Cernko: Private Investoren sollen Firmen retten
Rund 40 Prozent weniger Firmeninsolvenzen gab es im Vorjahr in Österreich. Eigentlich eine gute Nachricht, könnte man meinen. Doch Experten wie Willi Cernko sehen das anders. „Vieles wird gestundet, über Verlängerungen wird gesprochen. Aber was passiert danach? Wir schieben eine Bugwelle vor uns her“, sagt der Firmenkundenvorstand der Erste Bank im KURIER-Gespräch.
Derzeit werde allen Unternehmen mit lebensverlängernden Maßnahmen eine Brücke gebaut. Auch jenen, die schon vor der Krise nicht mehr gesund gewesen seien. „Wir können nur denjenigen mit zukunftsträchtigen Modellen weiterhelfen“, meint Cernko. Doch wie wird die Spreu von Weizen getrennt? Cernko kann sich vorstellen, dass Wirtschaftstreuhänder auf Betreiben der Gläubiger ein kurzes Expose (2 bis 3 Seiten) über das jeweilige Geschäftsmodell erstellen in Hinblick darauf, ob es eine Chance hat, wieder selbst und dauerhaft auf die Beine zu kommen. Sei dies der Fall, so der Banker, könne man bei diesen durchaus weiterhin sehr großzügig mit Stundungen sein.
Das weitaus größere Thema sei infolge aber, wie der Pufferspeicher, sprich das Eigenkapital, wieder aufgefüllt werden könne. „Viele haben ihr Eigenkapital, das in Österreich ohnehin schon niedrig ist, aufgezehrt.“ Daher sei es an der Zeit, die Rahmenbedingungen zu schaffen, um Private am Wiederaufbau bzw. Unternehmenserfolg zu beteiligen. „Es wäre viel Liquidität da“, erinnert der Banker an die derzeit extrem hohe Sparquote. „Der Staat kann nicht immer Kapital zur Verfügung stellen.“
Das Instrument dazu muss laut Cernko international etabliert sein. Er denkt dabei etwa an die sogenannten SICAV-Fonds (ein offener Investmentfonds, der an mehreren Unternehmen beteiligt ist, Anm.). „Diese würden zuerst die professionelle Finanz-Community ansprechen und infolge private Investoren nachziehen“, hofft Cernko. Voraussetzung für beide Seiten: „Der Unternehmer muss weiterhin die Kontrolle haben.“ Denn sonst, so fürchtet Cernko, werde er kein Interesse an einer solchen Beteiligung haben. „Aber die Investoren werden Transparenz haben wollen.“ Die Beteilungen sollten rund 20 Prozent ausmachen. Im Vorhinein sollte klar sein, welche Rechte und Pflichten beide Seiten haben und wie lange ein Investment vorgesehen ist. „Es sollte keine Absicht sein, auf immer und ewig beteiligt zu bleiben“, sagt Cernko. Er denkt an Zeiträume von fünf bis sieben Jahren.
Keine Spekulation
Da es sich dabei für die Investoren um Risikokapital handelt, läge die Verzinsung entsprechend bei 10 bis 15 Prozent im Jahr. „Dabei handelt es sich aber nicht um Spekulation“, stellt Cernko klar. Investoren würden in Zeiten von tiefen Zinsen vom Aufschwung an sich gesunder Unternehmen partizipieren. Etwaige Verluste müssten steuerlich berücksichtigt werden können.
Eine weitere Möglichkeit ist Cernko zufolge der Ausbau von Crowdfunding, das kleinteiliger und niederschwelliger sei. Diese sei vor allem für die Gastronomie, den Kulturbereich und den Tourismus geeignet, da hier auch in Naturalien ausgezahlt werden könne. Unabhängig davon sieht er insbesondere im Tourismus gewaltige Probleme. „Ich will den Tourismus nicht krank- oder totreden. Aber ich erwarte hier einen gewaltigen Nachholeffekt bei den Insolvenzen. Viele wollen zusperren, aber fürchten sich vor einer Privatinsolvenz. Hier ist die Politik gefordert, Ruhe zu schaffen.“ Cernko selbst sei schon mit dem Finanzministerium in Gesprächen, wie man Anreize setzen kann, um privates Kapital für Investitionen zu nutzen.
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