Casino-Affäre: Jetzt spricht Novomatic-Chef Neumann
Novomatic hievt den FPÖ-Manager Sidlo in den Casinos-Vorstand, dafür hilft die FPÖ bei einer Online-Konzession und der Wiedereinführung des Kleinen Glücksspiels in Wien. So lautet eine anonyme Anzeige.
KURIER: Wer könnte hinter der Anzeige stecken?
Harald Neumann: Es gibt den begründeten Verdacht, dass anonym Informationen bezüglich der Bestellung von Peter Sidlo als Casinos-Vorstand von Sazka an die Staatsanwaltschaftweitergeleitet wurden.
Welche Informationen?
Nachdem das Thema doch sehr sensibel ist, möchte ich dazu noch keine Stellungnahme abgeben.
Welchen Grund hätte Sazka?
Sazka will seit Beginn der Beteiligung die Kontrolle über die Casinos bekommen. Das wurde mehrfach so geäußert und es gibt einen Schriftverkehr dazu. Sazka will die Casinos konsolidieren, um sich entsprechend auf dem Kapitalmarkt zu finanzieren, etwa über einen Börsegang. Zwischen Novomatic, Sazka und der Staatsholding der Republik Österreich gibt es seit Jahren Diskussionen und Gespräche darüber. Unter der Vorgänger-Regierung von Türkis-Blau wäre es beinahe soweit gekommen.
Wie hätte das funktionieren sollen?
Finanzminister Schelling hat in Aussicht gestellt, die Beteiligung der Staatsholding zugunsten von Sazka von 33 auf 20 Prozent zu reduzieren. Dann hätten die Tschechen die Mehrheit gehabt. Doch die letzte Regierung fuhr eine andere Strategie. Eher Zukäufe als Privatisierungen. Es gab mehrere Versuche von Sazka, die Kontrolle zu erlangen, aber letzten Endes sind bisher alle gescheitert.
Teilstaatlicher Konzern: Größter Aktionär der Casinos Austria-Gruppe (Casinos, Lotto, Automaten, Online-Gaming, Sportwetten) ist die tschechische Sazka-Group des Milliardärs Karel Komarek mit 38,3 Prozent. Ein Drittel hält die Republik Österreich, 17 Prozent der Novomatic-Konzern. Sazka und Novomatic haben ein Stimmbindungs-Abkommen, Novomatic schlug sich aber auf die Seite der Republik. Sazka ging dagegen vor das internationale Schiedsgericht in Paris, in der Klage wird ausführlich mit dem Ibiza-Video argumentiert.
Zum Beispiel?
Die Staatsholding vollständig aus dem Aufsichtsrat zu drängen und dort die Mehrheit zu bekommen. Oder vier Vorstände. Den CEO mit Dirimierungsrecht und einen zweiten Vorstand für Sazka, dann hätten die Tschechen im Vorstand das Sagen gehabt.
Könnte Sazka auch mit der anonymen Anzeige gegen Casinos-Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner zu tun haben?
Das kann ich nicht beurteilen. Aber wie ich Medienberichten entnehme, handelt es sich offenbar um denselben Anzeiger wie in der ersten Anzeige.
Halten Sie es für möglich, dass Sazka aus den Casinos raus will und um den Verkaufspreis pokert?
Ich glaube, dass Sazka derzeit nicht von der Übernahme der Kontrolle abgehen will. Es bleibt abzuwarten, wie das Schiedsgerichtsverfahren (siehe Seite 10) ausgeht; danach dürfte entschieden werden, ob man bleibt oder geht.
Sazka-Boss Robert Chvatal ist wie Sie Vize-Präsident des Casinos-Aufsichtsrates. Sprechen Sie noch miteinander?
Sicher, wir sind ja Profis. Es geht um die Interessen der Casinos. Ich sitze als Vertreter der Novomatic im Aufsichtsrat und kann mir keine persönlichen Reaktionen erlauben.
Kommen wir zu den Inhalten des angeblichen schmutzigen Deals. Die Vorwürfe sind schwerwiegend.
Diesen schmutzigen Deal, wie Sie es nennen, hat es selbstverständlich nicht gegeben. Das ist realpolitisch und legistisch gar nicht möglich.
Warum sollte das so unrealistisch sein?
Zu Wien: Erstens ist nicht abzusehen, wie die Wahlen 2020 ausgehen und ob die FPÖ überhaupt eine Rolle spielen wird. Dieser Deal würde auf sehr hölzernen Beinen stehen. Und zweitens hat Novomatic seit 2014 mit der Bewilligung für das Automatenspiel in Niederösterreich 20 Millionen Euro investiert. Wir haben ein sehr erfolgreiches Business aufgebaut, 60 Prozent unserer Gäste sind Wiener. In Wien haben wir uns erfolgreich auf das Wettgeschäft konzentriert. Wir würden mit der Forcierung eines zusätzlichen Automatenspiels in Wien unser Investment in Niederösterreich gefährden. Daran haben wir wirklich kein Interesse.
Eine Online-Lizenz wäre wesentlich interessanter?
In Österreich werden 30 bis 40 Prozent des Marktes von den Casinos abgedeckt, der Rest ist illegales Online-Spiel. Eine weitere Online-Lizenz wäre legistisch derzeit gar nicht möglich, die einzige Lizenz haben bis 2027 die Casinos. Es gibt einen verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz für die Casinos, dass das bis 2027 so bleibt.
Gesetze kann man ändern.
