Wegen der unsicheren Zukunft im Tourismus und der Freizeitwirtschaft könnten aber auch mehr 15-Jährige in weiterführende Schulen gehen als sonst, wird an den Neuen Mittelschulen (NMS) befürchtet – der KURIER berichtete. Der Idee einer 10. Schulstufe als Corona-Zwischenlösung kann Freundlinger aber wenig abgewinnen. Für lernschwache Jugendliche gebe es jetzt bereits das staatliche Auffangnetz der überbetrieblichen Lehrausbildung (ÜBA). Dorthin können im Rahmen der Ausbildungspflicht auch jene Lehrlinge wechseln, die keinen regulären Ausbildungsplatz finden. Speziell in Wien gibt es schon jetzt zu wenige Lehrplätze in den Betrieben.
Was die aktuelle Lehrausbildung anbelangt, so sind sich die Sozialpartner einig: Trotz Corona sollen alle Jahrgänge unbedingt abschließen. „Der Lehrabschluss darf auf keinen Fall verschoben werden, ansonsten gibt es Probleme mit den nächsten Jahrgängen“, sagt Freundlinger. Dabei gibt es vor allem zwei Herausforderungen:
- Fehlende Praxis
Besonders im Tourismus, der rund 8.000 Lehrlinge beschäftigt, fehlt wegen des Lockdowns vielen Lehrlingen der Praxisteil für die Ausbildung – etwa in der Küche und im Service. Die Betriebe würden sich hier gegenseitig aushelfen und gemeinsame Initiativen starten, berichtet Michaela Reitterer von der Österreichischen Hoteliersvereinigung (ÖHV). Eine Hilfe ist auch die Kurzarbeit, die für Lehrlinge ebenfalls gilt. Größte Sorge in der Branche ist es, das Personal auch halten zu können.
- Berufsschule
Der theoretische Teil der dualen Ausbildung an den Berufsschulen findet derzeit weitgehend im Distanzunterricht statt. Die Gewerkschaftsjugend kritisiert, dass die Berufsschulen noch nicht mit entsprechenden Corona-Testkits für den Selbsttest zu Hause ausgestattet wurden und spricht von Lehrlingen als „Schüler zweiter Klasse“. Auch bei der IT-Ausstattung fürs Homeschooling habe die Regierung auf die Berufsschüler vergessen. Analog zu den Schulen gilt für die Notenvergabe auch an den Berufsschulen „Milde statt Härte“. „Niemand soll wegen Corona durchfallen“, präzisiert Freundlinger und betont zugleich, dass „gewisse Mindeststandards“ sehr wohl erreicht werden müssten.
Als Krisenmaßnahme gelten Ausbildungsverbünde, wo sich mehrere Betriebe in einer Region die Ausbildung von Lehrlingen teilen. Für solche Bündnisse sind weitere Förderungen geplant. Eine branchenübergreifende Ausbildung erleichtern will auch die Initiative „economy4future“, die von 25 Top-Managern aus der heimischen Wirtschaft, darunter ÖBB, Asfinag, VOR und ÖHV, getragen wird. Die Manager wollen die Umsetzung der Pariser Klimaziele wirtschaftlich vorantreiben und dabei die Jugend stärker einbinden.
Angedacht sind branchenübergreifende Lehrlingsausbildungen, damit sich die Jugendlichen aus unterschiedlichen Sektoren vernetzen. Dazu zählen Lehrinhalte, Workshops sowie Diskussionen. So könnte etwa ein ÖBB-Lehrling beim Verbund schnuppern oder Tourismus-Lehrlinge eine Zeit lang bei den ÖBB arbeiten. Nähere Infos finden Sie hier
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