Der Konzern, der weiß, was du suchst
Der Weltkonzern Google hat eine Niederlassung in der Wiener Innenstadt. Ein auffälliges Firmenschild sucht man dort, in der direkten Nachbarschaft von Nobelboutiquen, allerdings vergebens. Lediglich ein etwa zehn Zentimeter großer Aufkleber an einer Gegensprechanlage weist auf die Präsenz eines der mächtigsten Konzerne der Welt hin.
In unserem Alltag ist Google hingegen selbstverständlich geworden. Wer heutzutage etwas wissen will, gibt die Frage meist in die Internet-Suchmaschine ein. Aber auch Dienstleister, Medien, Händler und Warenproduzenten kommen heutzutage nicht mehr ohne Google aus, sind sie doch alle darauf angewiesen, im Internet überhaupt gefunden zu werden.
Google prägt aber nicht nur die Nutzererfahrung, sondern auch die Produktion von Web-Inhalten. Denn diese werden möglichst so erstellt, dass der Suchalgorithmus sie gut finden und darstellen kann (Search Engine Optimisation, Anm). Wenn ein Ergebnis aufgrund schlechterer Darstellung weniger angeklickt wird als andere, folgert der Algorithmus daraus, dass die Seite weniger interessant ist. In Folge wird sie weniger prominent angezeigt.
Der rasante Aufstieg des Unternehmens aus dem kalifornischen Silicon Valley begann um die Jahrtausendwende. Innerhalb weniger Jahre nach der Gründung 1998 ließ die Internet-Suchmaschine mit dem bunten Schriftzug Konkurrenten wie Yahoo und Altavista weit hinter sich. Die Marktmacht wurde schnell so groß, dass das eingedeutschte Verb "googeln" für die Suche im Internet 2004 in den deutschen Duden aufgenommen wurde. Heute hat die Suchmaschine einen Marktanteil von 92 Prozent.
Die Entwickler
Den Grundstein für den Erfolg legten die beiden Informatiker Larry Page und Sergey Brin, die sich 1995 als Studenten an der Universität Stanford kennenlernten. Sie entwickelten eine Suchmaschine, die die Relevanz von Internetseiten erkennen sollte. Der Name ist eine Verballhornung des Begriffes "Googol", der eine Eins mit hundert Nullen beschreibt.
Im Jahr 1998 gründeten Brin und Page mit einer Anschubinvestition von 100.000 Dollar durch den deutschen Informatiker Andreas von Bechtolsheim ihre Firma mit Hauptsitz in einer Garage in Menlo Park, Kalifornien.
2003 bezog das Unternehmen eine Immobilie in Mountain View, das in den folgenden Jahren zum "Googleplex" ausgebaut wurde. Auf dem etwa 290.000 Quadratmeter großen Areal befinden sich nicht nur Büros und Arbeitsräume, sondern auch Dienstleistungen und Freizeitangebote für die Mitarbeiter.
Heute gehören Brin und Page mit geschätzten Vermögen von je etwa 90 Milliarden Dollar zu den reichsten Menschen der Welt. Beide haben sich inzwischen aus dem operativen Geschäft zurückgezogen.
Seit 2019 ist der im indischen Chennai aufgewachsene Sundar Pichai Konzernchef von Alphabet. Er ist seit 2004 bei Google, war unter anderem an der Entwicklung des Chrome Browsers beteiligt und leitete zeitweise die Entwicklung von Gmail und Google Maps. Im Vergleich zu anderen großen Tech-Unternehmen stehen die Geschäftsführer von Google wenig im medialen Rampenlicht.
Der entscheidende Wettbewerbsvorteil von Google ist die Qualität der Suchergebnisse. Diese sind nämlich stark personalisiert, begonnen dabei, von wo auf der Welt die Suchanfrage geschickt wird. Der Algorithmus leitet aus den bisher verfügbaren Nutzerdaten Annahmen darüber ab, was die jeweilige Person sucht und reiht die passenden Ergebnisse vor.
