"Billiges Geld war wie Droge": Mehr Pleiten in der Baubranche erwartet

"Billiges Geld war wie Droge": Mehr Pleiten in der Baubranche erwartet
Die Insolvenzen in der Immobranche werden steigen, ist Gerhard Weinhofer, Geschäftsführer des Gläubigerschutzverbandes Creditreform Österreich, überzeugt.

Steigende Zinsen, niedrigere Immobilienpreise und höhere Baukosten: Baufirmen und Projektentwickler aus der Immobilienbranche haben schon bessere Zeiten erlebt. 

Gerhard Weinhofer, Geschäftsführer des Gläubigerschutzverbandes Creditreform Österreich, ortet im Markt einen "toxischen Mix", der demnächst zu weiteren Verwerfungen und Pleiten führen dürfte. "Im Immobilienbereich werden die Insolvenzen sicher steigen", sagte er im Gespräch mit der APA.

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Für die Schwierigkeiten in der Branche ist nach der Einschätzung Weinhofers jedoch nicht nur das wirtschaftliche Umfeld verantwortlich. Die jahrelange Nullzinspolitik habe eine günstige Finanzierung von Immobilienprojekten ermöglicht sowie einen Boom am Markt und damit einhergehend hohe Gewinne ausgelöst. 

"Zwei Jahrzehnte billigen Geldes waren wie eine Droge" 

Es stelle sich daher die Frage, ob die Unternehmen aus ihren Gewinnen genügend Rücklagen für die Wende gebildet haben. "Die zwei Jahrzehnte billigen Geldes waren wie eine Droge. Und von einer Droge kommt man auch nicht von heute auf morgen runter", hielt Weinhofer fest.

Zeit des Aufschwungs ist vorüber

Der langjährige Aufschwung im Sektor ist jedenfalls vorbei - die von der Europäischen Zentralbank (EZB) eingeläutete Zinswende hat die Kredite verteuert und damit die Projektfinanzierung spürbar erschwert. Außerdem geraten dadurch die Konsumentinnen und Konsumenten zunehmend unter Druck. 

Viele können sich kein Eigenheim mehr leisten, was in der Folge zu Schwierigkeiten für die Unternehmen im Bausektor führt, die vermehrt auf ihren Objekten sitzen bleiben oder zu niedrigen Preisen verkaufen müssen. 

Dämpfend wirken für die Unternehmen auch die Mieten. Diese seien zwar gestiegen, in Relation zum Zinsniveau aber nur geringfügig, erklärte der Gläubigerschützer.

Mietpreise dürften weiter befeuert werden

Ein Effekt dieser Entwicklungen: Das Gros der Konsumenten wird in den Mietenmarkt gedrängt, was die Mietpreise, vor allem bei frei finanzierten, also nicht geförderten Wohnungen weiter befeuern dürfte. Denn die Nachfrage nach Wohnungen steigt, das Angebot aber bleibt mehr oder weniger gleich. 

Eine akute Wohnungsnot erwartet Weinhofer deswegen zwar nicht. Die Situation werde sich allerdings zuspitzen. "Ich glaube wir sind auf dem Weg zu einem noch volatileren Wohnungsmarkt, weil eben weniger neu gebaut wird, wir aber eine wachsende Bevölkerung vor allem in Ostösterreich haben."

Wohnungen klimafit machen

Auch das Vorhaben, Wohnungen klimagerecht zu sanieren, sei im Lichte aktueller Entwicklungen schwer realisierbar, etwa bei älteren Bauten in Wien. Es fehle in einer Phase wachsender Kosten an Geld und am verfügbaren Personal. "Wie soll das gehen, hunderttausende solche Wohneinheiten in relativer kurzer Zeit klimafit zu machen?", fragte Weinhofer. 

"Und da rede ich noch gar nicht davon, dass irgendwann einmal der Krieg in der Ukraine aus sein wird und sich die europäische Bauwirtschaft auf die Ukraine stürzen wird", ergänzte er.

Folgt man einer aktuellen Analyse des Kreditversicherers Acredia, manifestieren sich die Turbulenzen am Immobiliensektor bereits in der Zahl der Pleiten. Von Jänner bis September 2023 meldeten 667 heimische Bauunternehmen Insolvenz an, das sind um 16 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

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