DO&CO-Chef Dogudan: "Der Staat muss bei sich selber sparen"
Attila Dogudan, der Chef des börsennotierten Wiener Catering-Konzerns DO&CO, hat kürzlich einen weiteren Zehn-Jahresvertrag mit der Formel 1 abgeschlossen.
Der Wiener Caterer und Gastronom Attila Dogudan, 65, ist einer der erfolgreichsten Vorzeigeunternehmer Österreichs. Sein börsenotierter Konzern DO & CO mit Sitz in Wien liefert Essen an 60 Fluglinien rund um den Erdball, und er verköstigt die Gäste von hochkarätigen Sportevents wie der Champions League, dem Hahnenkamm-Rennen in Kitzbühel oder dem Formel-1-Zirkus.
KURIER: Herr Dogudan, die Corona-Krise haben Sie gemeistert. Jetzt sind Sie geschäftlich wieder auf der Überholspur mit Rekordumsätzen und Rekord-Gewinn?
Attila Dogudan: Man darf nicht vergessen, dass wir durch die Corona-Krise 85 Prozent unseres Umsatzes innerhalb einer Woche verloren haben, weltweit in 20 Ländern. Letztlich lag der Umsatz nur noch bei rund 250 Millionen Euro. Und jetzt werden wir hoffentlich die Zwei-Milliarden-Euro-Umsatzmarke knacken. Das ist eine Verachtfachung innerhalb von drei Jahren. Und das muss eine Organisation einmal stemmen und durchhalten. Und das sind schon die Menschen, die bei uns arbeiten, die das hingekriegt haben.
Sie verfolgen aber kein Wachstum um jeden Preis?
Das macht keinen Sinn. Nur Wachstum-getrieben, damit man irgendwelche Kurven zeigen kann, die dann hinaufgehen, ist sowieso schwachsinnig. Wir haben jetzt eine Größe erreicht, wo wir auch allen unseren Investoren gesagt haben, natürlich wollen wir wachsen, aber wir wollen selektiv wachsen. Aber viel wichtiger ist, dass wir die beste Qualität haben, die beste Dienstleistung, die man nicht austauschen kann. Für uns ist wichtig, was passiert in fünf, zehn und 20 Jahren. Wir denken halt in solchen Dimensionen, dass wir der nächsten Generation Menschen, die hier arbeitet, eine Plattform geben, die gesund ist.
Aber auch Innovation steht bei Ihnen im Vordergrund?
Als ich vor zehn Jahren Chefs der deutschen Autoindustrie gefragt habe: „Habt ihr keine Angst vor Tesla?“, wurde mir die Antwort gegeben: „Glauben Sie allen Ernstes, dass jemand ein iPad mit vier Rädern macht und besser ist als wir? Wir haben die Autos erfunden.“ Ich glaube, Europa ist gefangen in der eigenen Überheblichkeit, im eigenen Wohlstand, der schwindet.
Was haben Sie aus der Corona-Krise gelernt?
Gelernt haben wir, dass man nicht so obergescheit sein darf. Und nicht glauben darf, dass man sein Risiko auf unterschiedliche Divisionen, Restaurants, Cafés, Fliegerei, kleine Hotels und Veranstaltungen, Sport in 20 Ländern verteilt hat. Dass das gleichzeitig kollabiert, wie in der Pandemie, steht in keinem Lehrbuch.
Die nächste Krise kommt bestimmt?
Wir sind ja noch so ein bisschen alte Schule. Wir wollen unseren Schuldenstand nahezu auf null hinkriegen. Das werden wir hoffentlich in einem Jahr oder eineinhalb Jahren, wie man in unseren Kennzahlen auch sieht, erreicht haben. Die nächste Krise kommt bestimmt und man muss immer gerüstet sein. Wir haben durch Corona gelernt, dass Dinge mühsam werden können, ohne dass man was dafür kann.
Sie haben heute 15.000 Mitarbeiter?
Wir mussten in der Corona-Krise bedauerlicherweise Mitarbeiter abbauen, trotzdem konnten wir knapp 8.000 halten. Jeder Einzelne, der uns verlassen hat, tut uns wahnsinnig leid. Wir haben mit zwei Jahren Krise gerechnet, um ehrlich zu sein. Google hat geholfen. Die Spanische Grippe, 1918, hat zwei Jahre gedauert. Man schaut sein Cash an, dividiert durch 24 Monate und kommt darauf, wie viel man ausgeben kann pro Monat. So simpel war die Übung.
Finden Sie genügend Personal?
