Buchhandel: Warum Thalia jetzt bei Interspar einziehen will
Rund sieben Millionen Buchtitel sind aktuell am deutschsprachigen Markt verfügbar. Der Großteil davon wird traditionell rund um Weihnachten verkauft. Etwa ein Drittel des Jahresumsatzes spielen die Buchhändler im Advent ein, das meiste davon in den Einkaufsstraßen und Einkaufszentren, also nicht über den Online-Verkauf. Daran ändern auch hohe Onlinewachstumsraten wenig.
„Vor Corona haben wir zehn bis 15 Prozent vom Umsatz online gemacht, jetzt bis zu 30 Prozent. Aber das liegt vor allem an den langen Schließungszeiten“, sagt Andrea Heumann. Sie ist seit Oktober Österreich-Chefin von Thalia, der mit 37 Standorten nach eigenen Angaben größten Buchhandelskette in Österreich. Heumann hat sich hohe Wachstumsziele gesetzt. „Unsere Filialen sollen in ganz Österreich binnen 20 Minuten erreichbar sein.“
Ein Ziel, bei dessen Erreichung die Salzburger Handelskette Interspar eine entscheidende Rolle spielen soll. Thalia hat testweise in drei Interspar-Märkten sogenannte Bücherinseln aufgebaut, die das Geschäft ankurbeln sollen. Ein genialer Schachzug in Zeiten, in denen die Buchhändler lockdownbedingt geschlossen bleiben müssen, während das Geschäft in Lebensmittelgeschäften auf Hochtouren läuft. Heumann betont aber, dass es sich um einen zeitlichen Zufall handelt. Die Zusammenarbeit sei über Jahre vorbereitet worden. Und sie soll auf alle 72 Interspar-Märkte ausgerollt werden. Kooperationen mit anderen Handelsketten sind nicht ausgeschlossen.
Nebeneffekt: Auch jene, die sich sonst nie in eine Buchhandlung verirren, kommen so in Versuchung, wieder einmal Gedrucktes zu kaufen. Ein Konzept, das übrigens in Deutschland schon erfolgreich erprobt ist. Es eins zu eins zu kopieren, funktioniere aber nicht, sagt Heumann. Denn auch im Buchregal gibt es immer mehr Lokalkolorit – sprich heimische Autoren und Schauplätze, die gefragt sind.
Im aktuellen Lockdown holen sich übrigens auffällig viele ihre Buchbestellungen persönlich in der Filiale ab, beobachtet die Thalia-Chefin. „Die Zahl der abgeholten Bücher hat sich gegenüber dem Lockdown vor einem Jahr verfünffacht.“ Alle ihrer 37 Filialen bieten Click&Collect an, an sechs Standorten kann man sich seine Bestellungen sogar rund um die Uhr abholen – bei so genannten Abholstationen.
Branchenumsatz sinkt
Was wegfällt, sind die Spontankäufe, die man beim Schmökern in der Filiale macht – nicht nur bei Thalia. Die Branche rechnet heuer bereits mit Umsatzrückgängen von vier Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Natürlich werden auch wir einen Rückgang haben“, sagt Heumann. Daran kann auch der verkaufsoffene 19. Dezember – trotz erwarteten Kundenansturms – nichts ändern.
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