Causa Chorherr: Promi-Gedränge auf der Anklagebank

Christoph Chorherr
Ex-Grün-Politiker Christoph Chorherr soll Spenden für einen Charity-Verein bei Unternehmern eingesammelt und im Gegenzug bei Immobilienwidmungen in Wien seinen Einfluss geltend gemacht haben. Alle Angeklagten bestreiten die Vorwürfe.

Christoph Chorherr, Michael Tojner, René Benko, Erwin Soravia, Günter Kerbler und Wilhelm Hemetsberger – eine so prominente Riege auf der Anklagebank ist auch für das Straflandesgericht Wien eine Ausnahme.

Der ehemalige Grün-Politiker Chorherr und die Unternehmer stehen im Mittelpunkt eines Korruptionsprozesses, der Dienstag, an den Start geht. Insgesamt zehn Personen stehen laut Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) im Verdacht des Amtsmissbrauchs bzw. der Anstiftung zum Amtsmissbrauch sowie im Verdacht der Bestechlichkeit und der Bestechung in unterschiedlichen Beteiligungsformen. Gegen 21 Unternehmen wurden Geldbußen beantragt.

Elf Verhandlungstage hat Richter Michael Tolstiuk bis einschließlich 20. Dezember 2022 anberaumt. Für die Angeklagten steht viel auf dem Spiel. Bei inkriminierten Zahlungen höher als 50.000 Euro beträgt die Strafdrohung ein bis zehn Jahre Haft. Alle Angeklagten bestreiten die Vorwürfe.

1,6 Millionen Euro

Chorherr wird in der 47-seitigen Anklage, die dem KURIER vorliegt, vorgeworfen, dass er im Zuge seiner Tätigkeit als Gemeinderat und Planungssprecher der Wiener Grünen Spenden für den gemeinnützigen Verein S2arch erhalten habe, dessen Gründer und Obmann er bis 2018 war.

Die Mit-Angeklagten stehen im Verdacht, nur deshalb an diesen Charity-Verein, der zwei Schulprojekte in Südafrika finanziert, gespendet zu haben, weil sie sich vom Amtsträger Chorherr angeblich Vorteile in Immobilien-Widmungsverfahren versprochen hätten.

Der Verein hat in den Jahren 2007 bis 2017 rund 3,72 Millionen Euro an Spenden eingenommen, davon stammten 550.000 Euro von der Stadt Wien. Angeklagt sind aber nur Spenden in Höhe von 1,6 Millionen Euro. Laut Aktenlage soll der frühere Amtsträger Chorherr als Planungssprecher der Grünen bei Immobilienprojekten von diversen „Widmungswerbern und den Sachbearbeitern des Magistrats die Gespräche geführt, die Tätigkeit der Beamten mit dem stets präsenten politischen Willen beeinflusst und schließlich im Gemeinderat über konkrete Widmungsansuchen abgestimmt haben“. Für „seine Leistungen“ soll Chorherr „Schmiergeld“ in Form der Spenden-Zahlungen an den Verein S2arch lukriert haben. Sämtliche Spender sollen laut WKStA gewusst haben, dass der Verein im Einflussbereich von Chorherr steht.

Keine Offenlegung

„Die Zahlungen waren Chorherr bekannt und wurden von ihm auch explizit angefragt“, heißt es in der Anklage. „Chorherr unterließ es, die finanzielle Beziehung zu den Einzahlern offen zu legen und sich jeder Tätigkeit zu enthalten.“ Nachsatz: „Vielmehr stand er den Einzahlern als gewogener Ansprechpartner der Politik zur Verfügung und nahm auf die Projekte einen Einfluss.“

Das sagen die Anwälte der Verdächtigen

„Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir den Sachverhalt vollständig aufklären können und damit die Vorwürfe im Gerichtsverfahren vollständig entkräften können“, sagt Markus Fellner, Anwalt von Erwin Soravia. Auch Benkos Signa weist „die unrichtigen Vorwürfe entschieden zurück“. „Das Beweisverfahren wird bestätigen, dass Signa vollkommen korrekt gehandelt hat“, heißt es in einer Stellungnahme. „Die Spende von Signa stand in keinem Zusammenhang mit einem Amtsgeschäft. Wir gehen davon aus, dass das Verfahren dies auch bestätigen wird.“

„Mein Mandant hat mit Immobilienprojekten überhaupt nichts zu tun, und es ist rätselhaft, was man ihm vorwirft“, sagt Michael Rami, Anwalt von Willi Hemetsberger. „Das Charity-Projekt ist sein Lebensprojekt und er spendet bis heute aus privaten Gründen.“

"Die zulässig geleisteten Spendenzahlungen im geringsten Ausmaß standen in keinem Zusammenhang mit dem rund sechs Jahre dauernden Widmungsverfahren Heumarkt und es gab keine Einflussnahmen, welcher Art auch immer", sagt Karl Liebenwein, der Anwalt von Michael Tojner. "Wir sind überzeugt davon, dass die erhobenen Vorwürfe im Rahmen der Hauptverhandlung im Sinne unseres Mandanten restlos aufgeklärt werden können."

Causa Chorherr: Promi-Gedränge auf der Anklagebank

Der Industrielle hat 56.100 Euro an  den Verein  s2arch gespendet. Laut WKStA im Zusammenhang angeblich mit dem Heumarkt-Projekt. Tojner bestreitet die Vorwürfe.

Causa Chorherr: Promi-Gedränge auf der Anklagebank

Der Immobilienunternehmer Günter Kerbler hat dem Chorherr-Verein mit insgesamt 100.000 Euro unter die Arme gegriffen. Laut seinem Anwalt Johann Pauer sind die Vorwürfe falsch.

Causa Chorherr: Promi-Gedränge auf der Anklagebank

Die Signa Holding des Tiroler Milliardärs Rene Benko hat 2011 an den Verein s2arch 100.000 Euro gespendet. Er weist jegliche Korruptionsvorwürfe entschieden zurück.

Causa Chorherr: Promi-Gedränge auf der Anklagebank

Der Immobilienentwickler Erwin Soravia spendete 15.000 Euro an den Verein und lässt ausrichten, korrekt gehandelt zu haben. 2019 hat er Chorherr als Berater engagiert.

Causa Chorherr: Promi-Gedränge auf der Anklagebank

Die Ithuba Capital AG des Investmentbankers Wilhelm Hemetsberger hat (2011 bis 2017)  779.000 Euro  an den Verein gespendet. Er  weist alle Vorwürfe der Anklage zurück.

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