiede Remus ist KTM-Zulieferer. Hilfreich war, dass ein Freund, der langjährige DO&CO-Finanzvorstand Gottfried Neumeister, bereits an Bord war.
Einer, der Zöchling gut einschätzen kann und ihm die Sanierung auch zutraut, ist der Bau-Industrielle Hans Peter Haselsteiner: "Ich glaube, dass Stephan Zöchling sowohl die Kapazität als Sanierer als auch als Unternehmer mitbringt für eine solche Aufgabe.“ Sehr konsequent und direkt sei Zöchling, "was ihm nicht nur Freunde bringt". Haselsteiner ist Miteigentümer von Remus, dem Vorarlberger Metallverarbeiter Erne und einem Logistikpark in Hirschstetten.
Nach sieben Russland-Jahren kehrte Zöchling nach Österreich zurück, wegen seiner drei Töchter. "Ich hatte durch Zufall von Remus und der fast insolventen Erne erfahren und dachte, ein Projekt wird mir schon gelingen. Dann wurden es beide, in sechs Monaten war ich von null auf 1.800 Mitarbeiter gewachsen. Haselsteiner finanzierte, ich managte", sagt Vielarbeiter Zöchling, der oft schon um fünf Uhr früh Mails verschickt. Beide Unternehmen prosperieren heute.
Sein Engagement für den Oligarchen Oleg Deripaska und den Russland-Unternehmer und einstigen Putin-Versteher Siegfried Wolf, unter dem er schon bei Magna jobbte, brachte Zöchling viel Kritik und Misstrauen ein, in heimischen Wirtschaftskreisen galt er als "Wolfs Mann fürs Grobe". "Er hat bei den Projekten für die Olympia-Stadt Sotschi Wolf den A... gerettet, mit Hilfe der Strabag", erinnert sich ein Baumanager.
Deripaska und Wolf hatten Milliarden-Aufträge erhalten, die jedoch im Chaos zu versinken drohten. Zöchling ging 2014 auch als Vorstand in Deripaskas Bausparte. Der brillante Netzwerker saß im Aufsichtsrat von Rusal, dem weltgrößten Aluminiumhersteller.
Den Erwerb der Reste der Europa-Tochter der russischen Sberbank um kolportierte 240 Millionen Euro verdankt er seinen guten russischen Kontakten. Doch der von ihm eingefädelte Versuch, die Anteile von Deripaska an der Strabag auf die RBI zu übertragen, scheiterte.
Dass seine damalige zweite Ehefrau, Brigitta Zöchling-Jud, 2013 in den sich selbst erneuernden Aufsichtsrat der Staatsholding ÖIAG kam, war kein Zufall. Vize-Aufsichtsratschef war, erraten, Siegfried Wolf. Die Juristin ist heute Dekanin der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Uni Wien und Partnerin in der Kanzlei von Zöchling-Freund Haig Asenbauer. Seines Zeichens Stiftungsvorstand von Niki Lauda und Attila Dogudan und den drei Zöchling-Stiftungen. "Er ist einfach ein großartiger Netzwerker und kann Leute zusammenbringen und überzeugen", konstatiert Asenbauer.
Zöchling war in erster Ehe übrigens mit einer Tochter der Industrie-Dynastie Schrack verheiratet, die zuvor mit Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann verheiratet war.
Von seinem Trauzeugen und Mentor Wolf hat sich Zöchling seit Sotschi emanzipiert. Mit Deripaska habe er keinen Kontakt mehr, sagt Zöchling. Jetzt zieht er seine Deals alleine durch. "Wolf hat damit überhaupt nichts zu tun, absoluter Blödsinn", dementiert er Gerüchte, bei KTM agiere er bloß als Treuhänder.
Auftritte in der Öffentlichkeit genießt Zöchling durchaus. Nicht nur auf Society-Festen. In den Puls4-Diskussionsrunden "Wild umstritten" wettert er gegen den Staatseinfluss auf die Wirtschaft und gibt sich als streitbarer Kapitalist.
In Österreich fühlt er sich umgeben von Neidern: "Wenn einem etwas gelingt, ist man ein Kapitalistenschwein, wenn’s schlecht läuft, ist man ein Trottel, der die Firma gegen die Wand fährt." Nachsatz: "Als Unternehmer kannst heute nicht mehr gewinnen." Als Arbeitgeber verlangt er Leistung. Obwohl er sich mit der AK und Remus-Betriebsräten matcht, gilt er bei den Mitarbeitern nicht als unsozial und als wertschätzender Chef.
Politisch sieht sich Zöchling als "liberal-konservativ". Eine Million Euro ließ er sich die Kampagne #ZusammenStaerker gegen radikale politische Ränder kosten, unterstützt von Wirtschaftspromis wie Brigitte Ederer, Susanne Riess-Hahn und Elisabeth Gürtler, mit klarer Zielrichtung gegen FPÖ-Chef Herbert Kickl. Was Zöchling erst recht viel Hass im Netz bescherte.
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