Theoretisch ja, durch das Parlament. Aber: Der Finanzminister müsste das initiieren und dabei seine bisherigen Argumente in Richtung EU für die Beibehaltung des Online-Monopols völlig über Bord werfen. Das ist sehr unwahrscheinlich. Dann müsste es noch eine internationale Ausschreibung geben, gegen die alle Rechtsmittel möglich sind, und eine Bewertungskommission. Außerdem würde der Finanzminister damit seine eigene Beteiligung an den Casinos massiv benachteiligen und Sidlo müsste als Vorstand diese Online-Lizenz als Erster bekämpfen. Da wäre es aus unserer Sicht doch klüger gewesen, Sidlo gleich in die Novomatic zu setzen. Das ist also alles sehr, sehr weit hergeholt.
Türkis-Blau hatte aber schon an einer Novelle des Glücksspielgesetzes gearbeitet.
Das betraf das Wettgeschäft, das aktuell Ländersache ist. Die Regierung überlegte ein einheitliches Bundeswettgesetz und eine Konzession für Online-Sportwetten. Das war das Anliegen von Strache, der damit mehr Geld für die Sportförderung wollte. Wir haben bereits Sportwetten-Lizenzen.
Wie oft haben Sie Strache getroffen und mit ihm über Sidlo und Lizenzen gesprochen?
Ich habe ihn in den letzten zwei, drei Jahren drei oder vier Mal getroffen. Einmal habe ich mit ihm über Sidlo gesprochen, nachdem dieser bei mir sein Interesse am Casinos-Vorstand angemeldet hatte. Wir sprachen nur über die Sportwettenlizenz. Da hat mich Strache gefragt, was wir davon halten. Ich habe ihm gesagt, ein einheitliches Bundesgesetz wäre positiv.
Sidlo hat sich bei Ihnen für die Casinos beworben?
Er hat sich bei mir vorgestellt und gefragt, ob ich seinen Lebenslauf an Präsident Rothensteiner weitergeben kann. Ich habe ihm erklärt, dass es ein Auswahlverfahren mit einem Headhunter gibt.
Der Sidlo die Konzern-Kompetenz absprach.
Zehnder stellte fest, dass Sidlo ein Finanzexperte sei, aber für einen derart komplexen Job fehle ihm die Erfahrung. Der Headhunter wurde dann gefragt, ob er sich eine Bestellung vorstellen könne, wenn Bettina Glatz-Kremsner CEO würde und Sidlo in seiner neuen Funktion entsprechend unterstützt. Zehnder sagte, dann könne man sich Sidlos Bestellung vorstellen. Es gab ein umfassendes Hearing vor allen Aufsichtsräten. Alle stimmten der Bestellung zu, auch die Betriebsräte, nur Sazka enthielt sich der Stimme. Sidlos erster Job war, einen für die Casinos schlechten Kreditvertrag mit unüblich hoher Verzinsung neu zu verhandeln. Das hat er geschafft, das Unternehmen erspart sich dadurch viel Geld.
Es hätte unter allen heimischen Finanzmanagern keinen anderen Kandidaten gegeben?
Es war auch für den Aufsichtsrat wichtig, jemanden im Vorstand zu haben, der die Interessen der österreichischen Mehrheitseigentümer vertritt.
Das war nur Sidlo zuzutrauen?
Die Frage ist berechtigt, aber bei mir hat sich im Endeffekt ja niemand beworben. Ausschreibung gab es keine.
Warum nicht?
Zwei Kandidaten, Glatz-Kremsner und Skopek, waren fix und Sidlo war nach meiner Meinung und nach der Mehrheit des Aufsichtsrates qualifiziert.
Warum enthielt sich Novomatic bei der Bestellung des Sazka-Mannes Skopek der Stimme?
Weil es noch Fragen zur seiner Qualifikation gab.
Zum „Institut für Sicherheitspolitik“, ISP, des FPÖ-Abgeordneten Tschank. Die Staatsanwaltschaft prüft das ISP als einen jener Vereine, bei denen Geldflüsse an die FPÖ möglich sind. Sie haben immer dementiert, Parteien oder parteinahen Vereinen gespendet zu haben. Jetzt wurde ein Kooperationsvertrag über 200.000 Euro publik. Nicht so gut für Ihre Glaubwürdigkeit.
Ich bleibe dabei, Novomatic hat weder an eine Partei noch an einen parteinahen Verein gespendet. Beim ISP geht es um eine Kooperationsvereinbarung mit klar definierten Inhalten, das ist keine Spende. Bei einer Spende erfolgt keine Gegenleistung.
Wozu braucht ein Welt-Konzern wie Novomatic das ISP?
Wir mussten für unsere Lizenzen in den USA ein umfassendes Safety- und Security-Management einführen. Ein externer Sicherheitsberater empfahl uns angesichts des komplexen Themas eine Kooperation mit einem öffentlichkeitsnahen und international ausgerichteten Institut. Das ISP wurde mit Unterstützung des damaligen Verteidigungsministers Doskozil gegründet und bekommt vom Ministerium jährlich 200.000 Euro. Die Kooperation endet 2020.
Was sind die genauen Inhalte der Kooperation? Die Homepage des ISP ist doch völlig nichtssagend.
Wir machen Veranstaltungen mit internationaler öffentlicher Beteiligung, vor allem für unsere Auslandstöchter. Es geht um IT-Sicherheit, Geldwäsche, Whistleblowing, Compliance bis hin zu Einbrüchen. Unsere Kooperation läuft nur, solange das Verteidigungsministerium mitmacht. Das Ministerium muss jeden Kooperationspartner genehmigen.
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