Biomasse sorgt meist für Wärme
18,8 Prozent beträgt der Anteil der biogenen Energien derzeit am Energiemix, mehr als Wasser-, Wind- und Solarkraft zusammen. 84 Prozent der Bioenergie werden in Form von Wärme konsumiert, 9 Prozent in Form von Treibstoffen und 7 Prozent als Strom. Das zeigt, dass man Biomasse vielfältig nutzen kann. Der geringe Anteil an der Stromproduktion ist vielleicht aber ein Grund dafür, dass andere Energiequellen öfter im Vordergrund stehen.
Das Wort "Masse" schildert sehr schön, dass es sich bei Biomasse um ganz unterschiedliche Dinge handeln kann. Zu etwa 80 Prozent ist es Holz. Es können aber auch Reste von der Nahrungsmittelherstellung wie Getreidestroh, Lauge aus der Zellstoffindustrie oder Klärschlamm sein. Neben der Forstwirtschaft kommt Biomasse hauptsächlich aus der Landwirtschaft und der Abfallwirtschaft. Seit 1990 ist der Einsatz der Biomasse um mehr als das 2,5-fache gestiegen. Die Natur leidet darunter nicht. Österreichs Waldbestand wächst und nimmt derzeit fast die Hälfte der Landesfläche ein.
Wald und Holzwirtschaft fördern auch Biomasse
"Es ist ein riesiges Glück, dass wir so eine hohe Waldausstattung haben", sagt Christoph Pfemeter, Geschäftsführer des Österreichischen Biomasse-Verbandes. Ebenso wichtig sei, dass das Land eine ebenso lebendige Holzindustrie besitze. Zur Biomasse werden nämlich hauptsächlich Holzabfälle. "Biomasse ist fast immer ein Nebenprodukt, ganz selten ein Hauptprodukt. Nichts wird weggeschmissen, alles wird verwertet." Aus Resten von Bäumen, aus denen keine Balken und Bretter werden, werden etwa Hackschnitzel, aus Sägespänen Pellets.
Die Tradition der Holzverwertung hat auch dazu geführt, dass heimische Unternehmen Technologie- und Weltmarktführer sind, etwa bei Stückholz-, Hackgut- oder Pelletskesseln. "Wir haben da Exportquoten von 80 bis 90 Prozent", sagt Pfemeter. Dass sich dieser Wirtschaftszweig so positiv entwickelt habe, liege auch daran, dass Österreich aus Kohle ausgestiegen und nicht in die Atomkraft eingestiegen sei. Im ganzen Land seien Biomasseheizwerke entstanden. Die dezentrale Versorgungsstruktur habe dazu geführt, dass viele Ortschaften kleine Nahwärmenetze erhielten.
Steuerung je nach Bedarf ist großer Vorteil
Durch so genannte Kraft-Wärme-Kopplungen (KWK) können kleine Biomassekraftwerke sowohl Wärme als auch Strom erzeugen. Lokale Stromproduktion entlastet die Netze. Im Gegensatz zu volatilen erneuerbaren Energien können Biomassekraftwerke bei Bedarf auch ein- oder ausgeschaltet werden. Die Stromerzeugung kann wie bei Gaskraftwerken exakt gesteuert werden. "Wenn man es gescheit angeht, könnte man durch Biomasse gemeinsam mit anderen erneuerbaren Energien einen Totalausstieg aus fossilen Energien schaffen", ist Pfemeter überzeugt.
Klimawandel bedroht die Balance
Alles eitel Wonne ist bei Biomasse aber nicht. Der Klimawandel belastet heimische Wälder zunehmend. Die Vermehrung von Borkenkäfern, der erhöhte Hitzestress von Bäumen und erhöhte Waldbrandgefahr sind die größten Bedrohungen. Durch Waldschäden steigt der Anteil an niederwertigem Holz. Dadurch wird der Anteil an "Energieholz" höher, es steht also mehr Rohstoff für Biomassewerke zur Verfügung. "Aber wenn ein Waldbesitzer nicht mehr so viel hochqualitatives Holz produzieren kann, hoffentlich produziert er dann überhaupt noch", sagt Pfemeter.
An der Forstwirtschaft hänge die Holzindustrie, an der wiederum die Biomasse. Eine florierende Holzwirtschaft sei wichtig, um Wälder weiterhin gut zu pflegen. Das reduziere wiederum das Risiko für Schäden durch Borkenkäfer, Windwurf, Schnee oder Waldbrände. Die Waldbewirtschaftung sei personalintensiv, dadurch bleibe aber auch ein großer Teil der Wertschöpfung im Land. In diesem System sei alles miteinander verbunden. Es sei wichtig, die Balance zu wahren. Sorgen machen müsse man sich aber nicht. Der Markt sei über Jahrhunderte gewachsen und besitze Flexibilitäten.
Branche hat große Zukunftschancen
Die Dekarbonisierung von Industrie und Mobilität bietet neue Chancen. Baumaschinen und Traktoren, die derzeit noch überwiegend mit fossilen Treibstoffen arbeiten, könnten in Zukunft relativ einfach auf Biotreibstoffe wechseln, statt Erdgas könnte man mehr Biomethan verwenden. Bio-basierte Kunststoffe sind im Kommen. "Aus Biomasse können sie prinzipiell alles erzeugen, was sie auch aus Öl oder Gas erzeugen könnten", sagt Pfemeter.
Auch im privaten Bereich hat Biomasse eine zunehmende Bedeutung. Beim Kesseltausch und dem Ersatz von Öl- oder Gasheizungen zählen Hackgut- oder Pelletsheizungen neben Wärmepumpen zu den beliebtesten Optionen. In Großstädten wie Wien hat Biomasse derzeit noch eine untergeordnete Rolle. Langfristig werde es hier kaum Änderungen geben, sagt Pfemeter. "Biomasse ist nicht die Lösung für alles." Es gebe ja auch andere nachhaltige Ansätze zur Wärmeversorgung, etwa Geothermie. "Unsere große Stärke sind kleine Städte, aber als Ergänzung ist Biomasse auch in großen Netzen interessant."
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