Bank Austria: Kreditrisiken und DDR-Urteil belasten

Bank Austria verkürzt Öffnungszeiten in einigen Filialen.
Die Bank Austria verdiente im ersten Halbjahr 2013 zwölf Prozent weniger als vor einem Jahr. Vize-Chef Franco Papa im Interview.

Im Vergleich zu ihrer italienischen Mutter UniCredit hat sich die Bank Austria in den ersten sechs Monaten 2013 gut geschlagen: 566 Millionen Euro verdiente die österreichische Bank am Heimmarkt und in Osteuropa, um zwölf Prozent weniger als vor einem Jahr. Der UniCredit-Konzern aber musste einen Gewinnrückgang um ein Viertel auf 810 Millionen Euro hinnehmen.

Bank-Austria-Chef Willi Cernko sprach denn auch von „bemerkenswerten Fortschritten in einem schwierigen Umfeld“. Immerhin konnte die Bank Austria im ersten Halbjahr die Kredite um 2,5 Prozent und die Einlagen um 3,8 Prozent steigern. Die Wirtschaftsflaute und die extrem tiefen Zinsen im Euro-Raum haben dennoch ihre Spuren in der Bank-Austria-Bilanz hinterlassen.

Verlust in Ukraine

Die Vorsorgen für Kreditrisiken sind kräftig um 41 Prozent auf 688 Millionen Euro in die Höhe geschnellt. Besonders stark nahmen die Risiken in der Ukraine und in Kroatien zu. Die ukrainische Tochter schrieb erstmals sogar 65 Millionen Euro Verlust. Alle anderen Ost-Tochterbanken blieben in der Gewinnzone, wenn auch in Kroatien, Ungarn, Tschechien, der Slowakei und Slowenien deutliche Ertragsrückgänge verbucht wurden. Insgesamt aber stehen die Ost-Töchter für drei Viertel der Bank-Austria-Gewinne, ein Viertel kommt aus Österreich.

Gedrückt wurde der Gewinn der Bank Austria auch durch das so genannte DDR-Urteil. Nach einem fast zwei Jahrzehnte dauernden Prozess um einstige DDR-Millionen mit Deutschland muss die Bank Austria nun eine letzte Rückzahlung von 65 Millionen Euro leisten.

Cernko kritisierte abermals die hohen Belastungen durch die Bankensteuer und die Verteufelung der Finanzinstitute durch die Politik.

Der Jurist Gianni Franco Papa (57) arbeitet seit 1979 für UniCredit. Die Osteuropa-Division leitet der Mailänder seit 2010 – Vorgänger Federico Ghizzoni wurde damals als UniCredit-Konzernchef bestellt. Das Interview ist Teil eines Gesprächs, das vor zwei Wochen geführt wurde.

KURIER: Kasachstan, Baltikum: Ist die Bank Austria in Osteuropa auf Rückzugskurs?

Gianni Franco Papa: Wir ziehen uns aus Märkten zurück, wo wir keine Chance auf vernünftige Marktanteile sehen. Kasachstan ist beendet, unser Anteil im Baltikum war mit 1 bis 3 Prozent sehr klein. Dort sind die skandinavischen Banken sehr stark, expandieren wäre sehr teuer. Deshalb die Entscheidung, das Baltikum zu verlassen und nur noch Leasing anzubieten.

KURIER: In der Ukraine ist der Marktanteil 4 Prozent. Erste, Societe Generale, haben sich schon zurückgezogen. Was hält Sie dort?

Papa: Vier Prozent in der Ukraine sind viel, wenn man die staatlichen Banken ausklammert. Die Ukraine war durch die Krise neben dem Baltikum am schwersten betroffen, das BIP ist um 22 Prozent gesunken. Probleme gibt es noch, vor allem, weil die Gesetzeslage es nicht erlaubt, Kredite an private Haushalte zu restrukturieren. Wir arbeiten aber gut im Markt, ein Verkauf der Ukrsotsbank wird nicht diskutiert , stattdessen kommt die Zusammenführung mit der UniCredit Bank Ukraine gut voran.

