Biden steigt bei Flüssiggas-Exporten auf die Bremse

Die USA sind der größte Flüssiggas-Exporteur der Welt. Das Geschäft boomt, nicht zuletzt seitdem Europa russisches Erdgas mit Transporten auf dem Seeweg ersetzen muss. Dementsprechend schienen sich Investitionen in den Sektor zu rentieren, in den USA sind mehrere neue Flüssiggas-Terminals in Bau. Jetzt aber steigt Präsident Joe Biden auf die Bremse.
Der US-Präsident begründet das mit der "existenziellen Bedrohung" durch den Klimawandel. Konkret werden zwei Maßnahmen gesetzt: Der Bau mehrererer Exportterminals wird gestoppt. Die USA haben bisher sieben solcher Anlagen, weitere sind in Planung oder Bau. Bei vier davon heißt es Medienberichten zufolge nun "bitte warten". Zweitens werden auch für laufende Projekte vorläufig keine neuen Exportlizenzen erteilt. "Wir müssen die Exportanträge im Lichte der neuesten Analysen in Bezug auf Wirtschaft, Umwelt und nationale Sicherheit prüfen", sagte US-Energieministerin Jennifer Granholm.
Erdgas besteht hauptsächlich aus Methan (CH4). Dieses ist als Treibhausgas bis zu 80-Mal so schädlich wie . Allerdings ist es innerhalb von etwa 12 Jahren abgebaut, weswegen eine Reduktion des Ausstoßes relativ schnell Effekte zeigen würde
580 Millionen Tonnen des geruchlosen Gases gelangen jedes Jahr in die Atmosphäre, etwa 60 Prozent davon sind menschengemacht. Der zweitgrößte Anteil entfällt nach der Landwirtschaft auf den Energiesektor. Je etwa 40 Millionen Tonnen entfallen auf Kohle, Öl und Erdgas
Flüssiggas (Liquefied Natural Gas, kurz LNG) entsteht, in dem Erdgas auf Minus 163 Grad gekühlt wird. Dabei wird es flüssig, schrumpft auf ein Sechshundertstel seines Volumens und kann verschifft werden
Gas verbrennt sauberer als Kohle oder erdölbasierte Treibstoffe, weswegen es vielen als das geringere Übel unter den fossilen Energieträgern gilt. In den vergangenen Jahren kam der Energieträger aber vermehrt in die Kritik, weil bei Förderung und Transport deutlich mehr davon unverbrannt entweicht, als lange angenommen wurde. Und unverbrannt ist Methan ein deutlich stärker wirkendes Treibhausgas als CO2 (siehe Infobox).
Die Öl- und Gasförderindustrie ist durch den Anstieg der weltweiten Energiepreise seit dem Frühling 2021 im Aufwind. Insbesondere dass die EU-Staaten alternative Gas-Lieferanten gesucht haben, um russisches Erdgas zu ersetzen, hat die Nachfrage von Flüssiggas (Liquefied Natural Gas, kurz LNG) angekurbelt. Neben neuen Förderprojekten wird deswegen auch die Export-Infrastruktur stark ausgebaut.
Biden steht politisch unter Druck
Für US-Präsident Joe Biden kommt das in einem Wahljahr politisch ungelegen, denn beim Thema Klimaschutz sind Bidens Demokraten und die Republikaner gänzlich unterschiedlicher Ansichten. Der regierende US-Präsident möchte also mutmaßlich den Eindruck vermeiden, dass er seine politische Richtung nicht durchsetzen kann.

US-Präsident Biden stellt sich heuer der Wiederwahl
Während Umweltschutzorganisationen in den USA und Europa das Moratorium begrüßen, ist die Gas-Industrie erwartungsgemäß weniger erfreut. So warnt etwa Timm Kehler, Chef des deutschen Branchenverbandes Zukunft Gas, dass es durch Verzögerungen im Ausbau zu Knappheit und steigenden Preisen kommen könnte.
Zwar sind die laufenden Exporte und Exportterminals davon nicht betroffen, bisher wurde aber davon ausgegangen, dass die LNG-Kapazitäten in den kommenden Jahren stark ausgebaut werden. Das geschieht zwar auch in anderen Ländern, wenn die USA die Stopptaste drücken, werden die verfügbaren Mengen aber deutlich geringer sein. Die Gaspreise sind in Europa derzeit auf dem niedrigsten Stand seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Das erklärt sich einerseits dadurch, dass es den EU-Staaten vergleichsweise 2023 deutlich besser gelungen ist, russisches Erdgas zu ersetzen. Die Energiepreise werden aber auch von den gedämpften Konjunkturaussichten gedrückt. Die Internationale Energieagentur geht in einem aktuellen Report davon aus, dass die weltweite Nachfrage heuer um 2,5 Prozent ansteigt.
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