Bauskandal: Land Steiermark soll bei 32 Projekten geschädigt worden sein

Der Straßenbau ist ein komplexes Geschäft (Symbolbild)
Baufirmen, die von Ausschreibungen zugunsten der Mitbewerber Abstand nahmen, sollen "Abschlagszahlungen" kassiert haben.

Die Affäre um mutmaßlich illegale Preisabsprachen in der heimischen Tief- und Straßenbaubranche zieht weite Kreise. Neben dem Verdacht der verbotenen Preisabsprachen wird mittlerweile auch wegen des Verdachts des schweren Betrugs ermittelt. Wie berichtet, untersucht die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) rund 140 Tiefbauprojekte und Straßensanierungen aus den Jahren 2006 bis 2015.

Bei etwa 120 Bauprojekten sollen die Konzerne Strabag und Porr (samt der Tochter Teerag-Asdag) – neben anderen Firmen – tätig gewesen sein; in rund 90 Fällen die Baufirma Swietelsky und in 54 Fällen die Habau und ihre Tochter Held & Francke. Unklar ist nach wie vor, ob diese Bauvorhaben auch umgesetzt wurden. Zum Teil haben die genannten Firmen die Ausscheibungen nicht gewonnen bzw. waren nur Teil einer Arbeitsgemeinschaft. Dem Vernehmen nach werden die Vorwürfe bestritten.

Der Hintergrund

Grundlage für diese groß angelegten Ermittlungen sind die "Aufzeichnungen" eines Prokuristen der Kärntner Baufirma Kostmann, die in einem roten Ordner gesammelt wurden. Dieser Ordner war vor einem Jahr von der Steuerfahndung Klagenfurt sichergestellt worden. Der Prokurist hatte auf 54 Registerblättern Bauprojekte und Namen der beteiligten Baufirmen akribisch aufgelistet.

Die Registerkarte 53 ist besonders spannend. Sie ist mit "OMV" beschriftet und umfasst 73 Bauvorhaben, die für den Ölkonzern und andere Gasleitungsfirmen ausgeführt wurden bzw. werden sollten.

Dubiose Abschlagszahlungen

Vor allem die handschriftliche Anmerkungen zu den einzelnen Aufträgen haben das Interesse der Ermittler geweckt. So soll die Notiz "gibt nicht ab" bedeuten, dass die genannte Baufirma kein Angebot legte. Der Vermerk "1.0P" soll ein Prozent der Auftragssumme bedeuten.

Oder anders gesagt: Jene Firma, die kein Angebot legte, soll dafür ein Prozent der Auftragssumme als "Entschädigung" erhalten haben. Die Kriminalisten hegen daher auch den Verdacht, "dass die Mittel für diese Abschlagzahlungen aus überhöhten Angeboten bzw. Abrechnungen herrühren".

Bei rund 32 Bauprojekten (Straßen- und Tunnelsanierungen, Kanalreparaturen, Umfahrungen) war das Land Steiermark der Auftraggeber. Auch hier besteht Betrugsverdacht.

"Aufgrund des Inhalts der Aufzeichnungen besteht der Verdacht, dass es in Zusammenhang mit (…) Bauvorhaben neben wettbewerbsbeschränkenden auch zu betrügerischen Handlungen durch noch auszuforschende Mitarbeiter oder Entscheidungsträger der bezeichneten Unternehmen gekommen sei", heißt es in den Akten. "Es besteht auch der Verdacht, dass Aufschläge berechnet und unter den Bietern aufgeteilt wurden, wobei ein Schaden in derzeit unbekannter Höhe eingetreten ist." Die Geschädigten stehen noch nicht zweifelsfrei fest. Es sei aber davon auszugehen, "dass das Land Steiermark geschädigt wurde".

Gewehr bei Fuß

"Verkehrslandesrat Anton Lang ist sofort aktiv geworden und hat die zuständige Landesabteilung ersucht, Kontakt mit dem Verfassungsdienst aufzunehmen", sagt sein Sprecher Rene Kronsteiner zum KURIER. " Mit diesem wurde folgende Vorgangsweise festgelegt: Wenn die Korruptionsstaatsanwaltschaft strafrechtlich gegen einige Firmen vorgeht und wir tatsächlich mit Projekten betroffen sind, werden wir uns in Absprache mit dem Verfassungsdienst als Privatbeteiligte, sprich als Geschädigte, dem Strafverfahren anschließen." Bisher habe die Staatsanwaltschaft das Land Steiermark aber noch nicht kontaktiert.

"Interne Revision" an der Arbeit

Indes betonen die Baufirmen, dass sie mit den Behörden bei der Aufklärung eng kooperieren und unterlagen zur Verfügung stellen. Das hat auch die Firma Kostmann in einer früheren Stellungnahme betont.

Die Betrugsvorwürfe werden zurückgewiesen. "Wir können nichts kommentieren, bis unsere Interne Revision Gelegenheit hatte, die betreffenden Projekte zu prüfen", sagt Strabag-Sprecherin Diana Klein zum KURIER.

Und von der Porr heißt es: "Für uns ist nicht nachvollziehbar, ob es tatsächlich zu rechtswidrigen Absprachen gekommen ist und ob Unternehmen und Mitarbeiter der Porr daran beteiligt waren. Wir haben die Interne Revision mit einer lückenlosen Überprüfung beauftragt."

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