Nicht nur Suchmaschine
Google ist allerdings weit mehr als die Suchmaschine. In den 2000er Jahren erweiterte der Konzern sein Geschäftsfeld und wurde so zu der Firma, die das Internet am stärksten prägt. Einige der wichtigsten, teils selbst entwickelten und teils zugekauften Produkte sind das E-Mail-Programm Gmail, der Webbrowser Chrome (64 Prozent Marktanteil), der Karten- und Navigationsdienst Google Maps sowie die Videoplattform Youtube. Im Jahr 2015 wurden die verschiedenen Geschäftsfelder unter der neu geschaffenen Konzernmutter Alphabet neu organisiert.
Als wegweisend sollte sich auch die Übernahme von Android im Jahr 2005 erweisen. Im Zuge der Verbreitung von Smartphones wurde Android zum global dominanten Betriebssystem für mobile Endgeräte. Weltweit sind dadurch 72 Prozent der Benutzer eng an Google-Dienste gebunden.
Erstens, weil diese auf den Endgeräten bereits vorinstalliert sind, zweitens weil man einen Gmail-Zugang braucht, um im "Google Play Store" Apps herunterladen zu können. Zwar kann man ein Android-Smartphone auch ohne diese Registrierung bei Google verwenden, es ist dann aber zumindest wesentlich aufwendiger, den vollen Funktionsumfang zu nützen.
Eines der am schnellsten wachsenden Betätigungsfelder im vergangenen Jahr war Google Cloud. Bei der Bereitstellung von IT-Infrastruktur und IT-Leistungen im Internet misst sich Google mit anderen Tech-Größen wie Amazon und Apple. Bisher ist die Sparte für den Konzern aber noch nicht profitabel.
Daten für Werbung
Wegweisend für die rasante weltweite Verbreitung all dieser Google-Dienste war neben ihrer Anwenderfreundlichkeit, dass sie für den Endnutzer gratis sind. Man muss lediglich die Nutzervereinbarungen akzeptieren, die Google das Recht einräumt, die dabei entstehenden Daten auszuwerten.
Aus der Fülle dieser Eingaben erstellt der Konzern umfangreiche Benutzerprofile. Diese werden durch die Zusammenarbeit mit anderen Anbietern noch erweitert. So bieten viele Websites an, sich direkt mit Google einzuloggen. Der jeweilige Gmail-Zugang hat dann also auch eine Verbindung zu diesen Seiten und wird in Verknüpfung mit den Suchanfragen und den Nutzerdaten des Smartphones zum zentralen Stützpfeiler der Online-Präsenz.
Für Betreiber von Internetseiten gibt es außerdem ein Tool namens Google Analytics, mit dem die Nutzerbewegungen auf der Seite ausgewertet werden können. Auch diese Daten liegen bei Google.
Interessant ist dabei nicht der oder die Einzelne. Aus der Masse der Profile generiert Google ein umfangreiches Portefeuille unterschiedlicher Zielgruppen. Werbekunden können sich dann aussuchen, welchen davon ihre Werbung gezeigt wird. Quer über alle Kanäle zusammengerechnet macht Alphabet 81 Prozent des Milliarden-Umsatzes mit Werbung.
Google am Wiener Graben
Googelt man nach Google in Österreich, findet man nur relativ spärliche Informationen. Mutterkonzern Alphabet betreibt mit der Google Austria GmbH seit 2006 eine Niederlassung mit Anschrift in der Wiener Innenstadt. Der Standort ist sehr unauffällig. Wer ab und zu am Graben unterwegs war, ist vermutlich schon daran vorbeigegangen, ohne ihn zu bemerken.
Wie viel Umsatz der Konzern in Österreich erwirtschaftet ist nicht bekannt, weil Google generell keine landesspezifischen Geschäftszahlen veröffentlicht, wie ein Sprecher dem KURIER erklärt. Klickt man sich auf der Website google.at zum Impressum durch, findet man den Verweis auf die Google Ireland Limited in Dublin. Dass die Europazentrale im Niedrigsteuerland Irland angesiedelt ist, bringt Google immer wieder Kritik ein.
Der Standort in Wien hat 40 Mitarbeiter, unter anderem in den Bereichen Kundenberatung, Marketing und Cloud. Derzeit sind an der Niederlassung acht Stellen ausgeschrieben. Für sechs davon muss man programmieren können, gute Englischkenntnisse sind in jedem Fall ein Muss. Chefin der Google Austria GmbH ist seit 2019 die Oberösterreicherin Christine Antlanger-Winter.
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