Warum die Baubranche gehörig ins Schwitzen kommt

In der Branche, in der zur Coronapandemie eine regelrechte Goldgräberstimmung herrschte, sieht es aktuell zappenduster aus. "Die Ergebnisse unserer diesjährigen Wohnbauförderungsstatistik sind in mehrfacher Hinsicht besorgniserregend und alarmierend“, so Robert Schmid, Obmann des Fachverbands der Stein- und keramischen Industrie.
➤ Der KURIER berichtete: Land steigt in Wohnbau ein und will „leistbares Eigentum“
Lagen die Höchstwerte für baubewilligte Wohneinheiten vor wenigen Jahren (2019) noch bei über 85.000, so waren es 2022 nur mehr 63.000. Die Förderausgaben lagen 2022 mit 1,9 Mrd. auf dem tiefsten Wert seit 30 Jahren.
Was Sie im Artikel lesen:
- Wie das Burgenland im österreichweiten Vergleich abschneidet
- Wie sich die Versorgungskette bei Baumaterialien entwickelt hat
- Was heimische Unternehmen zur aktuellen Lage sagen
- Wann sie Besserung erwarten
In der Wohnbauförderungsstatistik 2022, die alljährlich mit dem Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen (IIBW) herausgegeben wird, ist von einer "Abwärtsspirale" die Rede. "Die verschärften Kreditvergaberichtlinien, das gestiegene Zinsniveau und die hohe Inflation sorgten dafür, dass der Neubau praktisch zum Erliegen gekommen ist", heißt es von Schmid.
Förderungszusicherung mehr als halbiert
Im vergangenen Jahr gab es im Burgenland 130 Förderungszusicherungen für Eigenheime, sowie 300 für Geschosswohnungen. Die Zahl hat sich im Vergleich zu 2021 um ein Viertel reduziert.
Im Zehnjahresschnitt sogar um 55 Prozent verringert. In absoluten Zahlen ist es österreichweit die größte Reduktion. Auf 1.000 Einwohner kommen 1,4 Förderzusagen.
- Baubewilligungszahlen brechen weiter ein: Die Zahl der Baubewilligungen ging auf 63.000 zurück und der Boden ist weiter nicht in Sicht. Für 2023 werden nur noch 51.000 baubewilligte Einheiten prognostiziert. Das sind 40% unter dem Zehnjahresdurchschnitt. Das ungünstige Umfeld lässt befürchten, dass viele baubewilligte Projekte nicht zur Umsetzung gelangen.
- Wohnbaurate im Bevölkerungsschnitt und Bundesländervergleich: 2022 lag die Wohnbaurate (Wohnungsbewilligungen pro 1.000 Einwohner) bei 5,2. Im Jahr davor lag sie noch bei 6,3. Nach IIBW Schätzungen wird sie 2023 nur mehr bei 3,9 liegen. Unter den österreichischen Bundesländern gab es im vergangenen Jahr nur in Wien überdurchschnittliche Neubauvolumina (6,8). In Salzburg (4,0) und in Oberösterreich (4,4) lagen sie unter dem Schnitt.
- Einbruch der Förderungszusicherungen verfestigt sich: Der Einbruch der Förderzusicherungen 2021 hat sich 2022 verfestigt. Im letzten Jahr wurden 18.500 Wohneinheiten gefördert (davon 14.700 großvolumig und 3.800 Eigenheime). Dies sind minus 30% gegenüber dem zehnjährigen Durchschnitt.
- Förderungsdurchsatz stagniert auf tiefem Niveau: Entsprechend stagniert der Förderungsdurchsatz. Bei Eigenheimen liegt er nur noch in Tirol und Oberösterreich bei über 30%. Im Burgenland, Kärnten und Salzburg liegt er bei unter 12%, in der Steiermark und in Wien im einstelligen Bereich. Im großvolumigen Bereich verzeichnen Niederösterreich, die Steiermark und Oberösterreich vergleichsweise geringe Rückgänge zum langjährigen Durchschnitt. Die größten Rückgänge gab es im langjährigen Vergleich in Wien, Kärnten und dem Burgenland.
- Bewegung bei der Sanierungsförderung: Die Ausgaben der Sanierungsförderung aus den Wohnbauförderungsmitteln stiegen im vergangenen Jahr um 4% auf 530 Millionen Euro. Es gab länderweise starke Unterschiede. Besonders groß waren die Zuwächse im Vorjahresvergleich in Salzburg, Tirol und Kärnten. Rückläufig war die Entwicklung in Wien, der Steiermark und in Oberösterreich.
Doch nicht nur bei den Wohnbauförderungen geht die Zahl zurück, sondern auch bei den Häuslebauern selbst. Und das spüren vor allem die Baufirmen.
"Der Häuserbauer ist tot"
Für Thomas Niederer, Geschäftsführer eines Baumarktes und einer Baufirma in Jennersdorf und St. Martin/Raab, ist die Lage aktuell dramatisch: "Es ist das größte Loch seit den 50er Jahren." Große Firmen würden aktuell in den Markt drängen, weil selbst deren Auftragsbücher leer seien. "Damit können wir nicht mithalten. Wir hoffe auf Aufträge von der OSG, die schauen noch auf regionale Firmen, sonst wird es schwer", erklärt er.
Der Geschäftsführer hat jedoch Verständnis für zweifelnde Kunden: "Es wurde alles teurer, manch Wohnung in Jennersdorf kostet schon bis zu 1.000 Euro im Monat. Die Leute können sich ja auch gar nichts mehr wegsparen." Von Seiten der Politik habe man auf ein Konjunkturpaket gehofft und eine Wiedereinführung des Handwerkerbonus. "Das war echt ein super Projekt", so Niederer.
Es werde dauern, bis die Lohnerhöhungen wieder in die Wirtschaft fließen. Während der Pandemie habe man nicht schlecht verdient, aber "reich sind wir nicht geworden. Wir hatten ja auch Investitionen", so Niederer.
Andere Unternehmen, andere Lagen
Auch die Konkurrenz sieht schwierige Zeiten und sieht zwei Problemfelder. „Natürlich spürt man die Teuerungen, am meisten spüren die Menschen aber die höheren Zinsen“, heißt es von Kurt Medlitsch von MK-Massivhaus.
„Ich glaube, es wird erst wieder 2025 besser, aber aktuell gibt es noch Anfragen“, erklärt Thomas Lagler, Bauberater bei ELK-Haus. OK-Haus-Geschäftsführer Michael Oberfeichtner bleibt sogar relativ entspannt: „Die Lage ist nicht so schlecht, wie sie schwarz gemalt wird. Wir sind aber auch im hochqualitativen Bereich unterwegs, vielleicht deshalb.“ Ein Vorteil des Burgenlandes seien die „leistbaren“ Grundstücke.

Bei den Handwerksberufen werden die Teuerungen noch ankommen, ist sich Thomas Niederer sicher.
Für Robert Schmid, Obmann des Fachverbands der Stein- und keramischen Industrie, gibt es zwei Lösungswege: "Erstens eine praxisnähere Ausgestaltung der Vergaberichtlinien bei Wohnbaukrediten. Der 40%-Deckel auf das verfügbare Haushaltseinkommen ist sehr realitätsfremd und trifft gerade junge Familien.
Hier braucht es eine An- bzw. Aufhebung. Zweitens braucht es unmittelbar wirksame Anreize, um den Wohnraumbedarf abzudecken. Etwa eine Refundierung der Mehrwertsteuer auf Neubau und Sanierung durch Vorsteuerabzug oder nicht rückzahlbare Zuschüsse."
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