KURIER: Der neue Schwerpunkt liegt auf Russland, Türkei, Tschechien. Warum?

Papa: Wir sehen diese Länder als sehr dynamisch: In der Türkei leben 75 Mio. Menschen, der Altersschnitt ist 29 Jahre. Es fließen große Investitionen ins Land und es gibt noch weiße Flecken für Banken. Das eröffnet Möglichkeiten – wir haben 8 Millionen Kunden und sind sehr glücklich mit Yapi Kredi, unserem Joint-venture mit der Koc-Familie.

KURIER: Sie halten durchgerechnet 41 Prozent an Yapi. Wollen Sie aufstocken?

Papa: Nein, wir expandieren organisch. Derzeit eröffnen wir 50 bis 60 Filialen pro Jahr.

KURIER: In Russland hat die Bank Austria nur zwei Prozent. Wie wollen Sie expandieren?

Papa: Mit zwei Prozent Marktanteil sind wir trotzdem die achtgrößte Bank. Wir haben 1,3 Millionen Kunden, 107 Filialen und sehen gute Chancen für Wachstum. Es wäre aber unsinnig, die großen Staatsbanken wie Sberbank, VTB, Gazprombank zu bekämpfen. Wir besetzen eine interessante Nische. Wir waren bereits vorher sehr aktiv bei Krediten für Autokäufer und –händler, jetzt haben wir mit Nissan-Renault als Joint-venture eine eigene Bank gegründet. Wir dürfen diesen Kunden unsere Produkte verkaufen, haben ein eigenes Leasing-Geschäft. Dank der Beteiligung am Lada-Hersteller Avtovaz ist Renault-Nissan der größte Spieler im russischen Markt. Studien erwarten, dass Russland der größte europäische Automarkt wird. In Russland werden wir nicht mehr viele Filialen eröffnen. Wir wollen wachsen, aber sehr vorsichtig. 20 bis 25 der russischen Top-Firmen sind schon unsere Kunden, werden von uns im gesamten Unicredit-Netzwerk begleitet. Das sind Multis mit Dutzenden Milliarden Umsatz. Und wir begleiten Firmen aus Österreich, Deutschland, Italien auf den russischen Markt.

KURIER: Warum ist Tschechien ein Wachstumsmarkt?

Papa: Wir sind dort schon Nummer eins bei Geschäftskunden. Für Privatkunden haben wir ein Franchising-Modell. Dadurch sind wir in Städten und Regionen vertreten, wo normale Filialen zu teuer wären. Es ist ein sehr liquider Markt – die Zinsen sind niedriger als in der Eurozone. Durch die Fusion der tschechischen und slowakischen Bank sparen wir Kosten. Generell wollen wir die Finanzierung in den lokalen Währungen verbessern – das geht über Spareinlagen, oder indem man den jeweiligen Kapitalmarkt entwickelt. Ende Juni haben wir als erste Bank in Rumänien sehr erfolgreich fünfjährige Anleihen emittiert: Das waren nur 550 Mio. Leu (RON), ungefähr 125 Mio. Euro, die Nachfrage war fast doppelt so hoch.

KURIER: Österreich ist für ein Viertel der Bank-Austria-Gewinne verantwortlich, Osteuropa für drei Viertel. Wie wird sich das weiter entwickeln?

Papa: CEE leistet fraglos einen großen Ergebnisbeitrag. Aber das ist nur möglich, weil dahinter eine starke Gruppe steht. München, Mailand, Wien, Osteuropa - das lässt sich nicht gegeneinander ausspielen.

KURIER: Italien wird jetzt oft als schwaches Glied der UniCredit wahrgenommen.

Papa: Nein, das wäre zu einfach. Vor Jahren war Deutschland schwach. UniCredit hat stark in HVB investiert, das Land hat sich erholt und ist heute stark. Sicher, 2008 bis 2010 hat die Osteuropa-Division nicht so viel eingespielt wie heute. Das Schöne an UniCredit ist aber, dass wir als Gruppe breit aufgestellt sind. Wir können Schwächen der einen Region mit den Stärken der anderen austarieren.

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