Wien und Brüssel bei Coronaförderungen uneins

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Kommt es zwischen Wien und Brüssel zu keiner Einigung, drohen manchen Betrieben Rückforderungen.

Derzeit finden für rund 900 Anträge um Coronahilfen keine Auszahlungen statt. Das bestätigten die beiden Geschäftsführer der zuständigen staatlichen Coronahilfsagentur COFAG, Marc Schimpel und Ulrich Zafoschnig, der APA am Mittwoch. Die Zahl könne sich aber ändern, manche Unternehmen könnten wieder hinausfallen, andere dazukommen. Wie lange eine Klärung des ganzen Sachverhalts dauert, sei offen. Finanzministerium mit COFAG-Zuarbeit und EU-Kommission arbeiteten intensiv daran.

Kurz erklärt geht es darum, dass Österreich Einzelunternehmen staatlich fördern lässt (bzw. ließ). Die EU will aber Unternehmensverbünde fördern. Nun könnten einzelnen Firmen aus Unternehmensverbünden in Österreich Rückzahlungen drohen, wenn sich Wien und Brüssel nicht einigen sollten. Die COFAG prüft derzeit nach.

Antragsberechtigt sind in Österreich laut Richtlinie Einzelunternehmen. Die EU-Kommission sieht aber Förderungen auf Ebene des Unternehmensverbunds als wirtschaftliche Einheit vor - und nicht das gemäß heimischer Richtlinie begünstigte Einzelunternehmen, das womöglich zu einem Unternehmensverbund gehört. Im Zusammenhang damit geht es nun um die Höhe der ab Frühjahr 2020 (bis Ende September 2022) gewährten Wirtschaftshilfen. Die EU-Kommission wandte sich nach APA-Informationen schon im Laufe des Jahres 2022 an die Republik.

Rückzahlungen drohen

Einigen sich Kommission und Finanzministerium (BMF) nicht, müssten manche Firmen Staatshilfen zurückzahlen - die Republik will das aber noch im Sinne der Unternehmen richten. Potenziell dürfte es sich um höhere Summen handeln, denn es geht um mehrere geförderte Firmen aus Unternehmensverbünden. Summen wollten die COFAG-Chefs auf Nachfrage keine nennen.

Konkret hatte Republik im Zusammenhang mit der Gewährung von Zuwendungen wie Lockdown-Umsatzersatz, "Fixkostenzuschuss 800.000", Ausfallsbonus und Verlustersatz nicht geprüft, ob die begünstigten Unternehmen eine wirtschaftliche Einheit (Unternehmensverbund) mit Tochter- oder Schwesterunternehmen bilden und dadurch der beihilferechtliche Höchstbetrag von 2,3 beziehungsweise zwölf Millionen Euro (beim Verlustersatz) überschritten wurde. Die COFAG-Chefs sprachen gegenüber der APA von "keiner einfachen Rechtsfrage, die sauber geklärt werden muss. Alle arbeiten mit Hochdruck daran", sagte Schimpel.

Prüfungen

Die COFAG prüft nun bei gewissen Unternehmen, die Förderungen beantragt haben, ob es sich um Firmen aus einem Unternehmensverbund handeln könnte. Gab es staatliche Beihilfen, wird nachgeschaut, ob es bei diesen zu Überschreitungen kam. "Wir sind bemüht, das so rasch wie möglich zu machen", so Schimpel. Selbst habe sich die COFAG an nationale Vorgaben zur Auszahlung gehalten. Gegebenenfalls könnten Rückzahlungen drohen. Bis es so weit ist, hoffe man aber, dass sich EU-Kommission und Finanzministerium geeinigt haben, so die COFAG-Geschäftsführer.

Wien und Brüssel bei Coronaförderungen uneins

Gernot Blümel (ÖVP) war 2020 Finanzminister

Nachdem die Pandemiemaßnahmen bereits im Laufen bzw. abgeschlossen waren, sei die Europäische Kommission aber an die Republik Österreich mit der Position herangetreten, dass in Bezug auf die beihilferechtlichen Höchstbeträge die Ebene des Unternehmensverbunds als wirtschaftliche Einheit (und nicht das gemäß Richtlinien begünstigte Einzelunternehmen) zu prüfen sei, hatte die COFAG am Vormittag bereits mitgeteilt. Diese Frage müssen BMF und Kommission klären. "Diese versuchen sich anzunähern", sagte Zafoschnig.

Kritiker sehen Überförderung

Zuständig ist das Finanzministerium von Magnus Brunner (ÖVP). Für die Richtlinie hatte sein Vorgänger als Finanzminister und Ex-ÖVP-Wien-Chef Gernot Blümel verantwortlich gezeichnet. Dieser betonte in der beginnenden Coronakrise stets, wie wichtig es sei, rasch zu helfen. In Österreich ist allerdings seit Beginn der Coronaförderungen und weiter über die Hilfen nach der Energiepreisexplosion und Teuerungswelle seitens Kritikern stets eine "Überförderung" thematisiert worden. Auch Wirtschaftsforscher sind zum Teil dieser Meinung, zumindest wird die "Gießkanne" sehr oft kritisiert.

"Die Corona-Wirtschaftshilfen der Regierung sowie die Abwicklung der Hilfszahlungen über die COFAG waren von Beginn an falsch aufgesetzt", kritisierte SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter in einer Aussendung. "Die Regierung war jedoch nie bereit, dieses Desaster zu stoppen." Die Sozialdemokraten hätten stets gewarnt vor "ungerechtfertigte Auszahlungen und Überförderungen", wie sie nun im Raum stünden. Sie seien sich sicher, dass es "eine systematische Überförderung einzelner Konzerne" gegeben habe.

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