Corona hat die Menschen gelehrt, dass sie ihr Leben anders in die Hand nehmen wollen. Von Homeoffice angefangen bis zu nicht mehr so viel arbeiten. Und nicht am Abend arbeiten, nicht am Wochenende. Jetzt dreht sich das, weil ich glaube, die Menschen spüren, dass die Wirtschaft in einer sehr problematischen Situation ist, insbesondere in Mitteleuropa. Wir sehen seit ein paar Monaten eine Trendumkehr, indem sich mehr Leute bewerben.
Die Leute kommen darauf, dass DO & CO vielleicht doch nicht so schlecht ist mit all den Möglichkeiten, die hier der Einzelne in seiner Karriere hat. An einem Standort in Österreich oder von hier aus, wenn er will, nach New York, nach London, nach Los Angeles, nach Korea oder wo immer er will oder sie will. Durch die Größe unseres Unternehmens bieten wir jedem die Möglichkeit, sich nach seinen Interessen und Stärken zu entwickeln.
Sind Sie zufrieden mit Ihrem Engagement im Formel-1- Zirkus?
Ich glaube, die Gäste sind sehr zufrieden. Wir sind bereits 33 Jahre in der Formel 1 tätig. Wir haben gerade einen weiteren Zehn-Jahres-Vertrag unterschrieben. Ich glaube, das ist schon ein Qualitätssiegel, dass die Dinge hier halbwegs richtig laufen, was nicht heißt, dass wir keine Fehler machen. Bei großen Formel-1-Rennen haben wir über 10.000 Gäste pro Tag, bei kleinen 5.000.
Fliegt da Ihre Mannschaft mit dem Formel-1-Tross-mit?
Ja, das ist ein Wanderzirkus, also ein Restaurant, das letztlich 22-Mal im Jahr den Standort wechselt. Wir haben im Schnitt zwischen 1.000 bis 2.000 Leute im Einsatz pro Wochenende weltweit, die aus 15, 18 Ländern kommen. Wir sind die größte Gruppe des gesamten Trosses.
Themenwechsel: Was wünschen Sie sich von der nächsten Regierung?
Die Grundeinstellung: Unternehmen schaffen die Arbeitsplätze und nicht die Regierungen. Es ist ein Problem, wenn eine Industrie zu Rahmenbedingungen produzieren muss, mit all den Lohnnebenkosten. Die Lohnnebenkosten sind schlicht und einfach unakzeptabel. Unser Ziel kann nicht sein, den Menschen etwas wegzunehmen, sondern ihnen mehr geben zu können. Und gleichzeitig den Unternehmen zu ermöglichen, dass sie Gewinne erwirtschaften. Einfach nur zu sagen, Steuern runter, das halte ich aber auch für überschaubar gescheit, weil es eh nicht passiert. Der, der bei sich selber sparen muss, ist aber der Staat, um ehrlich zu sein.
Was geben Sie Ihren beiden Söhnen mit, die im Unternehmen arbeiten?
Ich gebe ihnen das Gleiche mit, was mein Vater mir mitgegeben hat. Erstens, gib nicht mehr aus, als du einnimmst. Das ist eine dermaßen simple Regel, die alle vergessen.
Man muss in seinem Geschäft anständig bleiben. Dass du deine Mitarbeiter pünktlich und richtig bezahlst; dass du deine Lieferanten nicht warten lässt, dass du nicht deine Verbindlichkeiten über die Klinge springen lässt, dass du wissend keine Kredite aufnimmst, wo du weißt, dass du sie möglicherweise nicht zurückzahlen kannst. Das heißt, dieser Respekt, allen Teilnehmern an der Wirtschaft gegenüber so zu leben, wie es sich gehört.
Und das Dritte ist …?
Du musst dich was trauen. Ich finde, du musst dich als Unternehmer etwas trauen, ohne dass es dich in eine Schieflage bringt. Immer wieder ein bisschen Risiko eingehen und zu wissen, wo die Grenze liegt.
Also kalkuliertes Risiko?
Ich habe viel Geld in meinem Leben versenkt. Hätte ich es aber nicht versenkt, hätte ich auch nicht das Richtige gemacht. Das heißt, Scheitern und Misserfolg sind die größten Triebfedern zum Erfolg. Viele Sportler sagen, durch das Verlieren lernst du Gewinnen. Dadurch lernst du Demut. Als Sportler – ich habe in meiner Jugend Tischtennis gespielt – lernt man, dass es nie gottgegeben ist, egal, ob man Nummer eins in einem Land ist.
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