Brauerei-Obmann Sigi Menz: „Minus 40 Prozent allein im Dezember“
Man kann nicht gerade behaupten, dass Österreich „unterhopft“ ist.
Laut Statistik trinkt jeder Einwohner um die 220 Krügerl Bier im Jahr, noch mehr schaffen europaweit nur die Tschechen. Zwischen Bodensee und Neusiedler See gibt es mehr als 300 Braustätten, womit die Dichte umgerechnet auf die Einwohnerzahl so hoch ist wie in kaum einem anderen Land.
Doch die Nerven der Brauer sind angespannt wie selten zuvor. Dass von Jahr zu Jahr weniger Bier getrunken wird, sind sie schon gewöhnt. Ein Einbruch wie heuer war bis vor Kurzem aber unverstellbar. „Wir rechnen heuer im Dezember mit 40 Prozent weniger Umsatz“, sagt Sigi Menz, Obmann des Verbands der Brauereien Österreichs. Grund dafür sind die ausbleibenden Touristen sowie die abgesagten Weihnachtsfeiern und sonstigen Veranstaltungen, die den Bierabsatz Ende des Jahres normalerweise verlässlich in die Höhe treiben. Und das, nachdem schon die halbe Sommersaison coronabedingt ins Wasser gefallen ist.
Menz fordert nun einmal mehr zusätzliche Hilfen vom Staat – schließlich sei seine Branche als Lieferant direkt von Gastronomieschließungen betroffen. Geht es nach seinen Vorstellungen, sollte die Biersteuer zumindest bis Mitte nächsten Jahres, besser noch bis Ende 2021, ausgesetzt werden. Zur Orientierung: Diese liegt bei 24 Euro pro 100 Liter und ist damit mehr als doppelt so hoch wie in Deutschland. Auch hier sollte der Staat sich an der Konkurrenzsituation in den Nachbarländern orientieren, findet Menz schon seit Jahren. Ob die Rufe der Branche diesmal erhört werden, bleibt abzuwarten.
Craft Beer bleibt Nische
Kritiker argumentieren, dass von einem Steuererlass einmal mehr internationale Konzerne profitieren würden. Schließlich ist der Heineken-Konzern, Mutter der Bauunion (unter anderem Gösser, Zipfer, Puntigamer, Schwechater) Marktführer in Österreich. Branchenkenner schätzen, dass der Konzern einen Marktanteil jenseits der 50-Prozent-Marke hält. Daran ändert auch der Boom an Craft-Beer, also handwerklich in kleinen Mengen hergestellten Bieren, wenig. Sie haben nur geschätzte zwei Prozent Marktanteil.
Selbst wenn mehr als die Hälfte des Bierumsatzes aus der Gastronomie kommt, heißt ein Gastro-Lockdown noch lange nicht, dass alle Brauereien darunter leiden. Im Gegenteil. Viele haben sich auf die Belieferung der Supermärkte und Diskonter spezialisiert – und dort floriert das Geschäft mit dem Gerstensaft in Zeiten des Lockdowns.
Im Vorjahr kamen Österreichs Brauereien mit einer Jahresproduktion von 9,5 Millionen Hektolitern auf einen Branchenumsatz von 1,4 Milliarden Euro. Die Branche beschäftigt landesweit 3.700 Mitarbeiter und exportiert traditionell mehr als sie importiert – vor allem in die Nachbarländer Italien, Slowenien, Ungarn und Deutschland.
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