Coronavirus und Öl-Streit vernichten an den Weltbörsen Milliarden

Coronavirus und Öl-Streit vernichten an den Weltbörsen Milliarden
Der Nikkei in Tokio hat rund fünf Prozent verloren, in Europa sind die Verluste teils noch viel höher

Saudi-Arabien erklärt den Russen den Preiskrieg und bringt damit zuerst den Ölpreis und dann die Aktienmärkte zum Kollabieren. Mit einem Minus von bis zu 30 Prozent brach der Ölpreis am Montag so stark ein, wie zuletzt beim ersten Golfkrieg 1991. So etwas hatte es nicht einmal in der Finanzkrise 2008 gegeben. Entsprechend blank lagen die Nerven der Investoren.

Die US-Börsen starteten tiefrot, vorübergehend wurde der Handel ausgesetzt. Zuvor war der Nikkei in Tokio um mehr als fünf Prozent eingebrochen, in Europa gaben die Börsen in Frankfurt oder London in der Größenordnung von sieben Prozent nach. Großer Verlierer waren Öltitel. In New York stürzten die Papiere von Occidental Petroleum um mehr als 43 Prozent ab, Exxon Mobil sackte um 8,69 Prozent ab. Ebenso talwärts ging es für die Anteilsscheine des Ölkonzerns Chevron (-10,46 Prozent). Firmennachrichten spielten angesichts des Ausverkaufs an den Börsen so gut wie keine Rolle. „Alles wird vom Crash überschattet“, kommentierte ein Händler.

Investoren flüchteten in vermeintlich sichere Häfen wie Staatsanleihen und Gold. Aber auch bei Gold kam es zuletzt immer wieder zu Rückschlägen. Wohl auch, weil Investoren ihre Verluste in anderen Anlagen ausgleichen müssen.

Ölhahn aufgedreht

Auslöser für das Kursgemetzel zum Wochenstart war Saudi-Arabien. Der größte Erdölproduzent der Welt dreht den Förderhahn auf. Grund dafür sind die geplatzten Opec-Gespräche, die wiederum am „Njet“ der Russen zu den geplanten Förderkürzungen gescheitert sind. Bisher hatten vor allem die Saudis den Ölhahn zugedreht und forderten die Russen auf, nachzuziehen. Da das nicht geklappt hat, sind Förderkürzungen vorerst Geschichte. „Ab Anfang April kann jedes Land so viel produzieren wie es will“, sagt Hannes Loacker, Rohstoffexperte der Raiffeisen Capital Management. Nun kommt mehr Öl auf den Markt, obwohl weniger benötigt wird. Denn das Coronavirus ist in der Wirtschaft angekommen und drückt auf die Nachfrage. Der Tourismus bricht ein, Airlines brauchen weniger Kerosin, Regionen stehen unter Quarantäne, es wird weniger produziert.

Die Internationale Energie-Agentur (IEA) geht davon aus, dass heuer um 90.000 Barrel (1 Barrel entspricht 159 Liter) pro Tag weniger verkauft werden als im Vorjahr. Loacker. „Ich denke, dass diese Prognose der Realität schon sehr nahe kommt.“

Es freut nur die Autofahrer

Öl ist der meistgehandelte Rohstoff der Welt und für den Wohlstand einer Reihe von Staaten verantwortlich. Aus Sicht von Loacker gibt es bei den jetzigen niedrigen Preisen „nur Verlierer“. Autofahrer ausgenommen, die auf günstigere Spritpreise hoffen.

Die Saudis benötigen für einen ausgeglichenen Staatshaushalt einen Ölpreis von 70 Dollar, für die Russen reichen notfalls 40 bis 45 Dollar. „Sie haben 80 Prozent der Förderkosten in Rubel. Mit einer Rubelabwertung reduzieren sich auch die Produktionskosten“, erläutert Loacker.

Das „Njet“ der Russen zu einer Produktionsdrosselung kann aber wohl auch als Retourkutsche für die USA gesehen werden, die die Ostesee-Pipeline Nord Stream 2 vereiteln wollen. Denn mit der nun angekündigten Ölschwemme kommen auch die Schieferölproduzenten der USA unter Druck.

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