Datenaffäre bringt Post in Not: Jeder Bürger kann Auskunft verlangen
Der mutmaßliche Datenskandal bei der österreichischen Post beschert dem staatsnahen Konzern eine ungewollte Flut von Briefen - nämlich Beschwerdebriefe. So fordert der Wiener Rechtsanwalt Robert Haupt für einen Mandanten, einen Arzt, von der Post „vorerst 3000 Euro Schadenersatz“ wegen Verletzung des Datenschutzes; ansonsten wird Haupt, der 30 besorgte Bürger vertritt, den Weg zu Gericht einschlagen.
Sollten die Vorwürfe gegen die Post zutreffen, über die die Rechercheplattform Addendum zuerst berichtete, dann verknüpft der Logistiker die persönlichen Daten des Arztes mit dessen „Parteiaffinität“, sprich dessen möglicher politischer Gesinnung.
„Die Tatsache, dass die Parteiaffinität meines Mandanten von der Post statistisch hochgerechnet wird, ändert nichts daran, dass es sich um personenbezogene Daten handelt“, schreibt Haupt an den Konzern. Die Argumentation der Post, dass die „praktizierte Vorgangsweise“ zwecks Marketing von der Gewerbeordnung gedeckt sei, hält der Anwalt schon nach dem ersten Blick in den Gesetzestext „für falsch“. Die Parteiaffinität zählt laut Haupt „nicht zu jenen Daten, deren Speicherung zulässig ist“. Außerdem dürfte diese „politische Zuordnung“ in 50 Prozent der Fälle sogar falsch sein.
„Wenn jemanden eine politische Affinität nachgesagt wird, dann kann das für ihn im Berufsleben massive Nachteile haben“, sagt Haupt zum KURIER. „Da muss man die Post dann in jedem Einzelfall haftbar machen.“
Business as usual
Bei der Post versteht man die große Aufregung nicht. Sie mache das, was Zigtausende Adressen- und Datenhändler auch machen: Nämlich auf Anfrage eines Kunden Datensätze verkaufen, die dessen Kriterien entsprechen.
„Da stehen ausschließlich Name und Adresse drin, nicht aber etwa die Wahrscheinlichkeit einer Parteizugehörigkeit“, betont Post-Sprecher Michael Homola. Die verkauften Adressen entsprächen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eben dem, was der Kunde bestellt habe: also etwa Affinität zu einer gewissen Partei. Oder: die Wahrscheinlichkeit, ein Hörgerät zu brauchen. Oder: Bioprodukte zu bevorzugen.
Alles, was Produkte betrifft, mag möglicherweise kein rechtliches Problem sein. Die Parteien-Affinität aber schon. „Wir kennen niemanden, der von der Verarbeitung der Parteiaffinität gewusst hat. Ich kann mir daher nicht vorstellen, dass 2,2 Millionen Menschen wissentlich und damit gültig eingewilligt haben, dass ihre politischen Präferenzen verarbeitet werden“, erklärt Jurist Walter Hötzendorfer von der Datenschutzorganisation epicenter.works. Laut Post handelt es sich bei Angaben zur Parteiaffinität rein um Statistik und Hochrechnungen. „Es spielt keine Rolle, ob eine Aussage über eine Person nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit oder mit Sicherheit zutrifft, beides gilt als personenbezogener Datensatz“, bestätigt auch Hötzendorfer. Der Ball liegt nun bei der Datenschutzbehörde.
Daten für Wahlkampf
Doch das elektronische Speichern personenbezogener Daten ist nur eine Seite der Medaille, die andere ist der Verkauf solcher Daten – unter anderem an politische Parteien. Für den Nationalratswahlkampf 2017 hatte die SPÖ „auf Basis der gesetzlichen Grundlagen Adressdaten der Post geleast – zu den üblichen Kosten“, erklärt die Sprecherin der SPÖ-Parteichefin. Eine Summe wird nicht genannt. Die SPÖ habe den „Gesamtbestand der Post“ für den Zeitraum des Wahlkampfes gekauft. Namen und Adresse wurden für postalische Informationsschreiben genutzt. Die Daten wurden nicht in eine SPÖ-Datenbank eingespielt. Nach dem Wahlkampf wurden die Daten gelöscht.
Neos-Bundesgeschäftsführer Stefan Egger bestätigt, nach dem Wiener Wahlkampf 2015 „keine Datensätze mehr von der Post gekauft zu haben“. Damals aber verschickten die Neos am Wahlsonntag 27.000 Erinnerungs-SMS, zu den Urnen zu gehen. Die Neos hatten Daten aus der Wählerevidenz durch die Post mit Telefonnummern anreichern lassen.
Die ÖVP-NÖ hat im Nationalratswahlkampf 2017 eine Kooperation mit der Post abgeschlossen und rund 30.000 Briefe verschickt. „Das war ein Test für die Landtagswahl. Dafür wurden die Daten nicht verwendet, die Kooperation mit der Post wurde nicht verlängert“, sagt der Sprecher der ÖVP-NÖ. Die Bundespartei habe keine Daten von der Post bezogen. Auch die FPÖ hat laut Generalsekretär Christian Hafenecker „keine Datensätze der Post gekauft“.
Jeder Bürger kann Auskunft verlangen
Wenn Sie selbst herausfinden möchten, was bei der Post über Sie gespeichert ist, können Sie sich mit einem sogenannten „Auskunftsbegehren“ direkt an die Österreichische Post wenden. Das tun Sie entweder per eMail an datenschutz@post.at oder in einem Brief, adressiert an die Postzentrale. Entsprechende Musterformulare dafür gibt es bei der Datenschutzorganisation epicenter.works zum Runterladen.
Für einen Antrag ist es notwendig, eine Kopie seines Ausweises beizulegen. Die Post hat dann einen Monat Zeit, um zu antworten. Hat man seine Daten erhalten, kann man entweder die Richtigstellung falscher oder die Löschung der Daten verlangen.
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